12.08
Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Die Hochwasserkatastrophe der letzten Tage lässt uns, glaube ich, alle sehr betroffen zurück; und die Gedanken von uns allen sind nicht nur bei den fünf Menschen, die tragischerweise ihr Leben lassen mussten, bei deren Angehörigen, sondern auch bei all den jenen Menschen, die ihr Hab und Gut verloren haben.
Herr Bundeskanzler, Sie haben es angesprochen: Auch Unternehmen stehen vor dem kompletten Ende. Es sind Fotos von zwei fleischverarbeitenden Betrieben in Niederösterreich durch die sozialen Medien gegangen. Es ist unvorstellbar, was Menschen erleiden mussten, die ihre Häuser verloren haben, die alles verloren haben.
Ich möchte mich, genauso wie alle meine Vorredner, natürlich auch bei den Einsatzkräften und bei den unzähligen freiwilligen Helfern quer durch das Land bedanken, die über Tage und Nächte versucht haben, noch Schlimmeres zu verhindern, und die das auch in den nächsten Tagen noch weiter tun werden, weil das ja alles noch nicht vorbei ist. Die Aufräumarbeiten kommen ja erst.
Ich finde, dass die Debatte über diese Katastrophe jetzt besonders schwerfällt, weil wir ja wissen, dass die Gefahr noch gar nicht vorüber ist. Wir haben sie in weiten Teilen gebannt, aber noch nicht in allen, muss man ehrlich sagen. In Niederösterreich sind immer noch knapp 20 Gemeinden de facto von der Außenwelt abgeschnitten, haben keine Trinkwasserversorgung, keinen Strom – unvorstellbar, wie es dort vor Ort noch ist.
Was noch kommt und was den Menschen, die schon so viel verloren haben, noch bevorsteht, ist das Zurückkehren an die Orte dieser Katastrophe. Es gibt ja ganz viele Menschen, die noch gar nicht wissen, was denn bei ihnen zu Hause überhaupt passiert ist, ob ihre Häuser noch stehen, wie die Auswirkungen der Katastrophe vor Ort sind, wie stark die Regenmassen und der Schlamm dort waren, ob denn überhaupt das Hab und Gut noch da ist.
Wir warten immer noch ab, wie weit Hangrutschungen, die in Niederösterreich noch in weiten Teilen passieren, noch vorangehen. Das Ganze ist also noch lange nicht vorbei und dementsprechend finde ich es wichtig, dass wir hier heute intensiv darüber diskutieren und auch versuchen, uns so gut es geht gemeinschaftlich darauf zu einigen, was man machen kann.
Herr Bundeskanzler, Sie haben die Aufstockung des Katastrophenfonds angesprochen. Ich halte das für sehr richtig. Man muss irgendwie ehrlicherweise auch dazusagen: Dass da gerade nicht so viel drinnen ist, liegt auch daran, dass man über die letzten Jahre und Jahrzehnte sehr viele Hundert Millionen aus dem Katastrophenfonds herausgenommen und in das allgemeine Budget gegeben hat. Wenn sie noch drinnen wären, müssten wir ihn jetzt nicht aufstocken. Aber nichtsdestotrotz: Ja, es braucht rasche und unbürokratische Hilfe für all diejenigen, die ihre Häuser, ihr Mobiliar, ihre Unternehmen und dergleichen verloren haben, damit sie das nachher auch wieder aufbauen können.
Was mir wichtig ist – das fände ich in der Debatte jetzt relevant –, ist, dass wir grundsätzlich einmal anerkennen – es wäre wichtig, dass das alle hier in diesem Haus machen –, dass sich das Klima offenkundig verändert und dass verändertes Klima zu Naturkatastrophen in diesem Ausmaß führt. Was ich persönlich daraus ableite, ist, dass es vielleicht wichtig wäre, dass wir uns alle einmal ganz grundsätzlich darauf einigen können, dass wir der Wissenschaft vertrauen. Frau Kollegin Maurer und ich sind gerade beim Klimaschutz wahrscheinlich nicht immer einer Meinung, aber das Grundsätzliche, die grundsätzliche Einigung, dass wir auf das hören, was die Wissenschaft uns sagt, und versuchen, daraus Ableitungen zu machen und Maßnahmen zu setzen, wäre, glaube ich, sehr relevant.
Wir haben die letzten Jahre miterlebt: Die eine Seite spricht immer von Klimahysterie und Klimapropaganda und manch andere Seite glaubt dann, dass es ein probates Mittel ist, sich irgendwo anzukleben – das halte ich nicht für sinnvoll. Ich glaube, es wäre sinnvoll, wenn wir gemeinsam versuchen würden, uns klarzumachen, wie wir vorausschauend handeln können.
Wir haben die Beispiele schon gehört. Kollege Stocker hat gesagt, dass gerade die vorausschauenden Maßnahmen im Süden von Niederösterreich dabei geholfen haben, dass es dort zu keinen Überschwemmungen gekommen ist, wie es früher schon oft der Fall war. Wir wissen, dass auch in Wien vor vielen Jahren vorausschauend so gebaut wurde, dass es jetzt möglich war, dass Wien dieser Naturkatastrophe nicht auch zum Opfer gefallen ist.
Ich glaube – das halte ich für essenziell und das haben wir auch in der Coronapandemie schon gesehen –, dass die grundsätzliche Wissenschaftsfeindlichkeit, die leider in vielen Bereichen in diesem Land immer noch vorherrscht, ein massives Problem ist. Wenn wir uns an der Wissenschaft orientieren und daraus sicher auch unterschiedliche Maßnahmen ableiten, dann ist das, glaube ich, ein besserer Weg.
In diesem Sinne abschließend an die Kolleginnen und Kollegen aus Niederösterreich, insbesondere an jene von ÖVP und FPÖ: In Niederösterreich liegen 30 Millionen Euro in einem Coronafonds. Diese können im weitesten Sinne nicht abgeholt werden. Dass ich diesen Coronafonds und was man dort abzurufen versucht hat nicht für wissenschaftlich halte, ist jetzt meine Sache. Es gäbe aber eine Möglichkeit: Nehmen Sie die 30 Millionen Euro – das allein wird nicht reichen, aber es ist ein Schritt und es hilft den Menschen jetzt – aus diesem unsäglichen Coronafonds, helfen Sie den Menschen damit und helfen Sie auch, die Wissenschaftsfeindlichkeit in diesem Land vielleicht ein bisschen zu bekämpfen! (Abg. Meinl-Reisinger: Die Wirtshausprämie könnte man auch ...! Die braucht man auch nicht!) Das Geld wäre jetzt besser bei den Opfern der Flutkatastrophe aufgehoben. (Beifall bei den NEOS.)
12.14
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Andreas Hanger. – Bitte.