15.12

Abgeordnete Mag. Dr. Petra Oberrauner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätztes Hohes Haus! Geschätzte Frau Minister! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Wir befinden uns in einer realwirtschaftlichen Krise der besonderen Art, und wir sind in drei Punkten kommunizierende Gefäße – ich glaube, da werden Sie mir zustim­men: Die Wirtschaft funktioniert, wenn sie Aufträge hat und es Leute gibt, die die Auf­träge abarbeiten, und der öffentliche Raum und die öffentlichen Institutionen funktionie­ren, wenn sie das Geld über Steuern einnehmen.

Alle drei Dinge sind nicht gesichert, und ich frage mich, warum man immer jede Art von Anregung als Kritik versteht. Wir haben vom ersten Tag an einen Abänderungsantrag zur Abgeltung des entstandenen Schadens eingebracht, den niemand verschuldet hat außer ein Virus, den wir nicht beeinflussen können. Die Unternehmer sind unverschuldet in diese Lage gekommen und wurden ohne Grund um ihre Existenzgrundlage gebracht – von einer Sekunde auf die andere, obwohl man es ganz normal hätte abwickeln können. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Situation, die sich jetzt stellt, ist, dass der Härtefallfonds, durch den der Unterneh­merlohn abgegolten werden sollte, zwar hoch dotiert ist, aber die Mittel nicht ankommen; sie verhungern auf dem Weg zur Realität. Die Betriebskostenabgeltung, wie sie das Fi­nanzamt glücklicherweise macht, könnte funktionieren, weil da, glaube ich, kompeten­tere Menschen für die Abwicklung zuständig sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Kurzarbeit ist einzigartig in Europa, wurde auch von einigen Betrieben in Anspruch genommen, hat aber auch verschiedene Fallen, die ganz schwierig für die Unternehmer sind, und zwar vor allem für die Kleinen. Es geht immer wieder und überall um Liquidität. Die Großbetriebe können aus dieser Kurzarbeit natürlich Liquidität aufstellen, um das vorzufinanzieren, aber wenn sie jetzt erst zum Beispiel drei Monate vorfinanzieren, dann ein doppeltes Gehalt zu zahlen haben und nach drei Monaten das Geld bekommen, dann werden sie wahrscheinlich in eine Liquiditätsfalle geraten und trotzdem insolvent werden, auch wenn sie Kurzarbeit haben.

Es geht so weit, dass es bereits Unternehmer gibt – und das ist echt einer Frechheit allererster Güte –, die Akontozahlungen an die Arbeitnehmer leisten, nämlich mit der Begründung: Wir zahlen den Rest, wenn wir die Förderungen bekommen. – Was ist denn das für ein volkswirtschaftlicher Zugang, wenn die Geschäfte aufgesperrt werden, damit die Leute etwas kaufen, und die kein Geld haben, um etwas zu kaufen?! Das ist nicht in Ordnung! (Beifall bei der SPÖ.)

Es trifft auch die Klein- und Mittelbetriebe, die sich sogar versichert haben. Wenn das über das Epidemiegesetz abgegolten worden wäre, hätten sie Betriebsunterbrechungs­versicherungen nicht gebraucht. Jetzt wird das nicht mehr schlagend, weil ein anderes Gesetz die Grundlage ist. Sie haben keine Mindestsicherung, kein Arbeitslosengeld, sondern gehen direkt in die Insolvenz und haben nichts mehr. Bei Familienbetrieben, an denen vier Familienmitglieder beteiligt sind, müssen sie Glück haben, dass einer woan­ders arbeitet, damit sie sich ihr Essen kaufen können. Das ist die Realität, die draußen kommuniziert wird, gelebt wird und um die es geht.

Da können wir nicht so tun, als hätten wir alles gut erledigt. Und dann bieten wir Stun­dungen, Garantien und Kredite an, aber das verschiebt ja nur das Problem; denn die Kredite und die Haftungen sind gegenüber den Banken ein Asset, aber am Ende des Tages wird zuerst dem Menschen, der den Kredit aufgenommen hat, alles weggenom­men und dann wird gegenüber der Bank garantiert. Das ist volkswirtschaftlich eine Ka­tastrophe! Wenn wir nicht bald darüber nachdenken, wie wir das ändern, dann brauchen wir über Wirtschaft nicht mehr zu reden, weil wir keine mehr haben werden! (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Thema Europa: Gott sei es gedankt, dass es Europa gibt, denn wenn es nach Ös­terreich gegangen wäre, hätten wir Italien einfach sterben lassen und hätten gesagt: Die haben ihre Schulden und die sollen sie selber begleichen. Da geht es auch um 24 Mil­liarden Euro Handelsvolumen. Italien ist Österreichs zweitgrößter Handelspartner, für mein Bundesland Kärnten ist es sogar das wichtigste Handelspartnerland. Wovon reden wir? Wenn Sie Italien nicht helfen, dann sterben Sie mit! 24 Milliarden Euro können wir aus Österreich nicht abdecken, mit nichts!

Ich frage mich, warum wir den Horizont nicht erweitern, gemeinsam für die Bevölkerung und für die Betriebe arbeiten und die Dinge in Ordnung bringen, denn all das ist nicht in Ordnung. Wenn ich höre, wie der Bundeskanzler zu Optimismus, Mut und Zuversicht aufruft und sagt: Ich brauche Zeit!, dann muss ich sagen: Zeit haben wir nicht. Besser wären Verantwortung, Sicherheit und Vertrauen über Planungs- und Rechtssicherheit. Ich weiß nicht, wo wir leben! (Beifall bei der SPÖ.)

15.16

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Min­nich. – Bitte.