15.19

Abgeordneter Alois Schroll (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Ja, eines ist ganz klar: Wir reden seit gestern, wir reden heute und wir werden noch die nächsten Tage über ein Budget reden, das es so nicht geben wird, das auf sehr wackeligen Beinen steht, und klar ist, dass angesichts der höchsten Arbeitslosenzahlen in der Zweiten Republik – alle zusam­mengefasst, also auch jene, die in Kurzarbeit sind, weit über 600 000 Menschen in Österreich – ein mutiges, ein kräftiges Konjunkturpaket nötig sein wird, um die Wirtschaft zu stärken, aber natürlich auch, Frau Ministerin, um Arbeitsplätze zu schaffen und diese auch zu erhalten. Das ist ganz, ganz wichtig.

Ganz wichtig dabei ist auch, dass nicht einzelne Bereiche übersehen werden, und ein ganz großer Bereich – eigentlich der größte und Konjunkturmotor Österreichs – sind die 2 095 Gemeinden. Diese Gemeinden, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, wurden seit dem 14. März von den Regierungsparteien hier im Hohen Haus leider Gottes verges­sen – heuer vergessen und auch im Budget 2021 vergessen. Die Bedeutung der Ge­meinden kann man gar nicht hoch genug einschätzen, wenn man weiß, was die Gemein­den und ihre über 200 000 Beschäftigten in Österreich leisten.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, ich kann nur eines sagen – auch mein Kollege Andi Kollross hat es schon ein paarmal angesprochen –: Beim Programm, das wir hier beschlossen haben, bei dem wir auch mitgestimmt haben, dem kommunalen Inves­titionsprogramm, dem Kommunalinvestitionsgesetz – dem Hilflosenpaket, wenn man es so nennen möchte –, zeigen die Zahlen doch alles. Wir haben uns die Zahlen vor zwei bis drei Wochen angesehen, und bis dato wurden von 1 Milliarde Euro nur 42 Millionen Euro abgerufen. Das zeigt genau das, was wir von Anfang an gesagt haben: Diese 1 Milliarde Euro kommt bei den Gemeinden nicht an! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

Die meisten Gemeinden haben nämlich eine negative Finanzspitze und können daher nicht das Geld aufbringen, das für die Kofinanzierung der Projekte, für die der Bund diese 1 Milliarde Euro zur Verfügung gestellt hat, nötig ist. (Zwischenruf des Abg. Brandweiner.) Ich kann nur sagen, dass ich als Bürgermeister folgende Erfahrung gemacht habe: Die Gemeinden sind jetzt wirklich auf Notstrom heruntergefahren worden, und wenn man irgendwo Notstrom einsetzt, ist es auch ganz, ganz wichtig, dass man schaut, dass man die Reparatur angeht. Das ist aber heuer nicht passiert, und es ist auch im Budget für nächstes Jahr leider Gottes nicht vorgesehen.

Frau Ministerin, vielleicht können Sie den Herrn Finanzminister fragen, ob er § 72 der niederösterreichischen Gemeindeordnung, Allgemeine Haushaltsgrundsätze, kennt. Gemäß diesem Paragraphen ist nämlich jede Bürgermeisterin, jeder Bürgermeister dazu aufgerufen und auch verpflichtet, den Haushalt ausgeglichen zu budgetieren. (Zwischen­ruf bei der ÖVP.) Wie soll das passieren? Wie soll das funktionieren?

Liebe, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, ich kann nur noch einmal an alle appel­lieren – es sitzen so viele Bürgermeisterkolleginnen und -kollegen hier –: Auch unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den 2 095 Gemeinden wissen nicht, wie sie jetzt den Nachtragsvoranschlag gestalten (Zwischenruf des Abg. Hörl) und den Voranschlag machen sollen. Da können Sie ruhig schreien, Herr Kollege, es wird auch Ihre über 1 500 Bürgermeisterkollegen in Österreich betreffen, denn was sagt Bürgermeister Nagl aus Graz oder was sagt der Bürgermeister aus Lustenau? – Es ist nicht mehr zu finan­zieren! (Neuerlicher Zwischenruf bei der ÖVP.)

Ich kann nur eines sagen, und ich bitte euch alle, darüber nachzudenken: Stellen Sie sich einmal vor, es gibt kein Geld mehr, mit dem die Gemeinden die Wasserversorgung und die Wasserentsorgung aufrechterhalten können, es gibt keinen Platz mehr für ihre Kinder im Kinderhort, in der Krabbelstube, in der Schule und vieles mehr. Wir haben Hallenbäder zu erhalten, wir haben Rettungen, Feuerwehren, wir haben die Müllent­sorgung. Stellen Sie sich vor, wir können nicht einmal mehr unsere Liebsten, unsere Familienmitglieder beerdigen, weil die Gemeinden das nicht mehr finanzieren können. (Ruf bei der ÖVP: Geh bitte!) – Willkommen im Jahr 2021: auf Gemeindeebene eine Katastrophe mit Anlauf!

Ich kann nur sagen: Wenn ich als Bürgermeister – das gilt wahrscheinlich für viele Kollegen hier – so budgetieren würde, dann wäre ich wahrscheinlich die längste Zeit Bürgermeister gewesen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

15.23

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Beratungen zu diesem Themenbereich sind somit beendet.

Ich bedanke mich bei der Frau Wirtschaftsministerin.