10.50
Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Zuerst einmal zu Kollegin Salzmann, die sich unter dem Vorwand einer tatsächlichen Berichtigung hier herausstellt und eine lupenreine Rede hält (Ruf bei der FPÖ: Das ist ein Wahnsinn!) und offensichtlich als ausgebildete Juristin nicht imstande ist, die Geschäftsordnung des Nationalrates zu lesen. Der Herr Präsident hat leider ein bisschen weggehört und nicht so genau wahrgenommen, dass da jemand die Geschäftsordnung für einen Redebeitrag ausgenützt hat. (Beifall bei NEOS, SPÖ und FPÖ.)
Nun zum Arbeitsmarktbudget: Die Covid-Krise beschleunigt Veränderungsprozesse, sie verändert den Arbeitsmarkt massiv und nachhaltig. Wenn wir ins Budget hineinschauen, dann sehen wir, dass 60 Prozent der Ausgaben des Gesamtbudgets für Arbeit und Soziales eigentlich in strukturerhaltende und nicht in strukturverändernde Maßnahmen fließen. Drei von vier zusätzlichen Euros im Arbeitsmarkt- und Sozialbudget in Summe gehen in die Pensionen – drei von vier Euros gehen in die Pensionen, also dorthin, wo wir eigentlich keine Krise haben – und in den Arbeitsmarkt – dorthin, wo wir die Krise haben – fließt nur ein Bruchteil! (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Aschbacher.) Und selbst aus dem Arbeitsmarktbudget geht dann wieder ein großer Brocken in die Pensionsversicherung, nämlich aus den Teilversicherungsbeiträgen. Wir schubsen also mehr Geld aus dem Arbeitsmarktbudget in die Pensionsversicherung als in die Kurzarbeit fließt.
Geschätzte Damen und Herren vor den Fernsehgeräten, wenn Sie glauben, da wird viel Geld für den Arbeitsmarkt in die Hand genommen, dann muss ich Ihnen sagen, das ist nicht der Fall. Den Löwenanteil fressen immer die Pensionen auf. Um die Menschen, die sich auf dem Arbeitsmarkt befinden und die das Steuergeld erwirtschaften, mit dem wir diesen Staat erhalten, geht es immer erst in zweiter Linie. (Zwischenrufe der Abgeordneten Lausch und Wurm.)
Die Arbeitslosenzahlen nähern sich der 500 000er-Marke, und das ist ja erst der matte Anfang. Der zweite Lockdown wird seine Folgen erst zeigen, die Stellenabbauprogramme werden weitergehen und der dritte Lockdown steht ante portas, so wie die Regierung vor sich hinstolpert und von Woche zu Woche überlegt, was sie vielleicht noch machen könnte. Das heißt, wir werden von heute weg in einem Jahr bei den Arbeitslosen näher an der Millionengrenze als an den 400 000 sein (Abg. Wurm: Leider!), und da müsste man sich fragen: Was kommt da? – Aber kein Hilfspaket kann das je ausgleichen, was Sie kaputt machen.
Das, was die Regierung macht, ist nämlich nicht die berühmte Politik von „The Hammer and the Dance“, denn dann hätte man im März einmal den Hammer ausgepackt und müsste sich jetzt vorsichtig durch die Krise balancieren. (Abg. Wurm: ... nur Hammer!) Sie machen: Hammer (mit geschlossenen Händen einen Hammerschlag darstellend) und auf (die geschlossen gehaltenen Hände nun weit öffnend), Hammer und auf (neuerlich die beschriebenen Bewegungen darstellend) und im Februar dann noch einmal Hammer und noch einmal auf (ein weiteres Mal die beschriebenen Bewegungen darstellend) – das kann kein Unternehmen überleben! Bei Amazon und Zalando knallen wöchentlich die Sektkorken – wöchentlich! –, und sie warten schon auf die nächste Pressekonferenz (Zwischenruf des Abg. Vogl); eigentlich könnten sie täglich Sekt saufen.
Es gibt zwar jetzt eine Arbeitsstiftung mit 700 Millionen Euro, aber wir wissen nicht einmal genau, was mit dem Geld gemacht wird. Es wird daher auch kein Wirkungscontrolling geben können, da man nicht im Vorhinein gesagt hat, was man mit den 700 Millionen Euro erreichen will. Das ist eine nette Zahl, die im Budget steht, aber mehr ist es nicht.
Was Sie machen, ist strukturkonservierend. Es wird Geld für Kurzarbeit ausgegeben. Damit erhalten wir Stellen, die es schon gibt, aber eigentlich müsste das Ziel sein, jene Menschen, die in Kurzarbeit sind, wieder in echte Vollzeitstellen zu bringen. Da passiert nichts! 450 Euro Bonus kriegt jemand, der in der Arbeitslosigkeit bleibt. Eigentlich müssten wir diesen Bonus auch dann zahlen, wenn einer aus einer Kurzarbeitsstelle in eine nicht staatlich geförderte Vollzeitstelle wechselt und das Risiko eines Jobwechsels auf sich nimmt – den müsste man mit 450 Euro belohnen, denn der entlastet die Staatskasse viel mehr als jener, den man mit viel Geld lange in der Kurzarbeit hält.
Kollege Koza hat den Neustartbonus gelobt: Der Neustartbonus ist eine Teilzeitförderung, und er wird das verstärken, was wir bei den Frauen schon haben, nämlich die Teilzeitfalle. Diese Förderung für Teilzeitjobs ist genau das Falsche.
Wenn wir auf die Veränderung schauen, die wir erleben: Jeder arbeitet jetzt öfter von zu Hause aus, wenn nicht überhaupt ständig. Die Regeln für das Homeoffice, die Sie angekündigt haben, brauchen länger als die Impfstoffentwicklung. Für den März haben Sie uns neue Regeln zum Homeoffice angekündigt. Ich hoffe ja, dass wir dann in der Krise schon ein Stück weiter sind – aber in der Arbeitsmarktkrise werden wir nicht weiter sein. Sie haben einen Leitfaden zum Homeoffice online gestellt: Geschätzte Bürgerinnen und Bürger, wenn Sie sich diesen durchlesen, lernen Sie zum Beispiel, dass Sie ihr Homeoffice so einrichten sollen, dass Sie nicht über eine Leiter zum Arbeitsplatz gehen! – Also solch wertvolle Tipps stehen da drinnen, und dafür brauchen wir ein Arbeitsministerium; wenigstens brauchen wir nicht viel Budget für den Leitfaden.
Sie haben auch noch angekündigt, dass man die Sonderbetreuungszeit jetzt auch mit der Kurzarbeit kombinieren kann. Dass Sie damit dem Missbrauch Tür und Tor öffnen, fällt Ihnen gar nicht auf, nämlich dass man jetzt die Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken kann und in Sonderbetreuungszeit, weil man eigentlich null Arbeit für sie hat. Dazu macht man mit ihnen 50 Prozent Kurzarbeit aus und diese Kurzarbeit deckt man vier Wochen lang mit Sonderbetreuungszeit ab, die man frei vereinbaren kann. Solche Missbrauchsdinge fallen Ihnen gar nicht auf! Dafür wird das Steuergeld ausgegeben, aber nicht für die Transformation der Wirtschaft und für das Schaffen neuer Arbeitsplätze. (Beifall bei den NEOS.)
10.55
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Loacker, ich habe nicht weggehört! Sie können es auch im Protokoll nachlesen, dass ich sie darauf hingewiesen habe, dass es keine tatsächliche Berichtigung ist und sie das anders formulieren müsse.
Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Sieber. – Bitte.