17.29

Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minis­ter! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen! Kollege Wurm, ich weiß schon, Norditalien hat nie stattgefunden, das ist alles erstunken und erlogen, die Million Toten, das kommt alles aus einer Paralleldimen­sion. (Abg. Wurm: Das hab ich nicht behauptet!)

Na ja, Sie haben vorhin so getan, als ob es in Wirklichkeit gar kein Problem gäbe, als ob wir weltweit nicht 38 Millionen Infizierte hätten, nicht über eine Million Tote hätten. Also Sie tun so, als ob es das alles nicht gegeben hätte. Sie tun auch jetzt so, als ob wir nicht gerade 100 Leute auf der Intensivstation hätten. Kommen Sie wieder runter vom Gas, kommen wir wieder zu den Fakten! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Die Fakten – und dafür möchte ich mich bedanken – hat der Minister dargelegt. Er hat 45 Fragen gestellt bekommen, manche davon hat er zuvor schon neunmal beantwortet. In Vorbereitung auf die heutige Sitzung habe ich mir das einmal angesehen: Es hat ins­gesamt neun parlamentarische Anfragen sowohl von der SPÖ als auch von den NEOS gegeben, die meines Erachtens allesamt vollständig beantwortet wurden, und viele, viele Fragen aus diesen neun Anfragen sind auch in der heutigen Dringlichen Anfrage drin­nen. (Abg. Belakowitsch: Dann war es eh kein Problem!) Also danke für die Zeit und – wie soll man sagen? – auch für die Geduld, das Ganze heute zum Teil ein zehntes Mal eine Stunde lang hier vorzutragen.

Die Kolleginnen und Kollegen von den NEOS tun jetzt im Social-Media-Team so, als ob hier filibustert worden wäre. – Entschuldigung, aber genau das erwarte ich mir von einem Minister, wenn er 45 Fragen plus Unterfragen gestellt bekommt, dass er diese auch an­ständig beantwortet, und das hat er getan. (Beifall bei Grünen und ÖVP.) Genauso hat er alle anderen Anfragen davor bereits anständig beantwortet.

Er hat sich auch heute und auch schon davor nicht hingestellt und gesagt, alles sei super gewesen, alles sei gut gelaufen, sie hätten alles perfekt gemacht und keiner habe einen Fehler gemacht. Ganz im Gegenteil! Dieser Minister war der erste Minister, an den zu­mindest ich mich erinnern kann, der sich hier im Hohen Haus hingestellt hat und nicht nur einmal gesagt hat: Ja, hier sind Fehler passiert, hier müssen wir besser werden. Es wurden Fehler in meinem Haus gemacht, die ich zu verantworten habe. – Das hat davor kein blauer Minister gemacht, das habe ich auch von roten Ministerinnen und Ministern in der Vergangenheit nicht erlebt und, sorry, lieber Koalitionspartner, bei euch habe ich es leider auch noch nicht allzu oft erlebt. (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.) Aber gut.

Ein Teil dieses Qualitätsbewusstseins und dieses Fehlerbewusstseins, dieser Fehlerkul­tur, ist es auch, dass man sich eben dieser Fehler annimmt, dass man sich diese ansieht und dass man dann auch entsprechend darauf reagiert. Ein Beispiel dafür ist die Neu­bewertung der Kinder in der Pandemiebekämpfung. Seit 15. September – wenn ich es jetzt richtig im Kopf habe – werden gemeinsam mit der Gesellschaft für Kinder- und Ju­gendheilkunde neue Vorgaben erarbeitet. Es geht darum, dass man Kinder nicht mehr automatisch als Kontaktpersonen der Kategorie 1 ansieht beziehungsweise sie auch nicht mehr automatisch testet, vor allem dann nicht, wenn sie unter zehn Jahre alt sind.

Ein anderes Beispiel für diese Fehlerkultur ist auch das, was wir hier am 23.9. beschlos­sen haben, nämlich eine Novellierung des COVID-19-Maßnahmengesetzes und eine Novellierung des Epidemiegesetzes, wobei es darum gegangen ist, wirklich rechtsstaat­liche Grundlagen, eine Balance zwischen persönlicher Freiheit auf der einen Seite und den notwendigen Maßnahmen für eine entsprechende Pandemiebekämpfung auf der anderen Seite zu schaffen. Das haben wir am 23.9. mit großer Mehrheit hier herinnen gemacht. Davor gab es ein entsprechendes parlamentarisches Verfahren, zwei Begut­achtungsverfahren, eine Expertenkommission wurde eingesetzt – also sorry, auch das ist eine Form von Fehlerkultur, eine Form der Herangehensweise, eine Form dessen, das aufzunehmen, was eben an neuen Erkenntnissen, an neuen Sichtweisen da ist, und dementsprechend auch darauf zu reagieren.

Den Kolleginnen und Kollegen, die sich heute hierhergestellt und gesagt haben, es gebe keine rechtlichen Grundlagen für die eine oder andere Maßnahme, sei daher gesagt: Sorry, aber am 23.9. haben wir hier genau diese rechtlichen Grundlagen mit großer Mehrheit geschaffen! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Eine letzte Bemerkung noch, weil es hier heute einmal geheißen hat, das rosa Einhorn oder – ich glaube – der rosa Elefant, der Lockdown, wird immer und immer wieder ins Spiel gebracht: Also der Minister rennt seit Wochen sozusagen durch die Gegend und sagt in jedes Mikrofon, das ihm unter die Nase gehalten wird: Wir sind meilenweit von einem Lockdown entfernt! Warum? – Er begründet das, indem er sagt: Okay, wir haben zwar steigende Fallzahlen, Infektionszahlen, aber die Kapazitäten im Gesundheitswesen sind entsprechend vorhanden, wir sind wirklich noch auf einem guten Weg, schauen wir, dass wir die Fallzahlen runterbringen! Die Einzigen, die hier herinnen und auch draußen die Bevölkerung verunsichern, seid ihr, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ, und die Kolleginnen und Kollegen von den NEOS, die ihr euch ständig hinstellt und die ganze Zeit von einem Lockdown redet und die ganze Zeit irgendwelche entsprechenden Gerüchte streut. So schaut’s aus! (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Abg. Belakowitsch: Und was hat Ministerin Schramböck gesagt?)

Das ist politisches Kleingeld der billigsten Art, das hier gewechselt wird – sorry, aber so nicht! Eine konstruktive, kooperative Oppositionsarbeit sieht meines Erachtens gänzlich anders aus. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

17.34

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Gahr. – Bitte.