11.11

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte MinisterInnen! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte ZuseherInnen! Noch einmal kurz: Der Sinn von Kurzarbeit ist genau der, dass Menschen in Beschäfti­gung bleiben und nicht in Arbeitslosigkeit geraten. (Zwischenruf der Abg. Belako­witsch.) Darum wurde sie eingeführt, darum wurde sie umgesetzt, und sie ist ein wun­derbares, tolles Instrument, das in ganz Europa eingesetzt wird. – Punkt eins. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Punkt zwei: Wir haben ein Budget vor uns liegen, und 10 Prozent der Bundesausgaben entfallen insgesamt auf den Bereich Arbeit – im alten Budget. Wir wissen, dass aufgrund der Herausforderungen der Coronakrise dieses Budget im Arbeitsmarktbereich so sicher überholt ist. Die Zahlen sind bekannt, sie wurden bereits mehrfach erwähnt: Es sind 523 000 Menschen in Arbeitslosigkeit, 1,3 Millionen in Kurzarbeit, und auch wenn die Arbeitslosenzahlen aktuell rückläufig sind, droht die Arbeitslosigkeit auch noch in den nächsten Monaten auf einem Rekordniveau zu verleiben (Abg. Schellhorn: Sie wird steigen!), und es kann durchaus auch sein, falls es tatsächlich zu Insolvenzwellen kom­men sollte – die nicht auszuschließen sind –, dass die Arbeitslosigkeit im Herbst auch noch steigt. (Abg. Schellhorn: Was tun Sie dagegen?)

Das hat natürlich massive Auswirkungen auf das Budget, weil einerseits natürlich die Ausgaben für Arbeitslosigkeit steigen, andererseits auch Einnahmen aus Sozialversi­cherungsbeiträgen und – besonders budgetwirksam – aus Lohnsteuern sinken. (Abg. Schellhorn: ... nicht berechnet!)

Aktuell haben wir 12 Milliarden Euro für Kurzarbeit veranschlagt, und auch wenn diese veranschlagten Mittel wahrscheinlich nur zu einem gewissen Prozentsatz schlagend werden – wir haben die Erfahrungswerte aus der Krise 2008, da waren es circa 25 Pro­zent, 30 Prozent; jetzt werden es mehr werden –, werden Milliarden an Kosten für Kurz­arbeit entstehen. Das ist sehr gut und sehr sinnvoll angelegtes Geld, weil es eben nicht nur Beschäftigung und Einkommen sichert, sondern in Wirklichkeit ein wesentlicher Bei­trag dazu ist, dass – bei Einkommensersatzleistungen von 80 bis 90 Prozent – das Auf­kommen an Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen einigermaßen stabil bleibt und die Nachfrage entsprechend stabilisiert bleibt.

Der Budgetdienst des Parlaments – ein herzliches Dankeschön noch einmal für die her­vorragenden Budgetanalysen! – hat weiters berechnet, dass die Ausgaben für Arbeits­losigkeit coronabedingt vermutlich – schätzomativ – um rund 800 Millionen Euro steigen werden und umgekehrt aufgrund der steigenden Arbeitslosigkeit die Einnahmen aus den Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung um circa 300 Millionen Euro sinken werden. (Ruf: Wo ist das im Budget ...?)

Wir haben zusätzlich 110 Millionen Euro für die Erhöhung der Notstandshilfe, die ab Juni ausgezahlt werden soll, veranschlagt – auch diese 110 Millionen Euro sind Mittel, die unmittelbar nachfragewirksam werden, weil sie wirklich die untersten Einkommensgrup­pen deutlich stärken. Das ist eine ganz wichtige Maßnahme – ein Danke allen, die hier zugestimmt haben!

Ja, es ist längst nicht alles ausreichend, was gemacht wird. Erfreulicherweise setzt diese Regierung weiter Maßnahmen, gemeinsam auch mit den Sozialpartnern. Die Kurzarbeit ist für drei Monate verlängert worden, es gibt den Neustartbonus, der ein durchaus in­teressantes und innovatives Instrument der Arbeitsmarktpolitik wird, aber wir brauchen natürlich deutlich mehr, wenn es um Fragen wie Umorientierung, Weiterbildung, Um­schulungen geht, wenn es auch darum geht, insbesondere jene Menschen, die zu den benachteiligten Gruppen, zu den besonders benachteiligten Gruppen am Arbeitsmarkt gehören – das sind Langzeitarbeitslose, WiedereinsteigerInnen, ältere Arbeitslose, Men­schen mit Beeinträchtigungen –, wieder in den Arbeitsmarkt, in Arbeit, in Beschäftigung zu bringen, sodass sie ein Einkommen haben. Da würde ich doch sagen: Wahrschein­lich – oder mit ziemlicher Sicherheit – werden die 790 Millionen Euro, die wir dafür im Budget stehen haben, auch nicht reichen.

Zuletzt noch etwas, was meiner Meinung nach in der Diskussion rund um Arbeitslosen­versicherung und Arbeitslosengeld viel zu wenig betrachtet wird: Die Arbeitslosenver­sicherung hat nicht nur eine wesentliche sozialpolitische Funktion, sie hat auch eine ganz wichtige wirtschaftspolitische Funktion als automatischer Stabilisator. Das Arbeitslosen­geld ist eine Einkommensersatzleistung, die gerade in der Krise sicherstellt, dass bei Anstieg der Arbeitslosigkeit und wenn Lohneinkommen wegbrechen, zumindest die Nachfrage teilweise erhalten bleibt – eben durch das Arbeitslosengeld – und dadurch ein weiterer konjunktureller Abschwung, ein weiterer Anstieg von Arbeitslosigkeit abge­federt oder zumindest gemildert wird.

Nur: Ein automatischer Stabilisator wie das Arbeitslosengeld kann auch nur so gut wir­ken, wie gut er dotiert ist, und er hängt davon ab, wie viele Menschen in Arbeitslosigkeit sind. Wenn die Arbeitslosigkeit anhaltend hoch bleibt und das Arbeitslosengeld ver­hältnismäßig gering ist, dann werden wir uns allein aus konjunkturpolitischen und nach­fragepolitischen Gründen die Frage stellen müssen, ob wir nicht das Arbeitslosengeld erhöhen. Und ich sage auch ganz ehrlich: Wir Grüne werden uns diese Frage auch of­fensiv stellen (Zwischenrufe bei der SPÖ) und diesen Weg auch offensiv verfolgen (Bei­fall bei den Grünen), denn – wie bereits erwähnt – wenn wir aus der Krise kommen wol­len, brauchen wir starke konjunkturpolitische Maßnahmen. Die Erhöhung des Arbeitslo­sengeldes ist eine, die dazu beiträgt, dass wir sozial gerecht aus dieser Krise kommen. – Danke. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

11.17

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gerald Loacker. – Bitte.