20.35
Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wenn man die internationalen Medien verfolgt und mit Diplomaten im In- und Ausland spricht, dann ist klar, dass sich nach dieser Pandemie die Welt neu ordnen wird. Ich weiß, dass das auch sehr viele österreichische Diplomatinnen und Diplomaten verfolgen. Wir haben hervorragende Leute im Außenministerium, das möchte ich an dieser Stelle auch einmal sagen. Ich habe mich als Journalist von den Außenstellen immer sehr gut betreut gefühlt; so wie auch bei meiner letzten Reise nach Tirana, die ich noch vor dem Lockdown machen durfte – ich bin dem dortigen Botschafter Steiner sehr dankbar für die Hilfe –, merkt man, dass das Leute sind, die international schon etwas draufhaben. Dafür vielen Dank.
Sehen wir uns jetzt einmal an, was sich nach dieser Pandemie tun wird: Was aus Amerika wird, wissen wir nicht, weil wir nicht wissen, wie die Wahlen dort ausgehen werden. Was Russland betrifft, sehen wir im Moment eine Schwäche des Präsidenten, natürlich leidet er unter fallenden Energiepreisen, und ein unsicheres Russland ist immer ganz schwierig für uns. Wenn wir uns China anschauen, erkennen wir das umgekehrte Bild, nämlich einen Staat, der stärker und mächtiger wird und vor allem einen Plan hat. Was immer wir aus China erfahren, zeigt, dass das eine mächtige kommunistische Partei ist, die einen sehr guten Plan hat, 2045 wieder die Weltmacht Nummer eins zu sein.
Jetzt schauen wir sehr, sehr besorgt nach Hongkong. Wenn ich mir ansehe, was sich dort tut, fallen mir zwei Sachen auf. Erstens will ich nicht, dass das, was die Chinesen gerade in Hongkong machen, Einfluss auf Europa haben wird.
Zweitens: Unsere britischen Freunde sind ja mit dem Bemerken aus der EU ausgetreten, dass sie nicht nur ihre Souveränität zurückbekommen, sondern weltweit wieder geachtet werden. Es gibt einen Vertrag zwischen Großbritannien und China, was Hongkong betrifft, der bis 2047 geht, und wir wissen, dass sich die Chinesen gerade nicht daran halten. Wir sehen, dass die Bedeutung der Briten außerhalb der EU deutlich geschwunden ist.
Das führt mich zur Europäischen Union. Es gibt ja Menschen, die sich hier darüber lustig machen, wenn man aus Büchern zitiert, aber ich lese eben gerne und habe in diesen Tagen wieder ein Buch von Hugo Portisch nachgelesen, das dieser im Jahr 2011 geschrieben hat (das Buch „Was jetzt“ von Hugo Portisch in die Höhe haltend). Warum im Jahr 2011? – Nach der großen Finanzkrise war ja schon die Frage: Überlebt die EU, überlebt der Euro?
Wenn man sich durchliest, was Portisch ganz am Anfang schreibt, erkennt man, dass das damals von ihm eine Kritik an der FPÖ oder an anderen war, die Europa nicht so ernst nehmen. Er schreibt: „Populisten und Demagogen haben die EU für viele Menschen zu einem verhassten Feindbild werden lassen. Alles Böse kommt aus Brüssel.“ Er schreibt über „die bürokratischen Schmarotzer“, et cetera, und auch, dass wir immer zur Kasse gebeten werden, „um Staaten zu retten, die sich mit Mogeleien in die EU“ hineingeschwindelt hätten.
Das Schlimme ist, dass das manchmal, wenn ich jetzt ÖVP-Politikern zuhöre, genauso klingt. Das klingt so: Wir wollen diese Schuldenunion nicht (Abg. Kassegger: Die wollen wir auch nicht!), wir sind die frugalen vier, in Wirklichkeit die geizigen vier, die für die EU kein Geld mehr hergeben wollen.
Da, meine Damen und Herren, muss ich schon sagen: Die Italiener sind so wie wir Nettozahler. Die Italiener hat diese Krise leider viel stärker getroffen. Italien – Kollege Kopf weiß das – ist für uns ein besonders wichtiger Exportpartner. Jetzt so zu tun, als würden wir alleine durch die Krise kommen und die EU nicht brauchen, ist wirklich nicht nur fahrlässig, sondern negativ und schadet unserem Standort. Deswegen würde ich darum bitten, dass wir in den Diskussionen, die wir in den nächsten Tagen, Wochen und Monaten führen werden – auch über die Frage, wie sich die EU weiterentwickeln wird ‑, sehen, dass wir davon profitieren würden, wenn es eine stärkere EU gäbe. Wir hätten davon profitiert, wenn unsere zuständigen Beamtinnen und Beamten rechtzeitig darauf aufmerksam gemacht hätten, dass in der EU vorgesorgt wird, auch für medizinisches Material. Das hätten wir alles gemeinsam machen können.
Ich bin davon überzeugt, dass wir auch durch diese Krise nur gemeinsam kommen, und ich bitte, doch wirklich jede Polemik gegen die EU zurückzulassen, denn eine Polemik gegen die EU ist eine Polemik gegen uns selbst, und so etwas tun wir doch nicht. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Hammerschmid. – Abg. Martin Graf: Aber auch die Polemik für die EU kann man ein wenig zurücklassen!)
20.40
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister Mag. Alexander Schallenberg zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.