12.41

Abgeordnete Pia Philippa Strache (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frauen Ministerinnen! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Es ist der dritte Tag der Budgetdebatte. Anstrengende Tage liegen hinter uns, sicher auch anstrengende Tage für die Zuseherinnen und Zuseher. Eines muss man festhalten: Valide Zahlen habe ich im Budget in kaum einem Bereich gefunden, auch nahe an der Realität war es nicht gerade. Ich glaube schon, dass es wahnsinnig schwie­rig ist, weil die Zeit einfach eine sehr herausfordernde ist, aber trotzdem muss man gerade in so einer Krise situationselastisch sein.

Eine Krise, wie Österreich sie derzeit erlebt, eine Krise, wie die ganze Welt sie derzeit erlebt, fordert eben nicht nur dazu auf, die besten Köpfe eines Landes an einen Tisch zu bringen, in meinen Augen verlangt sie auch danach. Ich denke, es ist einfach nicht klug, personelle Ressourcen liegen zu lassen, nur weil es da vielleicht eine andere politische Haltung gibt. Ich denke, vielen Menschen hier im Hohen Haus ist er bekannt: 2016 hat er sich aus dem Dienst als Budgetsektionschef zurückgezogen, nachdem er mit seiner Bewerbung zum Rechnungshofpräsidenten gescheitert ist – meiner Meinung nach war da nichts anderes als eine politische Absprache dahinter, und es war eigentlich für viele Leute eine Überraschung, dass er es nicht geworden ist –, kein anderer verkörpert Budget mehr, kein anderer hat mehr Know-how, wenn es um den Bereich Haushalt und Budget geht, auch in so einer Ausnahmesituation, denke ich. Es wäre wohl niemand besser in der Lage, wirklich valide, brauchbare Zahlen zu dieser Krise zu liefern als Gerhard Steger. 

Bevor wir jetzt wieder anfangen, irgendwie politisch zuzuordnen, möchte ich nur ganz kurz Folgendes festhalten: Er war unter schwarzen Ministern tätig, er war unter einem blauen Minister und unter einem roten tätig, also man könnte sagen, es ist schon ein bissl ein Mix da. Wem das immer noch nicht genug ist: Er ist jetzt überhaupt in der Privatwirtschaft. Ich glaube, in einer Krise kann man so viel Größe zeigen, dass man sagt: Okay, den können wir vielleicht doch als unpoli- - oder unparteiisch – unpolitisch wird er nie sein, aber unparteiisch – gelten lassen.

Eine Krise erfordert und verlangt eben überparteiliches Denken. Keine Krise und keine Pandemie dürfen ein politisches Mascherl bekommen. Sollte er bereits als Experte hinzugezogen worden sein – ich habe nachgeschaut, ich habe leider nichts dazu gefunden –, falls dem also so ist, fände ich es super, falls nicht, wäre es vielleicht einfach gut – keine Ahnung; man muss ja seine Meinung nicht einfließen lassen –, ihm zumin­dest einmal zuzuhören.

Die Kurzarbeit möchte ich lobend erwähnen, das ist in der Gesamtheit wirklich super. Sie ist auch ein wirklich wichtiger Baustein für den Joberhalt. Die Arbeitslosenzahlen sind dennoch erschreckend. Ich denke, auch mit den vielen Maßnahmen, die im ersten Lockdown getroffen wurden, ist nichts anderes passiert, als einen künstlichen Stau­damm zu errichten. Ich glaube, dass er brechen wird, ich gehe ziemlich sicher davon aus, weil jetzt der zweite Lockdown auch nichts anderes macht. Ich denke, dass wir spätestens im Jänner oder eben im Frühjahr eine totale Arbeitsmarktkrise oder -katastrophe haben werden.

Ein Konjunkturprogramm erkenne ich ein bisschen, dieses fehlt mir aber eigentlich in der Gesamtheit im Budget. Ich habe heute schon die Worte gehört: Mut und Zuversicht – das sind ganz starke Worte, und das sind auch Worte, die es in einer Krise unbedingt braucht. Man kann das auch mit Worten machen, das funktioniert ganz gut, bloß eben nicht für immer und vor allem nicht für die Unternehmerinnen und Unternehmer in diesem Land und für die betroffenen Familien in diesem Land. Diese brauchen mehr Motivation, und da muss es ein Konjunkturprogramm geben, das Arbeit schafft.

Ich möchte noch etwas sagen: Familien sind gerade deswegen von der Krise besonders hart getroffen, weil es in den Bereich der Bildung geht. Es geht auch in den Bereich der Gewaltprävention. Gerade viele Kinder sind von Armut oder eben Gewalt betroffen. Man kann auch eines sagen – ich habe nach nachhaltigen Statistiken gesucht, habe jedoch leider keine gefunden –: Man muss auch die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern differenziert betrachten. Da sind nämlich beide gleichermaßen reingerutscht, wobei es eine Tendenz gibt, die jetzt schon klar erkennbar ist, und zwar, dass Frauen einfach in die klassischen Rollenbilder zurückgedrängt werden – und das darf einfach nicht mehr sein.

Im ersten Lockdown hat man etwas Schönes gesagt: systemrelevante Berufe. Das betraf zum Großteil Frauen. Daher haben viele Frauen ihren Beruf behalten, aber genauso viele Frauen arbeiten in Teilzeit und haben ihren Job verloren. Das trifft dann auch wieder Familien, weil es gerade alleinerziehende Mütter betrifft.

Jugend ist auch ein großer Bereich. Ich denke, dass mit dem gestern erwähnten Ansatz der Pflege die Pflegelehre als Form der dualen Ausbildung wirklich wichtige Anreize schafft, das schafft, was Österreich dringend braucht, und das sind Arbeitsplätze. Das packt in Wahrheit noch ein Problem an, nämlich die Pflege, weil die Pflege selbst immer mehr zum Pflegefall wird. Ich hoffe auch, dass man sich da am Schweizer Modell orientiert. Die Schweizer haben es schon 2004 geschafft, wir jetzt.

Momentan gibt es in der Coronakrise eine erhebliche Belastung im Arbeitsalltag. Auch darauf hätte man einzelne Berufsgruppen besser vorbereiten können, denke ich. Eine gute Arbeitsmarktpolitik, auch eine gute Familienpolitik und eben eine Politik, die sich wirklich mit dem durchschnittlichen Österreicher und der durchschnittlichen Österreiche­rin befasst, ist da wichtig.

Expertise ist nichts Geschlechterspezifisches. Deswegen braucht es an einem Tisch zur Beratung Expertinnen und Experten, denn ich habe nicht den Eindruck, dass da Experten sitzen, die den Alltag leben, die Alltagserfahrung mitbringen. Bei vielen Verord­nungen habe ich den Eindruck, dass die Situation eben nicht durch eine Frauenbrille oder eine Familienbrille betrachtet wurde. (Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen.)

Es gibt im Englischen eine Phrase: Wer nicht mit am Tisch sitzt, der steht auf der Speisekarte. Ich denke, ein Großteil der Österreicherinnen und Österreicher fühlt sich verraten und fühlt sich eben genau so. Ich glaube, das ist kein fairer Umgang in dieser Krise. – Danke. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.48

Präsidentin Doris Bures: Zu den Untergliederungen Arbeit sowie Familie und Jugend liegt mir nun keine Wortmeldung mehr vor. Damit erkläre ich die Beratungen über diese Themenbereiche für beendet. – Danke (in Richtung Bundesministerin Aschbacher), Frau Ministerin.