16.41

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Zu meiner Vorrednerin, die vom um­fassenden Entschließungsantrag der Bundesregierung gesprochen hat – ich darf diesen zur Kenntnis bringen –: „Die Bundesregierung wird ersucht, über die bereits getroffenen Maßnahmen zur finanziellen Absicherung der Lehrlinge im Bereich der betrieblichen und überbetrieblichen Lehrausbildung eine Möglichkeit zur Unterstützung der Lehrbetriebe zu prüfen, um ein ausgewogenes und bedarfsgerechtes Angebot an Lehrstellen zu garantieren.“ (Abg. Kollross: Da haben sie was davon!)

Wenn das dieser umfassende Entschließungsantrag sein soll, von dem Sie gesprochen haben, dann haben Sie mit Ihrer gesamte Rede eine glatte Themenverfehlung hingelegt, Frau Kollegin! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Kollross.) Sie sind noch sehr jung an Jahren, Sie sollten sich noch viel mehr für Jugendliche einsetzen.

Jetzt zu diesem Entschließungsantrag, den wir heute hier dringlich behandeln: In diesem Entschließungsantrag geht es genau um eine Gruppe von jungen Menschen, nämlich jene junge Menschen, die jetzt die Pflichtschule abgeschlossen haben und im Herbst eine Lehre beginnen möchten. Da ist es die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass alle Jugendlichen, die eine Lehre beginnen möchten, diese auch beginnen können.

Es gibt viele, die eine betriebliche Lehrstelle finden werden. Es wird, wie jedes Jahr, einen Prozentsatz an Jugendlichen geben, die keine finden werden. Kollege Wurm hat schon darauf hingewiesen: Das ist auch ein bisschen ein Versagen der Schule, der Bildungspolitik, und dafür war die ÖVP genauso wie die SPÖ in den letzten 30 Jahren verantwortlich – für dieses Kaputtreformieren unseres Schulsystems, sodass es Jugend­liche gibt, die nach neun Schuljahren nicht sinnerfassend lesen können und das Einmaleins und die Grundrechnungsarten nicht beherrschen. (Abg. Leichtfried: So wird man Finanzminister!) Die werden auch weiterhin in überbetrieblichen Lehrwerkstätten ausgebildet werden müssen, weil sie zunächst einmal den Schulstoff werden nachholen müssen. – Das dazu.

Ich muss auch eine Lanze für jene brechen, die in diesen überbetrieblichen Lehrwerk­stätten arbeiten, sich wirklich bemühen und auch schauen, dass sie die Jugendlichen nach einem Lehrjahr möglicherweise wieder in die Wirtschaft zurückbringen. Das muss auch das Ziel sein, sie können ja nicht ewig in einem geschützten Bereich sein, aber man braucht die überbetrieblichen Lehrwerkstätten für einen gewissen Prozentsatz.

Jetzt gibt es hier diesen Antrag, der sich auf das heurige Jahr bezieht, denn im heurigen Jahr 2020 gibt es ein Extraproblem: Wir haben eine Coronakrise. Viele Betriebe wissen nicht, ob sie einen Lehrling nehmen werden, ob sie sich einen leisten können. Es ist ja auch nicht so, dass diese Bundesregierung große Sicherheit gibt. Es ist ja auch nicht so, dass Unternehmen Planbarkeit haben, denn keiner weiß, ob nicht im Herbst der nächste Lockdown kommt. Wir haben schon wieder Maskenpflicht in Teilen von Kärnten, Mas­ken­pflicht in Oberösterreich. Was kommt als Nächstes? Es wird permanent Panik ver­breitet, es ist permanent von einer zweiten Welle die Rede. Es ist natürlich klar, dass Unternehmer vorsichtig sind und möglicherweise nicht so viele Lehrlinge einstellen, wie sie das in den letzten Jahren getan haben. Darauf zielt dieser Antrag, wenn ich ihn richtig verstehe, ab: jene Jugendlichen, die nicht unterkommen, nicht zurückzulassen.

Ich habe Sie, Frau Minister, bereits bei den Budgetverhandlungen gefragt, wie es denn im heurigen Jahr mit den Lehrlingen ausschaut und ob es in Ihrem Haus bereits Berech­nungen gibt, wie viele Plätze mehr es brauchen wird, was sie dann kosten und wo sie eingerichtet werden. Sie haben gesagt: Mein Haus und ich sind in der Planung. – Heute haben Sie sich aber hierhergestellt und haben gesagt: Das Thema ist mir eine Herzens­angelegenheit – das ist schön, dass es das ist –, aber gleichzeitig haben Sie gesagt: Es soll kein Jugendlicher auf der Straße bleiben, wer keine Lehrstelle kriegt, soll halt in eine Schule gehen! – Das geht aber am Thema vorbei. Jugendliche, die eine Lehre machen wollen, sollen eine Lehrstelle bekommen. Es sind gerade die Wirtschaftstreibenden der ÖVP, die seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten klagen, dass sie einen Facharbeiter­mangel haben.

Nehmen wir den Jugendlichen, die bereit sind, eine Lehre zu machen – und das sind nicht mehr so viele, weil das Image der Lehre nicht besonders gut ist; das haben wir heute alles schon besprochen, und ja, jede Maßnahme, die dieses Image verbessert, ist eine positive Maßnahme –, doch nicht ihren Eifer! Nehmen wir ihnen doch nicht ihre Freude daran, einen Beruf zu erlernen, sondern tun wir alles, damit jene, die in eine Lehre gehen wollen, die ein Handwerk erlernen wollen, die einen Lehrberuf erlernen wollen, auch die Möglichkeit dazu bekommen! Sagen wir ihnen jetzt nicht schon wieder: Geht halt weiter in die Schule, weil ihr so toll und so talentiert seid! – Das wird nicht die Lösung sein.

Es ist ja in Wahrheit die Wurzel des Problems, dass immer mehr Schüler in Schulen geschickt werden und die Schulen immer noch mehr machen müssen, weil man nur dann soziale Anerkennung hat. – Falsch! Eine ordentliche, fundierte Lehrausbildung ist für unsere Jugendlichen notwendig, Frau Minister. Ich hätte mir schon erwartet und erhofft, dass Sie ein bisschen mehr dazu sagen. Sie sind es schuldig geblieben. Sie haben heute nicht gesagt, wie die Berechnungen Ihres Hauses ausschauen. Sie haben nicht gesagt, wie viele Plätze Sie in diesen Lehrwerkstätten zusätzlich zu jenen der letzten Jahre geschaffen haben, wo Sie sie geschaffen haben und vor allem, was das kosten wird.

Eines muss uns allen hier nämlich klar sein – und das geht auch in Richtung SPÖ –: Natürlich sind Ausbildungsplätze in den überbetrieblichen Lehrwerkstätten teurer. Das ist nun einmal so, das muss es uns wert sein. Sich aber zu beklagen, dass Lehrlinge in den überbetrieblichen Lehrwerkstätten weniger Lehrlingsgehalt bekommen als andere: Erstens stimmt das, was Sie gesagt haben, nur zu einem Viertel. (Abg. Leichtfried: Nein!) Es ist nur eine ganz kleine Gruppe, nämlich nur die der über 19-Jährigen, deren Gehalt an das Niveau jenes der unter 19-Jährigen angepasst worden ist.

Zum anderen, Herr Kollege Leichtfried, ist es schon so: Das ist eine Ausbildung, eine Ausbildung auf Steuerzahlerkosten, und diese Ausbildung kostet Geld. (Abg. Leichtfried: Das kann man auch finanzieren!) Kein Schüler bekommt Geld, kein Schüler bekommt ein Gehalt. Daher sollten diese Jugendlichen diese Zeit für sich selbst nützen, für ihre Ausbildung (Zwischenruf des Abg. Kollross), um diese Chance, die sie bekommen – die oftmals schon die zweite oder dritte Chance ist, weil ja viele auch aus schwierigen Verhältnissen kommen, es gibt ja unterschiedlichste Gründe –, auch dafür zu nützen, diese Ausbildung zu machen und sich dann vielleicht zu etablieren, vielleicht eines Tages einen großartigen Betrieb aufzumachen. All diese Möglichkeiten stehen Jugend­lichen offen – wenn sie diese Ausbildung haben.

Jetzt bin ich bei Ihnen, Frau Minister, ich bitte Sie wirklich: Überlegen Sie und geben Sie einmal bekannt, wie viele Jugendliche zusätzliche Plätze brauchen werden – zusätzlich zu denen, die wir in den letzten Jahren schon hatten! Es ist das eine, sich darauf zurückzuziehen, zu sagen: Wir haben so und so viele überbetriebliche Lehrplätze. – Was aber braucht es? Darauf fehlt mir ein bisschen die Antwort. Die klassische Antwort, wie auch meine Vorrednerin gesagt hat, ist: Die Regierung hat so viel gemacht! Sie hat die Arbeitsplätze gesichert und sie hat die Kurzarbeit eingeführt! – Das ist schön, nützt aber keinem einzigen Jugendlichen, der im Herbst auf der Straße steht und keinen Lehrplatz hat.

Hören Sie daher auf, alles schönzureden! Packen Sie das Problem bei der Wurzel! Gehen Sie es endlich an – im Sinne unserer jungen Menschen, im Sinne unserer Ge­samtwirtschaft, auch für die nächsten Jahre, die auf genau diese Jugendlichen hofft, die dann hoffentlich gut ausgebildete Facharbeiter sind! (Beifall bei der FPÖ.)

16.48

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Koza. – Bitte.