10.35

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Werte Kollegin Zopf, ich glaube, Sie haben zu viele Bergtouren gemacht, sonst hätten Sie nämlich mitbekommen, dass die Geschäfte und der Handel gesperrt sind. (Beifall bei Abgeordneten von FPÖ und SPÖ.)

Es geht auch nicht um Bergtouren, es geht hier um den österreichischen Arbeitsmarkt, und der österreichische Arbeitsmarkt ist von dieser Bundesregierung mutwillig kaputt gemacht worden, meine Damen und Herren.

Interessant war jetzt schon auch, aus dem Mund einer ÖVPlerin, die sich hierherstellt, zu hören: Na, wenn man beim Arbeitslosengeld die Ersatzrate erhöht, dann würden ja auch die mehr kriegen, die vorher mehr verdient haben! – Ja, das ist so, aber das entspricht einem Leistungsgedanken. Ich weiß nicht, der ist bei euch offenbar verloren gegangen. Euch ist es nicht mehr wichtig, dass die Leute Leistung erbringen, euch ist es auch nicht mehr wichtig, dass ihr die Leute dazu anregt und dass ihr den Leuten Mut gebt, etwas zu leisten. Ihr wollt sie nur noch zu Almosenempfängern und Bittstellern degradieren. Das ist das, was ihr seit Monaten in diesem Land macht, und das ist der Grund, warum es in diesem Land so ausschaut! (Beifall bei der FPÖ.)

Wissen Sie, Frau Minister – jetzt komme ich zu Ihnen, denn es zahlt sich gar nicht aus, sich so lange mit Kollegin Zopf auseinanderzusetzen (Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP) –, wir sind in einer ganz veritablen Krise. Wir haben fast eine halbe Million Arbeitslose, wir haben Hunderttausende in der Kurzarbeit, und die Situation wird ja nicht besser. Wir haben jetzt einen zweiten sogenannten harten Lockdown, und das Einzige, was von Ihnen kommt, ist ein freundliches Lächeln. Ich sage es Ihnen ehrlich, Frau Minister, man kann diese Krise nicht weglächeln, und wenn auf den Hinweis, dass es innerhalb einer Woche 7 000 zusätzliche Arbeitslose gibt, Ihre Antwort lautet: Na ja, 1 400 haben wir jetzt eh als Contacttracer untergebracht!, na Entschuldigung, was sollen sich denn da die Arbeitslosen in diesem Land denken?

Glauben Sie tatsächlich, dass sich das jetzt alles stabilisieren wird? Denken Sie doch bitte darüber nach, was im nächsten Jahr noch passieren wird! Die Arbeitslosenzahlen werden explodieren! Wenn wir heute in einem Jahr hier stehen, dann werden wir uns alle nur noch wundern, was in diesem Land abgeht. Wir haben die höchsten Arbeits­losenzahlen seit Beginn der Zweiten Republik, und das Einzige, was Ihnen einfällt, sind Almosen, die Sie an die Leute verteilen wollen. Das funktioniert nicht.

Dann stellt sich die Kollegin her und sagt, wir sollen im österreichischen Handel einkaufen. – Ja, das würden wir gerne, aber der Handel muss sperren! Sie machen einen zweiten Lockdown, Sie sperren den Leuten ihre Existenz! Sie machen die Menschen in diesem Land kaputt, und das alles, ohne dass Sie über Alternativen nachdenken, ohne dass Sie ihnen Ersatzmöglichkeiten geben. Sie wollen die Leute schlicht und einfach nur zu Bittstellern degradieren. (Beifall bei der FPÖ.)

Es sind im heurigen Jahr fast 10 Prozent weniger junge Menschen, die eine Lehre begonnen haben. Wissen Sie, was das heißt? – Seit Jahren kommt gerade aus dem Bereich der Unternehmer die Klage, es gibt zu wenig Facharbeiter. Anstatt dass Sie es fördern, dass wir weiterhin Lehrlinge ausbilden – das sind nämlich die Facharbeiter der Zukunft –, ist die einzige Antwort der Bundesregierung: Na, wer jetzt keine Lehrstelle findet, für den finden wir irgendwo schon noch einen Schulplatz, denn beim Home­schooling ist es eh egal! – Das ist doch der Zugang, den Sie haben. Ihnen sind doch die Bürger da draußen vollkommen egal! Sie denken doch nicht 1 Minute darüber nach, was das jetzt wieder für die österreichische Bevölkerung bedeutet und wie verzweifelt viele Menschen jetzt schon sind. Sie haben nicht nur weniger Einkommen, sie haben mehr Stress, sie haben Homeschooling.

Und was Sie noch gemacht haben, Frau Minister: Letzte Woche im Sozialausschuss haben Sie sich hingestellt und haben ganz groß verkündet: Wenn jetzt wieder die Schulen gesperrt werden, dann gibt es den Rechtsanspruch auf Sonderbetreu­ungs­zeiten für alle! – Was haben Sie gemacht? – Sie sperren auf der einen Seite die Schulen, sagen aber gleichzeitig, die Schulen sind eh offen. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Es gibt keinen Unterricht in den Schulen, meine Damen und Herren (Abg. Salzmann schüttelt den Kopf) – da können Sie den Kopf schütteln, so viel Sie wollen. Sie machen den Leuten das Leben zur Hölle. Sie wollen, dass die Kinder zu Hause bleiben. (Abg. Salzmann schüttelt neuerlich den Kopf.) – Na dann sperren Sie die Schulen auf und machen Sie Unterricht! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Salzmann.)

Und hören Sie mit diesen Taschentricks auf! Das ist doch ein Wahnsinn, was Sie hier machen! Sie machen den Kindern die Zukunft kaputt (Abg. Salzmann schüttelt den Kopf), Sie nehmen unseren Kindern die Bildung!

Wissen Sie eigentlich, was das bedeutet? – Das ganze letzte Semester sind die Jugend­lichen daheim gesessen. Jetzt sitzen sie seit den Herbstferien wieder daheim. Es gibt keinen definitiven Unterricht. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Salzmann.)

Diese jungen Leute sollen in wenigen Monaten oder in einigen Jahren vielleicht eine Matura abschließen, sie sollen in den Beruf einsteigen – Sie nehmen ihnen jegliche Chancen. Sie nehmen ihnen Monate der Bildung, Sie nehmen ihnen Lebensjahre, meine Damen und Herren von der ÖVP! Und da gehen Sie drüber wie nichts, das ist Ihnen vollkommen egal, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Und jetzt noch ein Wort zu Ihrer Arbeitsstiftung: 700 Millionen Euro für die Arbeitsstiftung aufgeteilt auf zwei Jahre – ja, das sind 350 Millionen Euro für Umschulungen, aber, wissen Sie, bei so vielen Arbeitslosen ist das ein Tropfen auf den heißen Stein, und noch habe ich nicht einen erlebt, der damit großartig glücklich und zufrieden war.

Wir haben zahlreiche E-Mails von Leuten bekommen, die sich in den Bereich der Pflege umschulen lassen wollten – ein wichtiger Beruf, der ja auch immer wichtiger werden wird, auch ein Beruf mit Zukunft, durchaus etwas Positives. Und was schreiben uns diese Leute? – Sie schreiben uns, sie fallen aus allen Systemen raus, sie sind teilweise nicht einmal mehr sozialversichert.

Wir konfrontieren Sie damit im Sozialausschuss, und was war Ihre Reaktion? – Nichts. Schweigen. Sie haben nicht reagiert. Es interessiert Sie eigentlich gar nicht – und das ist das Problem. Sie nehmen den Leuten ja auch den Mut, sich umschulen zu lassen, weil Sie sie auf der Strecke lassen. Viele wissen eigentlich nicht mehr, wie sie sich dann das tägliche Leben werden leisten können, weil sie rausfallen, weil Ihre Bestimmungen so komisch gemacht sind, dass jemand, der sich auf einer FH zum Pfleger ausbilden lässt, überhaupt aus allen Systemen rausfällt, wenn sich jemand hingegen in einer Krankenpflegeschule umschulen lässt, dann kriegt er etwas.

Sagen Sie das den Leuten vorher oder reparieren Sie das endlich! Sie wissen es jetzt seit Wochen. Wir haben es Ihnen in den Ausschüssen schon mehrmals gesagt, aber bis heute ist dieses Problem aufrecht.

Frau Minister, so kann man keine Arbeitsmarktpolitik machen. Was Sie hier machen, ist der Todesstoß für den Arbeitsmarkt. Sie sind wirklich der Todesengel des Arbeits­marktes. (Beifall bei der FPÖ.)

10.41

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Abgeordnete Salzmann zu Wort gemeldet.

Ich darf noch einmal darauf hinweisen und darum bitten, die Masken einzustecken und nicht auf dem Pult liegen zu lassen. – Danke schön.