9.53
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrtes Hohes Haus! Gestatten Sie auch mir, kurz Folgendes zu sagen: Ja, wir sind jetzt hier bei einer Aktuellen Stunde der NEOS zum Thema Budget, aber natürlich sind wir gedanklich bei vielen Menschen, die vor den Trümmern ihrer Existenz stehen, was uns natürlich tief betroffen macht. Wir haben später einen eigenen Tagesordnungspunkt dazu, bei dem wir hoffentlich rasche Hilfe beschließen – denn das braucht es jetzt ganz dringend – und auch all den Menschen in diesem Land, die jetzt helfen und so viel Solidarität zeigen, Danke sagen müssen. Wir haben dazu später noch einen Tagesordnungspunkt. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Das politische Geschäft muss weitergehen, denn es haben ja auch die Wähler und Wählerinnen zu erfahren, wie es um ihr Budget steht.
Vor wenigen Tagen hat die Oesterreichische Nationalbank eine aktuelle Wirtschaftsprognose erstellt. Die Ökonominnen und Ökonomen kommen dabei zum Ergebnis, dass die österreichische Wirtschaft heuer um 0,7 Prozent schrumpfen wird. Unser aktueller Budgetplan geht allerdings davon aus, dass wir ein Wirtschaftswachstum verzeichnen. Das bedeutet, wir haben einen Budgetplan, der von etwas ausgeht, das sich hinten und vorne schon lange nicht mehr ausgeht, und das bedeutet, dass wir einen Kassasturz brauchen.
Wir sagen das schon seit Monaten. Sie müssen den Wählern und Wählerinnen sagen, wie es um ihr Budget steht, denn es ist das Geld der Steuerzahler und Steuerzahlerinnen, mit dem Sie nicht haushalten konnten, und wir haben nun mittlerweile ein Budgetloch von 15,8 Milliarden Euro zu verzeichnen. (Zwischenruf des Abg. Hanger.) Die Wähler und Wählerinnen haben, wenn sie an der Wahlurne stehen, ein Recht zu wissen, was mit ihrem Geld tatsächlich passiert ist. (Beifall bei der SPÖ.)
Das ist auch nicht neu: Unsere Wirtschaft ist in den letzten Jahren schon geschrumpft. Unser Wirtschaftswachstum, von dem die ÖVP so gerne spricht, gibt es nicht. Das gibt es nicht! Gerechnet über die letzten fünf Jahre – fünf Jahre, in denen ÖVP und Grüne gemeinsam in der Bundesregierung waren – ist unser BIP pro Kopf um 1,3 Prozent gesunken. Das führt dazu, dass wir mittlerweile EU-weit auf dem letzten Platz sind, und das führt dazu, dass wir mittlerweile ärmer sind. Österreich ist jetzt ärmer als vor dieser schwarz-grünen Bundesregierung. (Abg. Kopf: ... Zuwanderung! ... Bevölkerungsentwicklung!)
Das gab es in der Zweiten Republik noch nie – noch nie! Das ist historisch, was Sie da zustande gebracht haben (Zwischenruf des Abg. Wöginger), das haben sich die Wähler und Wählerinnen nicht verdient. (Beifall bei der SPÖ.) Versprochen haben Sie uns das Beste aus beiden Welten, geblieben ist ein Budgetloch von 15,8 Milliarden Euro.
Weil hier vorhin von meinem Vorredner Gabriel Felbermayr vom Wifo zitiert worden ist: Er hat das ziemlich deutlich auf den Punkt gebracht. Er hat von fünf budgetpolitisch verlorenen Jahren gesprochen. Fünf verlorene Jahre haben Sie zu verzeichnen!
Ich will das noch einmal kurz auf den Punkt bringen und ein paar Zahlen nennen, denn Zahlen lügen bekanntlich nicht. Wirtschaftswachstum der letzten fünf Jahre: minus 1,3 Prozent, letzter Platz in der EU; Inflation in den letzten fünf Jahren: plus 22 Prozent; höchste Inflation und Teuerung in ganz Westeuropa. Das sind die zwei Zahlen, die natürlich auch zusammenhängen. Wozu führt das? – Zur dritten Zahl, zu steigender Arbeitslosigkeit.
Die Arbeitslosigkeit ist im Vergleich zum Vorjahr um 10 Prozent gestiegen. Wieso schütteln Sie (in Richtung Bundesminister Brunner) den Kopf? Die Arbeitslosigkeit ist um 10 Prozent gestiegen, oder ist sie das nicht? – (Bundesminister Brunner: Ja, aber Sie haben vorher ...!) – Sie ist um 10 Prozent gestiegen, und das muss uns natürlich Sorge bereiten.
Es passiert also jetzt genau dasselbe wie bei der Teuerung. (Zwischenruf des Abg. Hanger.) Wir haben davor gewarnt, dass die Inflation steigt, Sie haben gesagt: Nein, kein Problem, nichts zu sehen, wir machen weiter so! – Das hat dazu geführt, dass sich die Haushalte teilweise schwergetan haben, Lebensmittel einzukaufen, die Mieten zu zahlen, die Energierechnungen zu zahlen. Jetzt passiert genau dasselbe bei der Arbeitslosigkeit. Sie sagen: Nein, nein, kein Problem, nichts zu sehen! – Natürlich ist das ein Problem! Schauen wir es uns bei der Industrie an: Da ist die Arbeitslosigkeit um fast 20 Prozent gestiegen. Das ist viel zu viel! Die Jugendarbeitslosigkeit, beispielsweise bei den Lehrlingen, ist überdurchschnittlich hoch. Es ist ein großes Problem, das Sie zu verantworten haben, das wir lösen müssen und in der kommenden Bundesregierung auch lösen wollen. (Beifall bei der SPÖ.)
Somit komme ich auch schon zum Schluss, denn Ihr wirtschaftspolitisches Versagen spürt ohnehin jeder, der einmal Lebensmittel einkaufen geht oder eine Energierechnung nachzuzahlen hat, wie so viele. Wir wollen raus aus dieser Misere. Die ÖVP hat auch nicht bis in alle Ewigkeit ein Anrecht auf einen Finanzminister. Es geht anders.
Wir stehen vor einer großen Richtungsentscheidung. Es wird die kommende Bundesregierung entweder von ÖVP, FPÖ oder SPÖ geführt werden. Diesen Dreikampf wird die Bevölkerung entscheiden. Ich kann nur sagen, es muss endlich auch einen Beitrag von jenen geben, die besonders viel haben: Millionär:innen und Milliardär:innen. Wir sind die Einzigen, die nicht weiterhin die breite Masse der Bevölkerung für Ihr wirtschaftspolitisches Versagen zur Kasse bitten wollen. Es geht anders. Raus aus dieser wirtschaftspolitischen Misere! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)
9.58
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Linder. – Bitte.