17.20
Abgeordneter Maximilian Lercher (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bitte erlauben Sie mir, am Beginn meiner Ausführungen im Sinne einer guten Debatte zwei Dinge voneinander zu trennen: Das eine ist die Gesundheitskrise, das andere ist diese unglaubliche Sozial- und Wirtschaftskrise, die uns gerade trifft.
Im Rahmen der Gesundheitskrise haben die Sozialdemokratie und meine Fraktion, glaube ich, eindrucksvoll bewiesen, dass sie eine konstruktive Kraft im Sinne Österreichs und der Republik sind. Ja mehr noch: Unsere Vorsitzende hat Sie ja über weite Teile mit ihrer Expertise hervorragend geleitet. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.) Im Übrigen: Hätten Sie sie stärker eingebunden, hätten Sie sich viel an Beratungskosten erspart, liebe Herren von der ÖVP! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.)
Ich möchte nichts anderes behaupten, Sie haben auch gute Maßnahmen getroffen – ich stehe nicht an, das zu sagen –, aber wir sehen jetzt, dass wir in eine unglaubliche wirtschaftliche Krise schlittern. Da haben Sie Verantwortung zu übernehmen, denn durch die Aushebelung des Epidemiegesetzes haben Sie viel von dieser Misere mitverursacht, sehr verehrte Damen und Herren!
Sie haben entgegen vielen Warnungen der Oppositionsparteien, aber auch von Expertinnen und Experten Vertrauen der Wirtschaft verspielt, wo es so enorm wichtig war. Sie haben vor dem Lockdown, in der wichtigsten Phase, in der die Unsicherheit begonnen hat, der Wirtschaft in Österreich signalisiert: Auf den Staat könnt ihr euch nicht verlassen! – Diese Schuld haben Sie jetzt zu tragen, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)
Herr Bundeskanzler, Sie wirken in Ihren Reden immer sehr sympathisch, wenn Sie 35 Mal Danke sagen – und Sie sagen zu Recht Danke –, wenn Ihnen das Danke aber etwas wert ist, dann beschließen Sie doch mit uns den Coronatausender für die so vielen Personen, die sich jetzt eingesetzt haben. Beschließen Sie mit uns, dass die ersten 1 700 Euro steuerfrei sind! Beschließen Sie mit uns die Erhöhung des Arbeitslosengeldes! Machen wir ein Paket für die wirklich Fleißigen in diesem Lande, denn wir brauchen das im Sinne einer Konjunkturbelebung. (Beifall bei der SPÖ.)
Erlauben Sie mir noch eine Anmerkung: Herr Bundeskanzler, Sie reden immer von internationalen Vergleichen, davon, wie gut Österreich in diesen dasteht. Wenn in diesen internationalen Vergleichen aber Wien gut dasteht, wissen Sie nichts davon. Ich meine, im Umgang mit unserer Bundeshauptstadt wäre es sehr, sehr seriös, auch diese Vergleiche einmal wahrzunehmen, und zwar im Sinne einer konstruktiven Politik, die nicht von Parteienhickhack geprägt ist. (Beifall bei der SPÖ.)
„Koste es, was es wolle“, haben Sie gesagt – und daran wollen wir Sie auch messen. 38 Milliarden Euro haben Sie beschlossen, geflossen sind 464 Millionen Euro – zu wenig, das Geld kommt definitiv nicht an, meine sehr verehrten Damen und Herren. Beschließen ist das eine, ausschütten das andere. Und ganz, ganz viele sind zu Recht verzweifelt, denn sie hören Tag für Tag von den Summen, aber es kommt nichts.
Da geht es wieder um Vertrauen, das Sie durch diese Vorgehensweise bewusst nicht herstellen. Nein, mehr noch: Sie haben es geschafft, mit der Wirtschaftskammer ein Bürokratiemonster zu schaffen, das mittlerweile alles, nur nicht Sicherheit gibt. Das erinnert mich an die Fünfjahrespläne in der damaligen Sowjetunion: Die haben auch alle fünf Jahre verkündet, es gibt Gummistiefeln, aber gekommen sind sie nie, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.) Dass gerade die ÖVP im Zusammenhang mit dieser Wirtschaftskrise ein solches Modell vorlegt, das ist schon einzigartig.
Weil Herr Ottenschläger, glaube ich, gesagt hat, Sie kennen die Beispiele nicht, möchte ich Ihnen auch gerne eines bringen, nämlich jenes von Herrn Schwingenschlögl von Tattoo Art. Er sagt: „Ich habe jede Hürde genommen, die man mir in den vergangenen Jahren in den Weg gelegt hat. Und jetzt will sich der Staat aus der Pflicht stehlen. Das ist eine Frechheit“.
Recht hat er, es ist tatsächlich eine Frechheit, meine sehr verehrten Damen und Herren, weil der Sozialstaat geschaffen wurde, um in schwierigen Zeiten Steuergeld dorthin zurückzugeben, wo es erwirtschaftet wurde. Sie boykottieren aber die Systematik dieses wunderbaren Modells, es funktioniert nicht so, wie es mit dem Epidemiegesetz funktioniert hätte.
Zum Schluss noch eines: Höchstwahrscheinlich ist das Kurzarbeitsmodell, das Sie ja immer so gerne lobend erwähnen, deswegen die beste Ihrer Maßnahmen, weil ein paar Rote daran mitgearbeitet haben. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)
17.25
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Georg Strasser. – Bitte.