12.28

Volksanwalt Dr. Walter Rosenkranz: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Die Volksan­waltschaft ist eine Einrichtung, ein Hilfsorgan der Gesetzgebung. Als solches schauen wir, ob die Gesetze, die Sie gemeinsam mit dem Bundesrat beschlossen haben – oder auch die der Landtage in den Ländern, wo wir ebenfalls Prüfkompetenz haben –, in den Verwaltungsbehörden, in den beamteten Stellen tatsächlich umgesetzt werden und ob dort Fehler auftauchen.

Die Zahlen wurden bereits genannt. Ich möchte mich dem anschließen: Österreich ist grundsätzlich ein absolut gut verwaltetes Land, es bedarf aber im Rahmen einer posi­tiven Fehlerkritik immer der Zusammenarbeit mit den Behörden. Wir sind keine Gegner der Verwaltung, sondern wollen eigentlich nur das Beste für die Menschen in diesem Land erzielen. Als Hilfsorgan des Parlaments bemerken wir auf der einen Seite die Fehler, die die Verwaltung gemacht hat. Die Fehlergründe können sehr vielseitig sein.

Wir bemerken aber natürlich auch – Kollege Achitz hat es bereits anklingen lassen –, dass die Gesetze oftmals so gestaltet wurden, dass der Verwaltung beim Vollzug einfach das passiert, was Menschen als Ungerechtigkeit empfinden. Wir sehen auch, dass es nur so sein kann, dass dieser Sachverhalt, der als ungerecht empfunden wird, vom Gesetzgeber vielleicht gar nicht so gewollt wurde. Das ist dann wiederum das Wech­selspiel, dass die Volksanwaltschaft, als Ihr Hilfsorgan, die entsprechende Anregung an das Parlament, an den Gesetzgeber gibt und sagt: Vielleicht ist euch da doch etwas passiert, vielleicht müsste der Gesetzgeber da nachschärfen, um ungerechte Lösungen für die Menschen in unserem Land abzuändern.

Wir sind kein Feind der Verwaltung. Ich möchte auch betonen, dass die Volks­anwalt­schaft als Partner der Verwaltung in den unterschiedlichsten Bereichen, vor allem wenn es um die Standards der Menschenrechte geht – ich denke da speziell im Geschäfts­bereich des Kollegen Amon an Justizwachebeamte und in meinem Geschäftsbereich an Polizisten –, mit ihren Beamten, deren Exzellenz – sie ist bereits von einigen Vorrednern erwähnt worden – ich nur bestätigen kann und möchte, in der Schulung der jungen Justizwachebeamten und Exekutivbeamten mit entsprechenden Modulen eingebunden ist.

Es war eine konkrete Frage bei den Grundrechten, dass Eingriffe in Grundrechte, Einschränkungen von Grund- und Freiheitsrechten nicht statthaft wären. Das ist grundsätzlich richtig, aber wenn der Jurist grundsätzlich sagt, dann muss er schon auch die Ausnahmen nennen können. Ja, es sind auch Eingriffe in Grund- und Freiheitsrechte möglich, manchmal notwendig und auch geboten, aber nur dann, wenn diese Ein­schrän­kungen entsprechend sachlich gerechtfertigt sind und gesetzlich ordnungsgemäß umge­setzt werden.

Letztlich ist sogar, um ein Beispiel zu nennen, jede Kontrolle im Straßenverkehr – eine Anhaltung und die Aufforderung: Zeigen Sie jetzt Ihre Dokument her! – eine Freiheits­einschränkung, denn der Lenker kann ja seine Fahrt zumindest für ein paar Minuten nicht fortsetzen. Man sieht, Menschenrechte, Grund- und Freiheitsrechte sind deutlich mehr, als man vielleicht allgemein wahrgenommen hat. Kollege Ragger war es, glaube ich, der gesagt hat, manche Zustände in Einrichtungen für Menschen mit Einschrän­kungen, mit Behinderungen, grenzen schon fast an Sklaverei. Ja, die Sklaverei ist abge­schafft.

Natürlich weiß man ganz genau, dass mit Vorfällen, wie sie in den USA zu De­monstrationen geführt haben, natürlich auch Menschenrechte verletzt wurden, aber das geht viel weiter, dessen ist man sich in der Breite oft gar nicht bewusst, zum Beispiel in den Bereich – Kollege Achitz hat es gesagt – der Medikation in Heimen. Die Verab­reichung von Beruhigungsmitteln – die einen Menschen in seiner eigenen Entschei­dungskraft bremsen – ohne entsprechenden Grund, ohne Dokumentation, ist auch ein Eingriff in die Menschenrechte.

Ich bedanke mich daher auch für die ausführliche Diskussion im Ausschuss. Ich glaube, Kollege Margreiter war es, der gemeint hat, dass gerade diese menschenrechtliche Präventions- und Überwachungsfunktion der Volksanwaltschaft im Rahmen der Öffent­lichkeitsarbeit viel mehr in den Vordergrund gerückt werden müsste. Der Dank geht an dieser Stelle daher auch an das Hohe Haus beziehungsweise an die Präsidiale, dafür, dass die Volksanwaltschaft die Gelegenheit hat, an einer derartig prominenten Stelle der Tagesordnung – als Tagesordnungspunkt 1  hier auch einmal über ihre Tätigkeit zu sprechen.

Für den Bereich der Menschenrechtskontrolle möchte ich darauf hinweisen, dass wir uns als Volksanwaltschaft nicht nur unserer Bediensteten bedienen, sondern dass bei uns auch der Menschenrechtsbeirat angesiedelt ist, der die Volksanwaltschaft berät. Der Menschenrechtsbeirat ist ein Gremium, in dem einerseits Menschenrechtsexperten aus dem Bereich Wissenschaft und Lehre, Praktiker aus dem Bereich der Anwendung oder der Kontrolle von Menschenrechten im Bereich der Nichtregierungsorganisationen, aber auch Beamte, Spitzenbeamte aus Ministerien vertreten sind, um das Machbare, das Notwendige und auch die rechtliche Lage entsprechend in Einklang bringen zu können, denn oftmals sind ja gerade Wissenschaft und Lehre betreffend Menschenrechte schon auf einem ganz anderen Standard als die Rechtsprechung beziehungsweise die ge­setzliche Umsetzung.

Die Volksanwaltschaft bedient sich der Arbeit von insgesamt sechs Kommissionen, das sind Personen mit einer sehr speziellen Qualifikation aus den unterschiedlichsten Bereichen, die diese Einrichtungen der Anhaltung – Justizwacheanstalten, Polizei­inspek­tionen und Pflegeheime – besuchen und die entsprechenden Standards überprüfen und dann auch Empfehlungen abgeben können.

Aus meinem Bereich, zum Beispiel aus dem Bereich der Anhaltung oder der Schubhaft, da kommen natürlich Anregungen. Auch für Sie oder auch für die Menschen vor den Bildschirmen: Es ist zum Beispiel auch eine Frage des Menschenrechts, ob es in einer Anhaltezelle einen Notklingelknopf oder auch einen Brandmelder gibt. Also selbst das ist vorausschauend für das Menschenrecht auf körperliche Unversehrtheit in einer Zelle etwas Wesentliches und Wichtiges.

Ich glaube, sehr viele Bürgerinnen und Bürger denken gar nicht daran, dass auch so eine – unter Anführungszeichen – „Kleinigkeit“ unter den Schutz der Menschenrechte fallen kann. Manchmal aber, hoher Gesetzgeber, gibt es diese Anregungen, und sie scheitern daran, dass die einzelnen Verwaltungseinrichtungen im Rahmen der Gewal­tentrennung, sprich die Ministerien, für die Ausstattung von Anhalteräumen oder für die Überwachung von Besuchen oder für die Durchführung von Freigängen im Hof et cetera zu wenig Personal beziehungsweise zu wenig Budget haben.

Das heißt, es ist sehr oft so, dass Anregungen, die die Volksanwaltschaft macht, mit budgetären Mitteln, mit mehr Dienstposten verbunden sein müssen. Das spiegelt sich in den Berichten wider und kommt dann ganz pfeilgerade auf Sie als Gesetzgeber zu, der Sie über die Frage zu entscheiden haben, inwieweit Sie dann auch die budgetären Mög­lichkeiten freigeben können, dass diese Maßnahmen auch möglichst zeitnah umgesetzt werden.

Ich orte, die Verwaltungsbehörden sind jedenfalls immer daran interessiert, planmäßig umzusetzen, aber wir bekommen sehr oft die Antwort: Budgetäre Mittel sprechen momentan dagegen.

In diesem Sinne möchte ich meine Ausführungen beenden und mich dafür bedanken, dass dieser Bericht im Hohen Haus und vor allem in der Ausschussarbeit derartig gut angenommen wurde. Ich hoffe auf eine weitere gute Zusammenarbeit und werde selbstverständlich Ihre Wertschätzung gegenüber dem Haus und den Bediensteten in meinen Geschäftsbereich mitnehmen. Danke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie bei Abgeordneten von Grünen und NEOS.)

12.37

Präsidentin Doris Bures: Ich bedanke mich bei den Volksanwälten.

Wir gehen in der Debatte weiter.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Peter Weidinger. – Bitte.