17.58
Abgeordnete Mag. Martina Künsberg Sarre (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Zuerst einmal: Hut ab, Herr Minister Faßmann, dass zumindest Sie als Einziger in dieser Bundesregierung letzten Samstag bis zum Schluss dafür gekämpft haben, dass die Schulen offen bleiben, gemeinsam mit vielen Expertinnen und Experten, mit der Coronakommission, die sich auch gegen die Schließung ausgesprochen hat, mit den Oppositionsparteien und auch mit den Bildungsreferenten der Länder. Wie wir sehen, hat das aber nichts genützt, weil offensichtlich nur einer in dieser Bundesregierung etwas zu sagen hat, nämlich der Bundeskanzler.
Wenn ich mir das Bildungsbudget anschaue, dann sehe ich: Es ist mutlos und visionslos. Es ist eine Fortschreibung des Bestehenden, und bis auf die von Frau Kollegin Hamann gerade angesprochenen und großgemachten 235 Millionen Euro für die Digitalisierung ist de facto nichts Neues da. (Abg. Salzmann: Geh! ... ist komplett neu!)
Die Digitalisierungsoffensive – ich glaube, darin sind wir uns alle einig – kommt jetzt, also im nächsten Jahr, weil die Not durch Covid so groß war. Diese Zeit hat uns vor Augen geführt, dass die Digitalisierung in Österreich verschlafen wurde. Sie können jetzt sagen, das waren die vorigen Regierungen, aber man muss in solch einer Krise ja ein bisschen lernen, in die Gänge kommen und an Tempo zulegen.
Diese Vergangenheitsaufzählung, was in den Sechzigerjahren und in den Siebzigerjahren im Bildungsbereich passiert ist, nützt uns heute nichts, sondern wir müssen in die Zukunft schauen – und das habe ich in Ihrem Redebeitrag auch vermisst, Frau Kollegin Hamann. Die Krise macht vieles deutlich, die Bildungsschere geht auseinander, und dagegen ist im Budget überhaupt nichts abgebildet. Es gibt kein zusätzliches Förderprogramm, es gibt kein Angebot für verschiedene Schülergruppen, wie die Maturanten, die nicht wissen, wie es weitergeht. Das gilt auch für die Jugendlichen, die jetzt die Pflichtschule abschließen, und viele andere Kinder mehr.
Wir bräuchten Investitionen, ich sage nur das Stichwort Lüftung – das ist in anderen Ländern bereits angekommen, in Österreich, glaube ich, noch nicht. Da ist überhaupt nichts vorgesehen, obwohl Sie sechs Monate Zeit gehabt hätten, etwas auf die Beine zu stellen, auch aus den Erfahrungen des Frühlings zu lernen, was wir brauchen und was wir dringend umsetzen sollen.
Was haben Sie gemacht? – Es gibt 15 Millionen Euro für Desinfektionsmittel und Masken. Das ist gleich viel Geld, wie für das Projekt 100 Schulen, das einmal ein grünes Prestigeprojekt gewesen ist und jetzt im Ministerium unter Forschungsprojekt läuft, vorgesehen ist. Wir brauchen mehr als 100 Schulen, und wir brauchen auch mehr als 15 Millionen Euro für Schulen mit besonderen Herausforderungen. Das wird jetzt noch deutlicher.
Da es die Grünen und auch die ÖVP hier so schmerzt, dass sie nicht mehr oder nicht Mitglied der neuen Wiener Stadtregierung sind, habe ich Ihnen auch etwas mitgebracht. In Wien – und es ist gut, dass Pink, dass NEOS dabei ist – wird es in den nächsten Jahren jährlich 120 Millionen Euro mehr für Bildung geben. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Es wird das größte Schulentwicklungsprogramm geben, es wird viel in Unterstützungs- und sozialpädagogisches Personal investiert. Der Fokus liegt auf Elementarpädagogik, nicht nur im quantitativen, sondern vor allem im qualitativen Ausbau. Um Ihnen den Vergleich zwischen diesen 15 Millionen Euro für 100 Schulen und dem, was wir jetzt in Wien machen werden, zu zeigen, habe ich Ihnen etwas mitgebracht.
Da sehen Sie den Unterschied (eine Tafel mit einem Säulendiagramm, dessen eine Säule mit „Türkis-Grün“ und dessen andere Säule mit „Rot-Pink“ beschriftet ist, in die Höhe haltend): jährlich 120 Millionen Euro gegenüber 15 Millionen Euro, die im Bund für Brennpunktschulen ausgegeben werden. (Zwischenruf bei der FPÖ.) Ich glaube, das ist ein Beitrag aus Wien dazu, die Bildungsschere zu schließen oder in den nächsten Jahren zumindest zu verkleinern.
Jetzt noch eine kurze Anmerkung zu den Schulschließungen – Kollege Taschner wird sich jetzt wahrscheinlich gleich wieder auf den Weg machen, um mich tatsächlich zu berichtigen, weil ja die Schulen nicht geschlossen sind (Zwischenrufe bei der ÖVP) –: In den Schulen findet kein Unterricht statt, und die Schulen sind nicht offen. Wenn Sie die Bevölkerung fragen, wie sie das wahrnimmt, werden Ihnen ganz, ganz viele Menschen sagen, die Schulen sind nicht offen. (Beifall bei den NEOS. – Ruf bei der ÖVP: Das wurde falsch vermittelt! – Zwischenruf des Abg. Martin Graf.)
Es ist auch eine Haltungsfrage, welchen Stellenwert Bildung für Kinder und Jugendliche in diesem Land hat – und da hätten wir uns auch von den Grünen mehr erwartet, die nämlich nicht für Bildung einstehen, sondern zusätzlich noch die Aussagen des Bundeskanzlers wiederholen und sogar verteidigen. Letztes Jahr haben sie plakatiert: „Wen würde die Bildung wählen?“ (Ruf bei der FPÖ: Die Grünen sicher nicht mehr!) – Also ich glaube, die Grünen ganz sicher nicht mehr. (Beifall bei NEOS und FPÖ sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)
Andere Länder machen es vor: Sie haben in der Covid-Krise dieselben Probleme wie wir, sie fahren aber nur das öffentliche Leben herunter und lassen die Schulen offen – Irland zum Beispiel –, selbstverständlich mit Sicherheitsmaßnahmen wie Masken und einer gelingenden Teststrategie. Von beidem sind wir an den Schulen sehr, sehr weit entfernt, obwohl wir das seit Monaten fordern.
Ich glaube, Sie alle werden mir zustimmen, dass die Kinder echte Helden in dieser Krise sind. Wir haben ihnen schon sehr, sehr viel zugemutet und wir muten ihnen im Moment auch wieder ganz, ganz viel zu. Genau deswegen wäre es verantwortungsvoll und zukunftsorientiert, hier auch Geld in die Hand zu nehmen und ein Paket aufzusetzen, das auch den Kindern und Jugendlichen und nicht nur den anderen Lebensbereichen hilft, weil diese Kinder nämlich diejenigen sind, die die ganze Zeche, die jetzt quasi aufgenommen wird, zurückzahlen werden. Ich glaube, es wäre anständig, da auch ein gutes Paket aufzusetzen. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.)
Ich möchte auch noch zum Wissenschaftsbudget etwas sagen – wir NEOS loben ja immer, wenn etwas gut ist, und das möchte ich auch tun –: Es ist gut, dass die Universitäten und auch die Fachhochschulen so viel mehr Geld bekommen. Das ist wirklich gut. Was wir weniger erfreulich finden, ist, dass es eine neue technische Universität in Oberösterreich geben wird. Das ist offensichtlich vor jeder Landtagswahl in Oberösterreich jetzt Usus: Zuerst gibt es eine medizinische Fakultät, dann gibt es eine technische Universität. Die Frage ist, was dann bei der übernächsten Wahl noch geplant ist. Das finden wir sehr, sehr spannend. Ein Bundespolitiker und ein Landespolitiker werden sich am Telefon sicher wieder etwas einfallen lassen. (Zwischenruf des Abg. Pöttinger.)
Wir reden immer davon, dass wir im Wissenschaftsbereich international mithalten wollen, international aufschließen wollen, auf Augenhöhe mit ganz, ganz wichtigen Wissenschaftsstandorten sein wollen – und dann kommt eine neue Universität auf diese Weise quasi zur Welt. Das ist international unüblich. Ich glaube auch nicht, dass das in dieser Community gutgeheißen wird.
Was außer Streit steht, ist, dass wir einen Fokus auf Innovation, Technologie und Digitalisierung brauchen und dass wir auch einen IT-Fachkräftemangel haben. Das steht außer Streit.
Es geht darum, ein Standortkonzept zu entwickeln, bei dem einmal geschaut wird, was es gibt, wo Synergien gehoben werden können, wo Lücken sind – und erst dann soll es einen Standort geben. Es geht nicht, dass der Standort festgelegt ist und man dann alles andere rundherum baut.
Ein kurzes Wort noch zum Budget der Grundlagenforschung: Das steigt nicht so proportional wie die zusätzlichen Mittel für die Einrichtungen, das ist schade. Ich habe das im Budgetausschuss schon gesagt. Wir NEOS glauben, dass das wichtig wäre, weil Wettbewerb natürlich Innovation bringt und für Forschungseinrichtungen wichtig ist. Wir finden, dass das nicht sehr ambitioniert ist.
Auch die Mittel für die Nationalstiftung laufen Ende des Jahres aus. Da gibt es im Regierungsprogramm den Plan, den Fonds Zukunft Österreich zu etablieren. Da ist man vermutlich nicht wahnsinnig weit, was man daran erkennen kann, dass die Forschungseinrichtungen eine Petition auf den Weg gebracht haben, mit der der Finanzminister aufgefordert wird, diesen Fonds Zukunft Österreich endlich umzusetzen und auch zu dotieren.
Ich würde Sie also bitten, diesbezüglich auch mit dem Finanzminister zu reden und entsprechend Druck zu machen, damit die Forschungseinrichtungen Planbarkeit für nächstes Jahr haben. – Danke. (Beifall bei den NEOS.)
18.07
Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Sibylle Hamann zu Wort gemeldet. (Zwischenruf bei den NEOS.) – Sie kennen die Bestimmungen der Geschäftsordnung. Bitte.