18.01

Abgeordnete Pia Philippa Strache (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Sehr geehrte Regierungsmitglieder! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zu­seherinnen und Zuseher! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Schön, dass Sie nun da sind!

Ich habe langsam schon den Eindruck gehabt, dass wir nicht nur kein Budget haben, sondern auch keinen Finanzminister, der sich dieser Debatte stellt (Beifall bei der SPÖ – Zwischenruf bei der ÖVP), der dafür aber in einer Nacht-und-Nebel-Aktion ganz plötzlich einen neuen Budgetentwurf hervorzaubert, den wir alle nicht im Detail kennen.

Über Nacht gab es eine Scheinkorrektur, plötzlich werden von einem Tag auf den ande­ren die Budgetausgaben von 82 Milliarden Euro auf über 100 Milliarden Euro angeho­ben, und man findet es nicht einmal der Mühe wert, darauf im Detail einzugehen. Nein, man ist auch noch völlig schockiert darüber, dass Kolleginnen und Kollegen hier im Ho­hen Haus diese Debatte gerne führen würden. (Beifall bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)

Weder ist diese Korrektur seriös gewesen, noch ist die Vorgangsweise seriös, denn – da muss ich mich einigen Vorrednern anschließen – das ist nichts anderes als eine Ver­höhnung des Parlaments: Bei keinem Tagesordnungspunkt ist es möglich, ehrlich über diese Zahlen zu debattieren, egal, wie man ansetzt.

Lassen Sie es mich ein wenig veranschaulichen, denn ich denke, auch die Österreiche­rinnen und Österreicher haben ein Recht darauf, deutlich zu hören, was in den letzten Tagen hier im Parlament für derartige Verärgerung der Oppositionsparteien gesorgt hat.

Der Budgetvorschlag – wenn man ihn so nennen kann – ist in Wahrheit eine Art von Blackbox. Wir diskutieren hier jetzt seit drei Tagen über Zahlen, die es nicht gibt, Zahlen, die falsch sind, die nachgereicht oder irgendwie getauscht werden oder in einer Art Herbstprogramm wieder nachgereicht werden. Das ist, als würde man sich über eine Box unterhalten, deren Inhalt man nicht kennt, ohne zu wissen, ob die Box eigentlich einen Boden hat oder ob sie ein maßloses Fass ohne Boden ist.

Bei den Einnahmen haben wir ein großes Fragezeichen, bei den Ausgaben haben wir ein großes Fragezeichen. Das ergibt in Summe – die Rechnung ist relativ simpel – auch nichts anderes als Fragezeichen. Das verstehe ich nicht, und das verstehen viele andere Kolleginnen und Kollegen hier im Parlament ebenfalls nicht. Das verstehen vor allem aber auch die Österreicherinnen und Österreicher nicht, die mit diesen Konsequenzen leben müssen. Das Parlament wird erneut vorgeführt, oder es ist – ich weiß es nicht – vielleicht auch eine Art Beschäftigungstherapie, um unangenehmen Fragen ausweichen zu können.

Obwohl ich den Nachtrag jetzt gehört habe, sehe ich es dennoch anders, denn eigentlich geht jeder von uns davon aus, dass Sie als zuständiges Regierungsmitglied das Bun­deshaushaltsrecht inklusive der zugehörigen Verfassungsbestimmungen kennen. Falls nicht, darf ich Ihnen diese Lektüre dringend empfehlen.

Sie, Herr Finanzminister, sind auf diese Verfassung vereidigt, auf eine Verfassung, von deren Schönheit und Perfektion auch der Bundespräsident spricht, und sie ist perfekt – perfekt auch für eine Krise, weil der verfassungsmäßige Bundesvoranschlag in Ausnah­mefällen auch geschätzt werden darf.

Unser Finanzminister aber tut nicht einmal das! Das ist nicht nur verantwortungslos, son­dern eben auch verfassungswidrig. Ich bin froh darüber, dass die Kolleginnen und Kolle­gen hier im Hohen Haus Ihren sogenannten Budgetvoranschlag auch entsprechend un­ter die Lupe genommen haben.

Es wurde ja nachgebessert, noch immer aber kann man keine seriös berechneten oder geschätzten Budgetzahlen vorlegen, und das, obwohl Sie ein Heer an fähigen, speziali­sierten Mitarbeitern – eine eigene Sektion – haben, die sich nur mit dem Budget be­schäftigt. Kann es wirklich sein, dass Ihre Budgetisten, die seit Jahren nur Budget als Aufgabe haben, nicht einmal ein Budget schätzen können? Oder läuft das im Finanzmi­nisterium inzwischen wie im Gesundheitskrisenstab ab, dass die Spezialisten die fun­dierten Expertisen zwar abliefern, die Politik aber etwas völlig anderes daraus macht, dass Ihre Experten sehr wohl eine seriöse Budgetschätzung gemacht haben, Sie aber einfach dastehen und sagen: Die können es halt nicht!? – Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, denn die Expertinnen und Experten in den Ministerien leisten hervorragende Arbeit.

Ganz egal aber, woran es liegt: Ja, es ist eine schwierige, eine herausfordernde Zeit, trotzdem verdient jeder Bereich ausreichend Budget, ausreichend Respekt und ausreichend Ressourcen, nicht nur ein aufgefettetes Medien- und PR-Budget. Da ist nämlich wirklich mehr als ausreichend investiert worden.

Eigentlich sollte jeder Einzelne von uns allen hier im Parlament zu diesem Schluss kom­men. Wir sind Volksvertreter, wir müssen die Interessen der Menschen im Auge haben. Bei dem, was wir heute hier beschließen, geht es um die Steuerlast der Menschen von morgen, und da finde ich es mehr als unangebracht, den Oppositionsparteien, die Kritik üben, anzubieten: Wenn Sie doch noch Wünsche oder Nachfragen haben, dann können Sie diese gerne vorbringen. – Das Problem dabei ist halt nur: Es passiert nach der Ab­stimmung.

Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete, Sie müssen zum Schlusssatz kommen!

Abgeordnete Pia Philippa Strache (fortsetzend): Ich sage Ihnen, wer hier nachfragen wird, nämlich die Bevölkerung. Die sieht das zu Recht anders. Folgendes hätte ich ge­macht, wenn ich die Möglichkeit dazu gehabt hätte – als fraktionslose Abgeordnete bin ich aber zu klein –: Transparenz geht anders, und ich denke, für euch Grüne wäre es eine dankbare Option gewesen, wenn man eine namentliche Abstimmung verlangt hätte. Dann müsstet ihr nämlich für das, was heute hier beschlossen wird, bei eurer Basis ge­radestehen. – Danke. (Beifall bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)

18.07

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Niko­laus Scherak. – Bitte.