18.59
Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher hier im Haus und vor den Bildschirmen, soweit ihr die Sitzung noch mitverfolgen könnt! In leichter Abwandlung eines wunderschönen Liedtitels von Wolfgang Ambros stelle ich fest: Langsam sind wir zusammengewachsen, langsam sind wir in diesen fünf Jahren, die ich jetzt dem Hohen Haus angehöre, zusammengewachsen, langsam. – Die Bremse war vor allem die Zeit der Pandemie, aber dennoch hat sich ein wunderschönes Arbeitsverhältnis über Fraktions-, über Funktionsgrenzen hinweg entwickelt.
Sie werden aus der Tatsache, weil wir uns jetzt eben schon ein wenig kennen, den durchaus richtigen Schluss ableiten, dass ich jetzt als Redner zu einem Thema eingeteilt bin, das eigentlich nicht mein Kernthema ist. Meine Kernthemen hier waren Justiz, Mobilität und auch Bauen und Wohnen. Dennoch ist es durchaus schlüssig, dass ich heute zu diesem Tagesordnungspunkt sprechen darf – unabhängig davon, dass es meine letzte Parlamentsrede hier ist.
Einerseits ist ein wichtiger Teil dieser Reform, die hier zur Diskussion steht, dem Lehrerdienstrecht gewidmet und somit im weitesten Sinne auch ein Bildungsthema und andererseits bin ich als NEOS-Politiker sowieso auch Bildungspolitiker, weil wir NEOS das Bildungsthema eben immer ganz nach oben reihen (Beifall bei den NEOS – Ruf bei der ÖVP: Einbildung!) und weil wir erkannt haben – das geht schon auf unseren Parteigründer Matthias Strolz zurück, der das schon von Anfang an gesagt hat –: Der Beruf der Lehrerin und des Lehrers ist der wichtigste Beruf der Republik. Die brauchen daher ein geeignetes Dienstrecht, damit sie ihre Fähigkeiten im Interesse der nachfolgenden Generation entfalten können.
Warum ist der Lehrberuf so wichtig? – Letzte Woche fand hier im Haus eine sehr interessante, sehr wichtige und mit sehr kompetenten Fachkräften besetzte Veranstaltung unter der Bezeichnung Chance Demokratie statt. Die Veranstaltung hat sich dem Thema gewidmet, dass unsere repräsentative Demokratie, die uns in Österreich und auch in ganz Westeuropa so viel Wohlstand, so viel Frieden, so viel persönliche Freiheit beschert hat, durchaus unter Druck steht. Diese Demokratie – wir brauchen nur auf aktuelle Wahlergebnisse in deutschen Bundesländern zu schauen – ist insofern gefährdet, als sich zwar alle diese politischen Kräfte an das gesetzte Recht halten, aber nicht bereit sind, sich mit dem dahinterstehenden Geist, der sich kaum in Worte fassen lässt, auseinanderzusetzen. Da können wir Gesetzbücher schreiben, so dick können die gar nicht sein – ich weiß das, ich bin beruflich auch in der Vertragsjurisprudenz tätig –, wir können Verträge schreiben, in welchen wir alle Eventualitäten abbilden und trotzdem kann es passieren, dass, wenn dann ein Rechtsnachfolger in ein solches Vertragsverhältnis eintritt, das nicht mehr funktioniert, dass es zum Streit kommt, weil der Spirit, der Geist eines Vertrages nicht begriffen wird.
Ganz ähnlich verhält es sich mit unserer Bundesverfassung. Man kann durch Wahlen legitimiert sein, man kann sich an den Buchstaben der Verfassung halten, man kann sich beispielsweise auch an den Buchstaben unseres Geschäftsordnungsgesetzes, das das Handeln in diesem Haus bestimmt, halten, aber – ein Beispiel, da die Befugnisse des Präsidenten so weitreichend sind – alles, was im Vorfeld einer Plenarsitzung passiert, wird im Wege von Usancen, von guten Usancen, so gehandhabt. Das muss aber nicht sein. Das Geschäftsordnungsgesetz würde es beispielsweise erlauben, dass ein Präsident sagt: Ja, okay – möglicherweise haben wir nach den kommenden Nationalratswahlen nicht nur fünf Fraktionen, sondern sieben Fraktionen im Haus –, das ist mir jetzt alles zu kompliziert, da einen Konsens zu finden. – Die Geschäftsordnung sagt nur, er muss die Tagesordnung beraten, aber er ist nicht daran gebunden, er kann allein entscheiden. Das ist ein Beispiel dafür, wie wichtig es ist, den Geist einer Verfassung, den Geist eines Gesetzes im wohlverstandenen Sinn des Allgemeinwohls zu verstehen.
Da schließt sich der Kreis zum Tagesordnungspunkt – Lehrerdienstrecht –, da schließt sich der Kreis dazu, da das eben zeigt, dass der Lehrerberuf der wichtigste Beruf in der Republik ist, weil es schon damit anfängt, die Kinder zu lehren, wie wichtig es ist, den Geist unserer Demokratie zu begreifen. Das hat überhaupt nichts mit irgendeiner Ideologie, mit einer liberalen oder sonst etwas zu tun, sondern das hat schlicht mit gegenseitigem Respekt, mit gegenseitigem Vertrauen und auch mit gegenseitigem Optimismus zu tun, den wir brauchen, damit wir die Herausforderungen, die uns die Zeit jeden Tag bringt, bewältigen.
In diesem Sinne verabschiede ich mich vom Hohen Haus mit dem Wunsch, dass dieses Zusammenwachsen, dieses langsame Zusammenwachsen, im doppelten Sinn des Wortes funktioniert. Natürlich wird es manchmal notwendig sein, dass man zusammenwächst, so im Sinne, dass man einen Konflikt austragen muss, dann aber wieder in dem Sinn, dass wir eben den gemeinsamen Zielen, den gemeinsamen Werten, dem gemeinsamen Geist, der dieses Haus trägt – der eigentlich nicht nur dieses Haus trägt, sondern der die ganze Republik trägt, dem wir verdanken, dass die Zweite Republik eine derartige Erfolgsgeschichte ist –, verpflichtet bleiben.
Ich möchte es nicht verabsäumen, mich ganz zum Schluss bei allen zu bedanken, die irgendwie meine Tätigkeit in diesem Haus erleichtert haben, unterstützt haben. Jeder soll den Dank bitte für sich in Anspruch nehmen. Namentlich erwähne ich meinen parlamentarischen Mitarbeiter Lukas, der mich großartig unterstützt hat, und auch meine beiden Referenten Fabian und Puri.
Zum Schluss will ich mich auch namentlich und ganz ausdrücklich bei der Parlamentsdirektion als Gesamtes bedanken, die mich vom ersten Tag an, als ich in diesem Haus sozusagen das Onboarding absolviert habe, perfekt unterstützt hat und bei der ich stets ein offenes Ohr gefunden habe, wenn irgendwelche Probleme zu lösen waren – ein Dienstleistungsbetrieb im besten Sinn des Wortes. Das möge so bleiben.
Vor allem aber soll es so bleiben, dass wir uns doch darauf verständigen können, was der gemeinsame Geist unserer Verfassung ist, denn dann mache ich mir keine Sorgen darum, dass ich meinen politischen Ruhestand in großem Frieden und im Vertrauen, dass dieses Parlament weiterhin funktionieren wird, werde genießen können. – Vielen Dank, danke schön! (Allgemeiner Beifall.)
19.07
Präsidentin Doris Bures: Danke Ihnen, Herr Abgeordneter, und alles Gute!
Nächster Redner: Herr Abgeordneter Reinhold Einwallner. – Bitte.