11.49
Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren der Regierung! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Herr Klubobmann Wöginger hat heute in seinem Redebeitrag gemeint, dieses Budget steht auf einem soliden Fundament. Ich möchte sagen, dass dieses Budget maximal ein Drehbuch für die Serie „Pfusch am Bau“ ist; Herr Nussbaum hätte wohl kaum ein Problem, die Tragfähigkeit dieses Fundamentes infrage zu stellen.
Wenn wir uns die letzten Wochen und Monate anschauen, sehen wir, dass IHS und Wifo kaum nachkommen, die Prognosen zu ändern. Wir haben noch im Oktober von einem Minus von 6,8 Prozent gesprochen, mittlerweile sind es 7,7 Prozent, und nach dem Lockdown geht es Richtung 9 Prozent. Die Wirtschaft wird sich in den nächsten Jahren wesentlich schwächer erholen als angenommen. Von einem Wirtschaftswachstum von 4 Prozent im nächsten Jahr sind wir mittlerweile schon weit entfernt.
Was ist von der Budgetrede unseres Herrn Finanzministers eigentlich übrig geblieben? – Der Herr Finanzminister hat uns in seiner Budgetrede vor einem Monat erklärt: vorübergehend Schulden machen; wir dürfen den Wohlstand nicht auf Kosten unserer Kinder finanzieren; Schuldenleugner sind Klimaleugner; langfristig hohe Staatsschulden schaden unserer Gesellschaft; auch günstiges Geld muss zurückgezahlt werden – und, und, und. Er hat aber gemeint, wir könnten uns das leisten, weil es in den letzten Jahren eine solide Budgetpolitik gegeben habe, und es werde alles getan, um einen zweiten Lockdown zu verhindern.
Mittlerweile fragen sich aber viele Österreicher: Was wurde getan, um diesen zweiten Lockdown zu verhindern? (Zwischenruf des Abg. Obernosterer.) Wurden die Kapazitäten in unseren Spitälern erhöht? Wurde mehr Personal eingestellt? Hat es Konzepte gegeben oder gibt es Konzepte, damit unsere Schulen nicht geschlossen werden, wie es jetzt passiert? Gibt es für die Wirtschaft planbare Regeln, damit sie sich auf diese Situation einstellen kann? Warum werden Beatmungsgeräte ins Ausland verliehen, wenn der einzige Grund eines Lockdowns der ist, dass unser Gesundheitssystem überlastet werden könnte? Es sind viele Fragen, die sich stellen, es gibt darauf aber keine Antworten.
Was ist in den letzten Wochen jedoch wirklich passiert? – Wir haben den zweiten Lockdown. Es wird ein Schaden von mindestens 3 Milliarden Euro, der für die Wirtschaft eintreten wird, prognostiziert. Die Staatsschuldenquote wird von bisher angenommenen 85 Prozent auf 90 Prozent steigen, und die Wirtschaft wird wieder massiv geschädigt. Herr Finanzminister Blümel hat Figl zitiert und gemeint: „Ich bitte euch: Glaubt an dieses Österreich!“ – Ich kann Ihnen sagen: Die Österreicher glauben an dieses Land, sie glauben aber schon lange nicht mehr an diese Regierung. (Beifall bei der FPÖ.)
Die traurige Realität, die uns und vor allem unsere Zukunft einholen wird, ist, dass die Schulden von heute die Steuern von morgen sein werden – wir reden von Staatsschulden in der Höhe von 60 Milliarden Euro, die in diesen zwei Jahren die Folge der Maßnahmen dieser Regierung sein werden. Wenn man das umrechnet, sind es rund 14 000 Euro mehr pro Erwerbstätigem. Das heißt, jeder erwerbstätige Österreicher hat jetzt 14 000 Euro mehr Schulden. Man könnte damit zwölfmal die Koralmbahn finanzieren, man könnte 150 000 Einfamilienhäuser bauen: Das sind 60 Milliarden Euro, die die Regierung mit diesen Maßnahmen zu verantworten hat.
Wir könnten uns das leisten, hat unser Finanzminister gemeint, doch offensichtlich können wir es uns nicht leisten, denn die ÖVP beginnt mit einem rigorosen Sozialabbau: Noch diese Woche soll die Hacklerregelung wieder abgeschafft werden. 45 Jahre Arbeit sind für ÖVP und Grüne offensichtlich nicht genug. Die 40 bis 70 Millionen Euro, die die Hacklerregelung pro Jahr kosten würde, können wir uns offensichtlich nicht leisten.
Im Gegenzug dazu leisten wir uns aber, dass wir ab 2021 400 Millionen Euro mehr an Brüssel zahlen. Im Gegenzug dazu leisten wir uns aber, dass bis heute Großkonzerne wie Amazon und Google verschont bleiben und immer noch die großen Gewinner dieser Krise sind. Da hilft Ihr Appell, Herr Kollege Haubner von der ÖVP, sehr wenig. Amazon und Google werden die großen Gewinner dieser Krise sein und bleiben bis dato von allen Zahlungen, die sie zu leisten hätten, verschont. Das ist aus unserer Sicht der falsche Weg: heute die Kaufkraft zu reduzieren und den Leuten, die in diesem Land schwer gearbeitet und es aufgebaut haben, ihre verdiente Pension zu streichen und wegzunehmen.
Was es braucht, ist Unterstützung für die Wirtschaft und die Bevölkerung in dieser schwierigen Phase, und deshalb braucht es entsprechende konjunkturelle Maßnahmen. Ich bringe daher wieder unseren Entschließungsantrag ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Österreich-Gutschein“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, jedem österreichischen Staatsbürger Gutscheine im Wert von insgesamt 1.000.- Euro auszustellen, die bis 31. Dezember 2020 nur bei heimischen und in Österreich steuerpflichtigen Betrieben eingelöst werden können.“
*****
Das wäre eine sinnvolle Maßnahme: für die rund 7,4 Millionen Österreicher jeweils einen Gutschein in der Höhe von 1 000 Euro. Davon würden rund 2,4 Milliarden Euro wieder direkt in das Sozialsystem und als Steuereinnahmen zurückfließen. Das würde die Wirtschaft entsprechend beleben und die Kaufkraft entsprechend stärken. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)
11.55
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Michael Schnedlitz, Erwin Angerer, Peter Wurm
und weiterer Abgeordneter
betreffend "Österreich-Gutschein"
eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 1, Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (408 d.B.): Budgetbegleitgesetz 2021 (440 d.B.) in der 62. Sitzung des Nationalrats (XXVII.GP) am Dienstag, 17. November 2020
Die Maßnahmen der Bundesregierung im Zuge der Coronakrise führen zu einer historischen Wirtschaftskrise. Mehr als 1,8 Millionen Menschen haben in den letzten neun Monaten ihre Arbeit verloren oder haben durch die Kurzarbeit deutliche weniger Einkommen. Zigtausende Wirtschaftstreibende haben ebenfalls ihre Einkommensgrundlage verloren. Und mit all diesen Menschen auch ihre Familien!
Die österreichische Wirtschaft ist am Boden, zigtausende Betriebe wurden zwangsgeschlossen. Ob viele Betriebe, Gastronomiebetriebe, Touristiker, Handwerker, aber auch Dienstleister die Corona-Maßnahmen der Regierung wirtschaftlich überleben, darf angezweifelt werden. Dass die Auftragslage plötzlich wieder in die Höhe schießt, ist unwahrscheinlich. Sämtliche Wirtschaftsforscher prognostizieren eine schwere Rezession. Hand in Hand mit einer drohenden gigantischen Pleitewelle geht der Konsumschock. Die österreichischen Familien und die heimischen Wirtschaftstreibenden haben nichts von Versprechungen. Von Hoffnung allein können sie nicht leben, sie brauchen jetzt
konkrete Hilfe und Sicherheit.
Wenn wir die massiven Pleitewellen abfedern wollen und die Kaufkraft stärken, braucht es schnelle Maßnahmen, die möglichst viele Menschen erreichen und besonders schnell die Kaufkraft österreichischer Familien stärken. Jeder Österreicher und jede Österreicherin - etwa 7,4 Millionen Menschen - soll völlig unabhängig vom Alter einen sogenannten Österreich-Gutschein in der Höhe von 1.000.- Euro erhalten. Für eine vierköpfige Familie sind das 4.000.- Euro.
Von dieser unbürokratischen Soforthilfe für österreichische Familien und heimische Betriebe in Höhe von rund 7,4 Mrd. Euro, die Arbeitsplätze sichert, die Wirtschaft ankurbelt und somit natürlich indirekt auch dem Sozialsystem zugutekommt, fließen rund 2,5 Mrd. Euro direkt in Form von Steuereinnahmen zurück in den Bundeshaushalt.
In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten daher nachstehenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
"Die Bundesregierung wird aufgefordert, jedem österreichischen Staatsbürger Gutscheine im Wert von insgesamt 1.000.- Euro auszustellen, die bis 31. Dezember 2020 nur bei heimischen und in Österreich steuerpflichtigen Betrieben eingelöst werden können."
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Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.
Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Angela Baumgartner. – Bitte.