11.45

Abgeordnete Leonore Gewessler, BA (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! An sich ist es ja gut, dass wir einem so wichtigen Thema wie der Klimakrise und dem Klimaschutz heute einen so breiten Raum in der politischen Debatte einräumen, jedoch ist der Anlass leider kein freudiger.

Wir sehen in der Diskussion rund um den Nationalen Energie- und Klimaplan leider so etwas wie einen fast ein bissel traurigen Höhepunkt der letzten Jahrzehnte Klimapolitik in Österreich. Gottfried Kirchengast, der Vertreter der Wissenschaft, der Klima­wis­senschaft, im Nationalen Klimaschutzkomitee hat gestern in einer gemeinsamen Pres­sekonferenz mit zivilgesellschaftlichen Organisationen – mit Fridays for Future, mit Ver­tretern des Klimavolksbegehrens – auch sehr deutliche Worte gefunden.

Es tut mir leid, Frau Ministerin Patek, das Urteil der Fachwelt ist tatsächlich eindeutig. In den Reaktionen der letzten Tage war viel von Planlosigkeit die Rede, von Lücken­haftigkeit, von Baustellenpolitik. Es kommt einem so vor, als würde die Baustelle Klima­schutz leider nie fertig.

Unter dem Motto Not my Klimaplan! waren gerade wieder am letzten Freitag unzählige junge Menschen auf der Straße, um zu sagen: Nein, wir brauchen mehr, das reicht nicht! – Das Urteil ist eindeutig, von den Aktivistinnen und Aktivisten, von den Wissen­schaftlern des Climate Change Centre Austria bis hin zu den großen Umweltschutz­organisationen, die auch schon erwähnt wurden.

Es wiegt insofern besonders schwer, weil man sich gerade auch von der derzeitigen Bundesregierung als Expertenregierung zwei Dinge erwarten könnte: Das eine – das ich mir in dieser Debatte wünschen würde – ist, dass wir die Fakten auch Fakten sein lassen und einfach einmal wirklich nüchtern und ehrlich schauen, wo wir in Österreich in der Klimapolitik stehen. Das Zweite ist, dann auch einen Plan vorzulegen, der ge­eignet ist, die Schäden, die auf Österreich zukommen können – auch die wurden viel­fach erwähnt –, von der Republik abzuwenden, und da gibt es einfach noch deutlichen Nachbesserungsbedarf.

Ich möchte kurz bei der ersten Ebene bleiben: Wo stehen wir? – Es war heute schon viel die Rede davon, dass wir Vorreiter sind und einen sehr großen Beitrag zur Ziel­erreichung leisten. Leider schaut es für Österreich derzeit nicht rosig aus, was die Ziel­erreichung betrifft. Wir werden das dritte Jahr in Folge unsere Ziele aus dem Klima­schutzgesetz nicht erreichen. Wir werden die verpflichtenden EU-Ziele 2020 voraus­sichtlich nicht erreichen. Das heißt also, der Status quo ist nicht besonders gut und der Handlungsbedarf ist riesig.

Die Anteile an erneuerbarer Energie waren zuletzt wieder rückläufig, und das, obwohl wir eigentlich von einem besonders guten Ausgangspunkt losgehen. Bei der thermi­schen Sanierung sind wir weit unter dem, was notwendig wäre. Wir sind da bei einer Rate von unter einem Prozent, bräuchten aber 3. Der Verkehr ist erwähnt worden. Es sind derzeit noch 700 000 Ölkessel und 900 000 Gasheizungen in Betrieb. Es werden in diesem Land immer noch mehr Ölheizungen als Pelletsheizungen eingebaut.

Das heißt also, wir haben tatsächlich die Fakten, die stehen und die einfach zeigen, wir haben riesigen Handlungsbedarf. Über diesen können wir uns auch nicht mit schönen Worten und mit dem Anschein einer Vorreiterrolle hinwegschummeln. Dort wollen wir aber wieder hin, weil das eine große Chance für unser Land ist. Nur so werden wir die Strafzahlungen vermeiden – ja, da bin ich dabei! –, nur so werden wir unsere Import­abhängigkeit von fossilen Energien reduzieren und nur so werden wir die regionale Wirtschaft fördern. Klimaschutz so gedacht ist auch wirklich eine Überlebens­versiche­rung für Österreich, also auch für Österreich und nicht nur für den globalen Süden.

Daher auch unser Antrag, den Klimaplan umfassend nachzubessern. Das und nicht weniger fordert die Klimawissenschaft in Österreich. Das und nicht weniger fordert dieser Antrag, bei dem der letzte Satz – den der Kollege gerade zitiert hat und streichen wollte – aus einem bereits einstimmig in diesem Hohen Haus beschlossenen Antrag stammt, nämlich aus jenem zum Climate Emergency. (Zwischenruf des Abg. Kassegger. – Abg. Wurm: Genau recherchieren!) Es ist nichts anderes als die Einlösung dessen, was wir hier gemeinsam schon beschlossen haben. Diese Maßnah­men gilt es nun auch tatsächlich umzusetzen, es gilt, in die Gänge zu kommen.

Die Wissenschaft ist bereit, mitzuwirken. Die Wissenschaftler, die den nationalen Re­ferenzplan erstellt haben, haben gestern noch gemeint, sie haben bis dato keine inhalt­liche Reaktion der Bundesregierung bekommen. – Auch das finde ich äußerst bedauer­lich.

Die Wissenschaft ist weiter bereit, mitzuwirken. Ich hoffe, auch die aktuelle Bundes­regierung ist es und sie wird bis zum Jahresende auch unserem Antrag entsprechend noch Nachbesserungen liefern. – Herzlichen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der NEOS.)

11.49

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster: Herr Abgeordneter Josef Schellhorn. – Bitte.