10.37

Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Werte Kollegen und Kolleginnen! Ja, tatsächlich Primetime statt Backlash für die Frauen in Ös­terreich – so würde ich die bisherige Debatte zusammenfassen –, und ja, je stiller die Heldinnen, desto lauter muss unsere Frauenpolitik sein.

Einige Zahlen wurden schon aufgezählt, und ich denke, es schadet nicht, sich vor Augen zu führen, welche Herausforderungen wir in der Frauenpolitik nach wie vor auf der Ta­gesordnung haben: Knapp 80 Prozent der im Handel Tätigen sind Frauen, knapp 80 Pro­zent der in der Pflege, in der Carearbeit Tätigen sind Frauen. Wir haben noch immer über 20 Prozent Lohnunterschied; 90 Prozent der Alleinerziehenden sind Frauen; die sind sehr oft auf sich alleine gestellt. Wir haben heute gehört, dass jede fünfte Frau von Gewalt betroffen ist, bei Frauen mit Behinderungen sind es sogar zwei Drittel der Frauen. Das sind allesamt irrsinnig beschämende Zahlen für Österreich, und eigentlich müssten wir uns während dieser vier Tage tagtäglich am Anfang nur mit Gleichstellungspolitik beschäftigen, denn solange wir das nicht hinbekommen, wird sich das in allen anderen Bereichen widerspiegeln. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Oberrauner und Vorderwinkler.)

Die Versäumnisse der letzten Jahre, der letzten Jahrzehnte können wir aber nicht in ein paar Monaten aufholen. Das Gute ist, dass wir es im Moment mit einer Erhöhung des Budgets zu tun haben, mit zig Maßnahmen, die wir als Regierungsparteien setzen, und nicht, wie in der letzten Legislaturperiode, mit Kürzungen von wichtiger Präventionsbera­tungsarbeit gerade eben für Frauen und Mädchen.

Ich glaube, manche hier haben aber doch eine sehr verklärte – ich weiß nicht – Vision von Frauenpolitik. Da gibt es kein „der Sonne entgegen“, und das werden wir auch nicht hinbekommen, indem wir das Budget ein bisschen erhöhen. Frauenpolitik war, ist und bleibt ein Kampf um Macht, Geld und Umverteilung. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Salzmann und Scharzenberger.)

In diesem Sinne: Es betrifft, wie gesagt, alle Bereiche. Ich bin sehr froh (in Richtung Bundesministerin Raab), dass Sie da auch den Überblick bewahren, dass das nämlich nicht nur auf einen Bereich reduziert wird, zum Beispiel auf den Ausbau der Infrastruktur für die Kinderbetreuung – ganz, ganz wichtig, da sind wir dran –, da gehört nämlich auch die Stärkung der Frauen im ländlichen Bereich dazu. Die Gewaltprävention, die Sie auch schon angesprochen haben, ist dringend notwendig, genauso wie Männerarbeit drin­gend notwendig ist, vom Antiaggressionstraining bis beispielsweise hin zu einer klaren Absage an Burschen an Schulen, die keinen Respekt vor ihren Kolleginnen haben. Da braucht es Aufklärung, da braucht es mehr Sensibilität und da liegt zweifelsohne noch ganz viel Arbeit vor uns.

Es braucht: Lohntransparenz – gleichfalls eine ganz wichtige Sache –, Zeiterfassungs­studie – etwas, worauf wir uns geeinigt haben –, Arbeitsplatzbewertung – weil wir wis­sen, dass es noch immer Sparten gibt, in denen Frauen tätig sind und man allein schon dadurch weniger verdient – und natürlich auch, wie ich gesagt habe, eine stetige Erhö­hung der Mittel für Frauenbereiche, wie Sie schon alle – auch von der Opposition – ange­sprochen haben, und das zu Recht. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)

Wir Grüne haben uns nicht nur für das Frauenvolksbegehren und die neuen Forderun­gen starkgemacht, wir haben uns nicht nur die letzten Jahre und Jahrzehnte für Gleich­stellungspolitik, LGBTI-Politik starkgemacht, sondern auch für alle von Yannick hier er­wähnten Bereiche von Blutspende über IGM bis zu trans-, intergeschlechtlichen Perso­nen, die auch in Österreich sozusagen unseren Schutz brauchen – das alles sind Dinge, an denen wir dran sind, das alles sind Dinge, an denen wir dran bleiben.

Das Gute bei dem Ganzen ist: Wir haben es jetzt nicht mit Türkis-Blau zu tun, sondern mit Türkis-Grün, und gerade in diesem Bereich wird es einen gravierenden Unterschied geben – und ich weiß, dass (in Richtung Bundesministerin Raab) Sie da unsere Verbün­dete sind. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Abg. Heinisch-Hosek: Wann?)

10.41

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Nun ist Herr Abgeordneter Kucher zu Wort gemel­det. – Bitte.