9.06

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Guten Morgen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, Zuseherinnen und Zuseher! Be­vor ich auf das Frauenbudget etwas näher eingehe, möchte auch ich eine Klarstellung vornehmen: Sexuelle Belästigung von Männern gegenüber Frauen, verbale Attacken, Gewaltattacken von Männern gegenüber Frauen, von Politikern gegenüber Politikerin­nen sind absolut intolerabel, sind nicht zu tolerieren. (Beifall bei SPÖ und NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.) Ich appelliere an unsere Verantwortung als Vorbilder – als Politikerinnen, als Politiker –, dass wir das einfach nicht mehr zulassen. (Beifall bei SPÖ, ÖVP, Grünen und NEOS.)

Frau Bundesministerin, die Budgeterhöhung ist wirklich gut, allerdings geht die Hälfte der Erhöhung in die Zeitverwendungsstudie, die ungefähr 1 Million Euro oder etwas mehr kosten wird. Das heißt, es sind nicht 2,5 Millionen Euro, sondern nur 1,3 Millionen Euro mehr an Budget. Wie gesagt, das ist gut, aber für ein Krisenbudget lange nicht genug. Ich glaube, Frau Bundesministerin, ein Coronakrisenbudget müsste auch für so ein kleines Budget wie das Frauenbudget viel deutlicher und höher ausfallen.

Sie wissen es alle: Seit Johanna Dohnal, seit 1990, sind Frauenministerinnen diejenigen, die sich überall einmischen, sind diejenigen, die fordern, sind diejenigen, die für Frauen und ihre Rechte kämpfen. Sie aber, Frau Bundesministerin, sind sehr, sehr leise, was das anlangt. Wir hören eigentlich nie, dass Sie kämpfen, dass Sie fordern. Sie sind eigentlich nie bei den Pressekonferenzen dabei, bei denen es so wichtig wäre, dass dort die Hälfte der Bevölkerung mitgenannt wird, mitgenommen wird (Zwischenruf bei der ÖVP), dass für die Hälfte der Bevölkerung, für uns Frauen, jemand das Wort ergreift – die Männer machen es nämlich nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Ministerin, gerade in dieser Coronapandemie ist es so wichtig (Zwischenruf des Abg. Sieber), dass Sie die Stimme erheben. Die Mehrfachbelastung von Frauen, die steigende Zahl von Gewalttaten, auch die Verzweiflung der Einrichtungen, die den Frauen nicht gut genug helfen können – dazu höre ich, dazu hören wir nichts. Sie können aber mit dem Finanzminister sprechen, Sie können sich budgetär ja auch einmischen, Frau Ministerin!

Es wäre so wichtig, dass die einzelnen Ministerien endlich auch einmal benennen, wie viel Geld sie wofür ausgeben – für die Männer und die Frauen. Wir müssten dazu kom­men, dass jedes Ressort das auch monetär, geldlich, darstellt, was die Ausgaben an­langt. Dann wüssten wir, ob es ein Ungleichgewicht zwischen den Ausgaben für Männer und den Ausgaben für Frauen gibt – nicht, dass mehr Geld für Frauen als für Männer ausgegeben werden soll, aber Genderbudgeting, wie es so schön heißt, ist wichtig, und wir sind verpflichtet, es auch anzuwenden.

Daher bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „um­fassendes Gender Budgeting umsetzen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufge­for­dert, ein umfassendes Gender Budgeting umzusetzen, insbesondere

 - Durchführung einer geschlechtsspezifischen (Wirkungs-) Analyse der Förderungen und Leistungen der Covid-19-Hilfen sowie des Konjunkturpakets;

 - Einsetzen der WFA bereits bei der Konzeption von Regelungsvorhaben;

 - Eine Verknüpfung von Maßnahmen mit Ressourcen;

 - Erarbeitung einer umfassenden Gleichstellungsstrategie und stärkere Ex-ante Koordi­nation der Ressorts;

 - Schließen der Datenlücke und Erhöhung der analytischen Kompetenzen der Res­sorts.“

*****

Frau Ministerin, werden Sie bitte lauter für uns Frauen! (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

9.10

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek,

Genossinnen und Genossen

betreffend umfassendes Gender Budgeting umsetzen

Eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 11.) Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (380 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2021 (Bundesfinanzgesetz 2021 – BFG 2021) samt Anlagen (449 d.B.) in der 62. Sitzung des Nationalrates am 19. November 2020 – UG 10 Frauen und Gleichstellung

Seit dem Jahr 2009 verpflichtet Art. 13 Abs. 3 B-VG „Bund, Länder und Gemeinden bei der Haushaltsführung die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern anzu­streben“ und bildet die rechtliche Grundlage für die Implementierung von Gender Bud­geting. Mit dem In Kraft-Treten des Bundeshaushaltsgesetzes 2013 wurde die Berück­sichtigung des Ziels der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern bei der Erläuterung von Zielen, Strategien und Wirkungen im Strategiebericht (§14 Abs. 2 BHG 2013), der Wirkungsorientierten Folgenabschätzung (§ 17 Abs. 1 BHG 2013), der Er­stellung der Angaben zur Wirkungsorientierung auf Untergliederungs-, Globalbudget-und auch Detailbudgetebene (§ 41 Abs. 1 und 2 sowie § 43 BHG 2013) sowie der Berichtslegung über die Ergebnisse des Wirkungscontrolling (§ 68 Abs. 5 BHG 2013) verbindlich festgelegt.1

Dennoch spielt die Gleichstellung von Frauen und Männern in der Gesamtausrichtung des vorliegenden BVA-E 2021, dem Budgetbericht 2021 und dem Strategiebericht 2021   2024 so gut wie keine Rolle. In ihrer Budgetanalyse hält die Arbeiterkammer Wien in diesem Zusammenhang fest: „Es fehlt an einer gleichstellungspolitischen und ressort­übergreifenden Gesamtstrategie, an einer Zuordnung von konkreten Budgetmitteln zu den Gleichstellungszielen und -maßnahmen sowie an detaillierten Darstellungen ge­schlechtsspezifischer budgetärer Auswirkungen.“ 2

Auch der Budgetdienst des Parlaments kritisiert seit langem die fehlende Berücksich­tigung von Gender Budgeting bei der Budgeterstellung und unterstreicht diese Mängel auch in einer ausführlichen Anfragebeantwortung „Gender Budgeting: Fortschritte und Herausforderungen“ 3.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufge­fordert, ein umfassendes Gender Budgeting umzusetzen, insbesondere

-         Durchführung einer geschlechtsspezifischen (Wirkungs-) Analyse der Förderun­gen und Leistungen der Covid-19-Hilfen sowie des Konjunkturpakets;

-         Einsetzen der WFA bereits bei der Konzeption von Regelungsvorhaben;

-         Eine Verknüpfung von Maßnahmen mit Ressourcen;

-         Erarbeitung einer umfassenden Gleichstellungsstrategie und stärkere Ex-ante Koordination der Ressorts;

-         Schließen der Datenlücke und Erhöhung der analytischen Kompetenzen der Ressorts.“

1 Anfragebeantwortung des Budgetdienstes der Parlamentsdirektion „Gender Budgeting Fortschritte und Herausforderungen“ vom 4. Dezember 2019

2 Zu spät, zu wenig, nicht ausreichend fokussiert. Budgetpolitik in der Corona-Krise. Analyse des BVA 2021 und darüber hinaus; Working Paper Reihe der AK Wien, 2020

3 Budgetanalyse 2021 des Budgetdienstes der Parlamentsdirektion

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Pfurtscheller. – Bitte.