17.06

Abgeordnete Ulrike Maria Böker (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Frau Ministerin! Herr Minister! Herr Vizekanzler! Wenn man in diesen eineinhalb Stunden jetzt insbesondere den Redebeiträgen der FPÖ zugehört hat: Es ist schon ein trauriges Schauspiel. Ich bin zwar erst seit nicht einmal einem Jahr hier im Nationalrat, aber schon lange in der Politik. Es ist wirklich fast unerträglich, wie respektlos und ohne Wertschätzung (Abg. Kickl: Da haben Sie den Vizekanzler noch nicht gehört!) bei inhaltlich unterschiedlichen Ansichten hier miteinander umgegangen wird. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Kickl: Hören Sie mal Ihrem Vizekanzler zu, wenn er in Fahrt ist!)

Ich habe viel mehr Angst davor, dass wir nicht renaturieren. (Abg. Belako­witsch: ... kann nur deswegen kommen, weil ...!) – Das sagt ein Biobauer aus meiner Gegend, aus dem Mühlviertel, den ich gut kenne, und er weiß wie viele andere Landwirte auch: Die wahre Gefahr für unsere Landwirtschaft liegt in den Folgen der Klima- und Biodiversitätskrise. Man braucht nur an die Katastro­phen der letzten Zeit zu denken.

Ich möchte aber gar nicht so sehr auf die Landwirtschaft eingehen, sondern es gibt auch andere Berufsgruppen, denen das Renaturierungsgesetz am Herzen liegt und die sich zu Wort melden. „Österreich ist fertig gebaut!“ – So lautet die Überschrift des Positionspapieres der Bundeskammer der ZiviltechnikerInnen. Jährlich werden 41 Quadratkilometer an Boden in Anspruch genommen, und ein erheblicher Teil davon wird auch versiegelt. (Abg. Hafenecker: Seien Sie froh, dass ...!) Das Bodenleben stirbt ab, die Ernährungs­souveränität geht dauerhaft verloren, abgesehen von den anderen lebenswichtigen Funktionen des Bodens.

„Österreich ist fertig gebaut“, sagt die Wissenschaft, sagen unverdächtige Zu­kunftsdenker:innen der Bauwirtschaft (Zwischenruf des Abg. Hörl), so auch in einem offenen Brief der IG Lebenszyklus Bau an die Landeshauptleute, in dem sie diese auffordert, dem Renaturierungsgesetz zuzustimmen. „Alles andere betrachten wir der jungen Generation gegenüber als grob fahrlässig“, so die IG Lebenszyklus Bau. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Steinacker: Zuerst die Rahmenbedingungen sauber verhandeln!)

Wir Grüne sehen das selbstverständlich auch so. Es ist ein Gebot der Stunde, dass bebaute Flächen sinnvoll genutzt werden. Wir müssen auf Umbau­en und Sanieren und nicht auf das Bauen auf der grünen Wiese setzen. Der Brachflächendialog des Klimaministeriums setzt da ganz, ganz wichtige Schritte. Gegenwind kommt aber von jenen Leuten, die sich seit Jahren gegen das verpflichtende Bodenschutzziel stellen und nicht mit der Wimper zucken, wenn der nächste Acker für den Supermarktparkplatz zubeto­niert wird, und das, obwohl wir bei der Pro-Kopf-Einkaufsfläche – beden­ken wir das! – fast Europameister sind.

Wörter wie Hausverstand oder auch Anreize, Motivation und Freiwilligkeit werden hier immer benutzt, wie gestern auch von Herrn Abgeordneten Strasser. – Ja, wichtig und gut, aber wo sind wir gelandet? (Zwischenruf des Abg. Zanger.) – Immer noch 12 Hektar täglicher Bodenverbrauch, 19 Hektar Wald in Ohlsdorf gerodet, das Retroverkehrsprojekt, an dem ich jeden Tag vor­beifahre – der Westring in Linz, der nun tatsächlich gebaut wird –, und einige andere Beispiele der Bodenvernichtung.

Wir können den Hausverstand, die Anreize, die Freiwilligkeit und dann auch den Dialog gut gebrauchen, aber er braucht Beistand durch Gesetze und ver­bindliche Ziele. Das 2,5-Hektar-Ziel bis 2030 haben wir uns gemeinsam gesetzt, um die Bodenschutzstrategie zu erarbeiten. Wir haben es bis jetzt nicht geschafft. Ziehen wir uns die Laufschuhe an! Es gibt viele Trainingspläne, die vorliegen, und halten wir uns an die uns selbst gesteckten Ziele, die verbindlich sind!

Es geht doch um nichts anderes als darum, die Bewohnbarkeit der Erde zu er­halten, und das haben wir den nächsten Generationen zu garantieren.

Zum Renaturierungsgesetz: Danke, Frau Ministerin! Du hast damit Mut und Weit­blick gezeigt (Rufe bei der ÖVP: Nein! – Abg. Michael Hammer: Einen Tunnel­blick, ja! Einen Tunnelblick!) und eine sehr weise Entscheidung getroffen. (Abg. Höfinger: Weise ist anders!) Sie gibt uns wirklich das Fundament dazu, dass wir und die nächsten Generationen uns daran halten.

Setzen wir uns zusammen, arbeiten wir gemeinsam an der Ausgestaltung dieses wichtigen Gesetzes, damit auch diejenigen, die nach uns kommen, auf diesem Planeten gut leben können. – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Steinacker: Erst muss man die Dinge ordentlich ausverhandeln!)

17.10

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Lukas Hammer. – Bitte. (Ruf bei der ÖVP: Die Grünen verschnalzen ihre Redezeit! Es wird nicht besser!)