22.24

Abgeordneter Nico Marchetti (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Es geht heute bei diesem Tagesordnungspunkt ja auch um Diskriminierung allgemein und auch um die ganze Rassismusdebatte rund um Black Lives Matter, und ich möchte am Anfang auch einmal sagen, dass ich glaube, dass dieser Grundkonsens in diesen Fragen, der immer wieder strapaziert wird, vielleicht doch nicht so belastbar ist, wie wir manchmal glauben wollen.

Ich möchte ein Beispiel bringen, denn es wird ja immer so dargestellt, als wären Menschenrechte etwas Linkes und dass jemand, der links ist, diese automatisch intus hat und wir sowieso mit „diesen Menschen“ gemeint sind, wie ihr sagt.

Beispiel Wien: Dr. Karl Lueger, ein ehemaliger Bürgermeister von Wien, bewiesener­maßen ein Antisemit, nach dem ein Teil des Rings benannt war. Die Stadtregierung hat gesagt, das geht nicht, denn nach einem Antisemiten kann kein Teil des Rings benannt werden, daher wurde dieser in Universitätsring umbenannt. Dieselbe Stadtregierung lässt sich vor dem Karl-Marx-Hof ablichten, obwohl doch Karl Marx auch nach­gewie­senermaßen ein Antisemit und Rassist war. Gibt es da verschiedene Kategorien von Antisemiten? (Abg. Heinisch-Hosek: Das stimmt ja nicht! Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Entscheidet eine Partei, wer gute, wer schlechte sind (Zwischenruf des Abg. Shetty), oder sollten wir uns darauf besinnen, dass wir vielleicht alle diesen Grundkonsens haben und da auch konsistent sind, egal ob der jetzt der eigenen Partei irgendwie nähersteht oder nicht? Das, finde ich, ist Antirassismus, wie er wirklich gemeint ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Zu den NEOS: Ich habe jetzt kein Buch mit, aber ich habe einmal gerüchteweise wahrgenommen (Abg. Matznetter: Das sind diese Dinge, wo man drin lesen kann!), dass NEOS eine konstruktive Oppositionspartei ist. Jetzt war ja Gleichbehandlungs­ausschuss (Unruhe im Saal – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen), und da habe ich auch ganz klar zu diesen fünf Anträgen, die du erwähnt hast, Yannick, gesagt, in welchem Status wir uns da befinden, wie da die Verhandlungen sind und wo wir Fortschritte machen. Jetzt hast du dich dafür entschieden, du machst einen Tweet, in dem du sagst: Alle Anträge abgelehnt – was einfach unwahr ist. (Die Abgeordneten Schellhorn und Shetty: Vertagt!) Ich habe dich auch darauf hingewiesen, und du hast gemeint, du hast dich verschrieben, weil abgelehnt und vertagt ja sehr ähnliche Wörter sind. Geändert hast du es nicht (Abg. Shetty: Das stimmt ja nicht!), und das sind einfach so Dinge.

Gleiches, drittes Geschlecht, Personenstandsregister: Du bist dir nicht zu schade, dass du dich heute zu einer Pressekonferenz hinstellst, da eine Strafanzeige gegen den In­nenminister eingebracht wird. Wir – die Ministerin und auch ich – haben im Gleich­behandlungsausschuss ganz klar gesagt, dass wir gerade daran arbeiten und dass am 26. Mai Innenminister Karl Nehammer die Erarbeitung eines neuen Erlasses, der all diese Dinge berücksichtigt, in Auftrag gegeben hat. (Zwischenruf des Abg. Leichtfried.) Also ich frage mich halt schon manchmal: Ist da die Inszenierung einer Person im Pridemonat wichtiger oder geht es jetzt wirklich um sachliche Arbeit, mit der man den Menschen, von denen wir hier reden, auch etwas Gutes tut und die Probleme abarbeitet? (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich weiß nicht: Ich würde mich jetzt selbst als sachlichen Politiker bezeichnen. Ich glaube, so macht man nicht sachliche Politik. Ich bin da ehrlich gesagt auch ein bisschen enttäuscht, auch wenn ich dir glaube, dass du es ernst meinst. Die Art und Weise ist alles andere als konstruktiv, und ich würde mich freuen, wenn wir diese Themen, zu denen wir sagen, es sind Menschenrechte, bei denen wir uns alle einig sind – nicht nur links, alle sind wir uns einig, dass Menschenrechte wichtig sind –, wirklich konstruktiv abarbeiten und uns nicht gegenseitig irgendwo Dinge unterstellen und uns gegenseitig irgendetwas oder irgendeine Art von Menschlichkeit absprechen. Ich finde das nicht okay.

Seien wir uns doch dieser Verantwortung bewusst, die wir in diesem Haus haben! Arbeiten wir zusammen und beschwören wir nicht nur in Sonntagsreden Einigkeit, sondern vielleicht auch, wenn es um die konkrete politische Arbeit geht! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. Abg. Leichtfried: Kollegiale Zusammenarbeit heißt bei euch nur zustimmen!)

22.28

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Heinisch-Hosek. – Bitte.