9.10

Abgeordneter Lukas Hammer (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Frau Mi­nisterin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Guten Mor­gen! Da ich gestern schon über das Klimabudget geredet habe, möchte ich mich heute auf die Budgetmittel für den Radverkehr konzentrieren, hinsichtlich derer es ja sowohl im Umweltbudget als auch im Verkehrsbudget wirklich einen Quantensprung, eine Ver­zehnfachung der Mittel gibt.

Etwa die Hälfte aller Autofahrten in Österreich, ob zum Einkaufen, ob man die Kinder in den Kindergarten oder in die Schule führt oder ob man in die Arbeit fährt, sind so kurz, dass sie auch mit dem Rad zurückgelegt werden könnten. Der VCÖ hat vorgerechnet, dass fast die Hälfte aller Autofahrten kürzer als 5 Kilometer sind, und wir müssen uns jetzt die Frage stellen, warum die Leute lieber ins Auto steigen als das Rad zu nehmen. (Zwischenruf des Abg. Deimek.) Die Antwort in vielen Fällen ist: weil die Leute Angst haben, weil es keine sicheren Radwege gibt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordne­ten der ÖVP.)

Wenn wir also wollen, dass nicht nur die Mutigen mit dem Rad fahren, sondern auch Familien und Kinder, und das auf ihren alltäglichen Wegen, dann müssen wir nicht nur radfahrfreundliche Gesetze machen, sondern wir müssen auch in sichere Radwege in­vestieren. Im Regierungsprogramm haben wir uns vorgenommen, den Radverkehrsan­teil zu verdoppeln. Wir wollen, dass in den nächsten Jahren mehr als doppelt so viele Menschen das Rad nehmen, auf ihren alltäglichen Wegen und nicht einfach nur zum Heurigen oder entlang der Donau – das ist auch schön, aber es geht wirklich um die täglichen Wege. Das fällt nicht vom Himmel.

Ich habe einige Zeit in Brüssel gelebt und bin vor zehn Jahren nach Wien zurückge­kommen. Damals sind wirklich nur wenige mit dem Rad gefahren. Jetzt hat sich der Radverkehrsanteil in Brüssel verdoppelt, und das nicht, weil die Leute draufgekommen sind, dass es doch so nett ist, mit dem Rad zu fahren, sondern weil für Radfahrende Platz geschaffen und in Radwege investiert wurde. (Beifall bei den Grünen und bei Ab­geordneten der ÖVP.)

Die Vorteile des Radverkehrs sind bekannt. Gerade jetzt hat der Radverkehr einfach einen mehrfachen Nutzen, auch für das Gesundheitssystem. Radfahren an sich ist ge­sund. Es bringt weniger schwere Unfälle, weil einfach auch weniger Autos unterwegs sind. Auch jetzt in der Coronakrise haben wir gesehen, dass viele Menschen auf das Rad umgestiegen sind, viele Menschen haben sich neue Räder gekauft. Das Radfahren ist auch dazu geeignet, zum Beispiel die Öffis in den Städten an den Tagesrandzeiten zu entlasten und volle Busse oder U-Bahnen zu vermeiden. Das Radfahren – ich brauche es hier nicht zu erwähnen – hat natürlich auch einen enormen Nutzen für den Klimaschutz.

Wir brauchen also mehr Radwege, mehr sichere Radwege. Welche Zutaten braucht es dafür? – Es braucht zuerst einmal eine Finanzierung – über diese reden wir heute –, und es braucht den politischen Willen. Bei der Finanzierung hat sich der Bund, würde ich jetzt einmal sagen, in den letzten Jahren, egal ob das blaue oder rote Verkehrsminister waren, vornehm zurückgehalten, um das mal höflich auszudrücken. Das ändert sich jetzt, und es ändert sich massiv. Dieses Budget sieht vor, dass die Förderung für aktive Mobilität, also Radfahren und Zufußgehen, verzehnfacht wird. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Beim politischen Willen für den Bau von Radwegen und Radinfrastruktur hoffe ich bei manchen noch auf Einsicht. In Wien oder auch in anderen Städten Österreichs ist es so: Jedes Mal, wenn ein Radweg errichtet wird, wird irgendwie der automobile Notstand ausgerufen und der Weltuntergang mit kilometerlangen Staus herbeigeredet, die dann eh nicht stattfinden, und man hat irgendwie immer das Gefühl, man will eine Giftmüll­deponie in der Stadt errichten und nicht nur ein paar Meter Radweg.

In anderen Städten sehen wir, dass sozusagen der generelle Diskurs da schon we­sentlich weiter ist, auch unter sozialdemokratischen Bürgermeistern. Das würde ich mir in Wien auch manchmal wünschen. Paris zum Beispiel hat während der Coronazeit 650 Kilometer neue Radwege gebaut. Brüssel, Paris, Bogotá, New York: Überall entste­hen neue Radwege und wir sehen es. Die ÖkonomInnen unter Ihnen kennen das: Das Angebot schafft bei Radwegen die Nachfrage.

Ich würde mir wünschen, dass wir in Österreich den Radverkehr sozusagen auf eine neue Ebene heben, auch die Bedeutung des Rads als Verkehrsmittel und nicht nur als Freizeit- oder Sportmittel wirklich wahrnehmen und den öffentlichen Raum zugunsten von Radfahrenden und Zufußgehenden neu verteilen. Ich hoffe, dass wir in Zukunft alle gemeinsam im Bund, aber auch in den Ländern und in den Städten, am Land, in den Gemeinden daran arbeiten können. Die notwendigen Budgetmittel dafür haben wir jetzt jedenfalls. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.16

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Deimek. – Bitte.