21.46

Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (NEOS): Herr Präsident! Sehr geschätzte Frau Bundesministerin für Justiz! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Über viele Jahre bekam das Parlament Justizbudgets vorgelegt, die für den Rechtsstaat und die Justiz in diesem Land nichts Gutes brachten. Diese Budgets haben die Justiz permanent unter Druck gesetzt, weil schon am Beginn jedes Budgetjahres klar war: Das geht sich never ever aus.

Was war das Ergebnis dieser notorischen Unterfinanzierung? – Weil schlicht kein Geld da war, hatten wir zeitweise Aufnahmestopps für Rechtspraktikanten. Als das dann zu Protesten führte, hat man ein paar Milliönchen aus dem Posten für Büromaterial zusam­mengekratzt, um so den Justizbetrieb einigermaßen aufrechtzuerhalten. Die Justiz hatte mit diesen ständigen Einsparungspfaden beim Personal massiv zu kämpfen, vor allem auch im Bereich Kanzleipersonal. Urteile und Ladungen wurden nicht abgefertigt. Dazu kommen fehlende Sachverständige und Dolmetscher.

Das wirkt sich immer noch aus, auch wenn wir heute vor der erfreulichen Tatsache stehen – und ich will wirklich herzlich gratulieren, dass das gelungen ist –, dass man da den Umschwung geschafft hat. Das Budget für die Justiz ist also mittlerweile so ausge­stattet, dass der laufende Betrieb finanziert werden kann, ohne dass Rücklagen aufge­löst werden müssen, ohne dass man Rückgriff auf externe Finanzierungen nehmen muss. Die Folgen dieser notorischen Unterfinanzierung sind aber immer noch zu spüren.

Ich kann von Fällen berichten – und das sind keine Einzelfälle –: Beispielsweise ist bei einem Tiroler Bezirksgericht seit März 2019 ein Verfahren zur Bestellung eines Erwach­se­nenvertreters anhängig. Bis dato ist es noch nicht einmal gelungen, einen einst­weiligen Erwachsenenvertreter zu bestellen – und das hat Folgen. Das hat massive Folgen, weil es in dem Fall Gläubiger gibt, die von der betroffenen Person etwas wollen. Solange das Verfahren nicht abgeschlossen ist und entweder kein Erwachsenen­vertreter bestellt wird und diese Person wieder ihre vollen Rechte hat oder eben einer bestellt wird, gilt eine Exekutionssperre und können Forderungen nicht einbringlich gemacht werden. Das ist ein unzumutbarer Zustand, da muss sich etwas ändern.

Auch wenn dieser Reformstau derzeit aufgelöst wird, wird es doch ganz wichtig sein, das Augenmerk darauf zu legen, dass es Standard bleibt, dass die Justiz wirklich die Finanzierung erhält, die sie braucht.

Die Justiz hat eine ganz massiv wichtige Funktion für unsere Gesellschaft, und ich möchte dies anhand von Zahlen kurz darstellen, damit einmal die Relationen klar wer­den. In der medialen Öffentlichkeit wird Justiz hauptsächlich mit Strafrecht konnotiert; rein zahlenmäßig, und ich würde auch meinen, von der Qualität her, ist aber der zivilrechtliche Bereich viel wichtiger. Wenn man sich die Geschäftsfälle anschaut, die jährlich bei Gericht anfallen, sind circa 510 000 im Jahr 2019 Zivilsachen, 600 000 Außer­streitsachen und demgegenüber nur 80 000 Strafsachen.

Das heißt also, diese zivilrechtliche Funktion ist enorm wichtig für das Funktionieren der Gesellschaft. Nicht umsonst ist die Justiz in der Architektur der Verfassung neben der Legislative und der Exekutive eine eigene Säule. Das heißt, es darf nie wieder dazu kommen, dass wir uns leisten und erlauben, die Justiz unterzufinanzieren.

Wir NEOS stehen da immer zur Verfügung, damit wirklich genügend Geld da ist. Es soll aber nicht nur beim Geld bleiben – das ist Voraussetzung dafür, dass wir dann auch offensive, aktive Justizpolitik im inhaltlichen Bereich machen können. Im Budgethearing war es erfreulich, von Herrn Sektionschef Kathrein zu hören, dass für das nächste Jahr eine Novelle zum Kindesunterhaltsrecht geplant ist. Das ist ganz wichtig, weil es teilweise sehr, sehr aufwendige und komplizierte Verfahren gibt, bei denen die Menschen viel zu lange auf Entscheidungen warten müssen. Das kann man sicherlich schon viel einfacher gestalten. Da gibt es also jede Menge zu tun.

Frau Bundesminister, wir NEOS stehen bereit. Wir helfen mit, wir sind aktive Unterstützer einer modernen, einer effizienten Justiz. Ich hoffe, dass Sie dieses Angebot annehmen, und bedanke mich für die Aufmerksamkeit. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Fischer.)

21.50

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist die Frau Justizministerin. – Bitte.