19.03

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Mitglieder der Bundesregierung! Wir kommen zum Bezügegesetz und zu den Erhöhungen von Politikergehältern zurück. Geendet hat das in der vorhergehenden Debatte mit einem Märchen von Herrn Klub­obmann Kickl. Jedenfalls hat Frau Präsidentin Bures vorhin festgestellt, dass es sich bei dem, was er vorgetragen hat, um ein Märchen handelte.

Ich habe kurz nachgeschaut, was Märchen bedeutet. Ein Märchen ist prinzipiell etwas nicht Wirkliches und findet immer eher in einer wunderbaren oder abstrakten Welt statt. Der Ort und die Zeit sind unbestimmt und werden nicht näher erläutert. (Abg. Kickl: Da haben Sie nur den ersten Teil gehört! Das tut Ihnen weh!) Dem Helden wird eine Aufgabe gestellt, die er im Verlauf der Geschichte lösen muss. Das gelingt auch immer. Glauben Sie, Herr Kollege Kickl, dass Sie der Held dieses Märchens waren? Oder waren Sie vielleicht das Gegenteil – was in Märchen auch immer vorkommt – davon? – Das könnte leicht sein. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Hafenecker.)

Meine Damen und Herren, die letzten Monate waren für uns alle in Österreich eine ganz besondere Herausforderung, und ich glaube, jeder hier in Österreich musste einen wichtigen Beitrag leisten. Der eine war mehr, der andere weniger von dieser Krise betroffen, auch viele Politikerinnen und Politiker hatten extrem viel zu tun. Für uns war es ein Jahr, das so intensiv war wie kaum ein anderes Jahr zuvor. Heute findet unsere 75. Plenarsitzung im Jahr 2020 statt. So viele Plenarsitzungen hat es in den vergangenen Jahren kaum gegeben. Wir haben auch 234 Ausschusssitzungen gehabt.

Wie schaut es nun mit den Gehältern von Politikern aus? Eine kurze Einleitung, vor allem für die Zuseherinnen und Zuseher: 1997 gab es eine große Umstellung des Bezü­gegesetzes für Politiker. Ausgangspunkt war der Nationalrat, und daher widme ich mich auch dem Nationalrat, nach dem auch alle anderen Einkünfte bemessen waren. Ein Nationalrat erhielt damals, im Jahr 1998, 7 267 Euro. Im Jahr 2020 bekommt er 9 092 Euro, brutto  das sei dazugesagt, weil ja auch so manche Geschichten in der Öffentlichkeit kursieren.

Die Steigerung der Politikerbezüge betrug somit in den letzten Jahren 21,4 Prozent, die Inflation 48,5 Prozent. Die Wertminderung gegenüber der Inflation betrug 27,1 Prozent. Wenn man sich die Steigerung der Tariflöhne von 1998 bis 2020 anschaut, so betrug die Erhöhung der Tariflöhne 69 Prozent, was eine Wertminderung der Politikerbezüge um 47,6 Prozent bedeutet.

Meine Damen und Herren, wir haben in den vergangenen Jahren sehr oft eine Situation gehabt, in der es für die Bevölkerung schwierig zu verstehen war, dass Politiker auch eine Gehaltserhöhung bekommen. Daher wurden diese Gehälter in den vergangenen 26 Jahren 14-mal nicht erhöht. Seit 1994 wurde also die volle Abgeltung der Inflation immer ausgesetzt. Politikwissenschaftler Hubert Sickinger hat das vor drei Jahren als eine „populistische Selbstentwertung der Politik“ bezeichnet.

Wir stehen aber nicht an, in diesen Zeiten auch ein Symbol setzen, da es für alle schwierig ist. Die Mitglieder der Bundesregierung bis zum Klubobmann haben sich bereit erklärt, auch im nächsten Jahr eine Gehaltserhöhung nicht in Anspruch zu nehmen, sondern diese auszusetzen. August Wöginger und Sigi Maurer haben daher einen entsprechenden Antrag eingebracht, mit dem wir betreffend diese Politikergehälter im nächsten Jahr wieder die Inflationsanpassung aussetzen wollen.

Meine Damen und Herren, ich glaube, heute vergleicht eh niemand mehr ein Politiker­gehalt mit dem eines Vorstandsvorsitzenden eines börsennotierten Unternehmens. Dagegen ist wahrscheinlich sogar der Bundespräsident ein Armutschkerl. Vielleicht lassen sich Politiker aber mit Beamten vergleichen. Da komme ich auf die Einleitung zurück: Bis 1997 war es so, dass der höchste Beamte das gleiche Gehalt wie ein Nationalratsabgeordneter hatte. Heute ist dies vollkommen auseinandergebrochen: Der Sektionschef verdient heute um 23,2 Prozent mehr als ein Nationalratsabgeordneter, sein Stellvertreter verdient um 700 Euro mehr, und die Abgeordneten sind sozusagen nun auf Ebene drei der Beamten angelangt.

Ist es also Populismus, was wir hier tun, oder ist es der Krise geschuldet? – Ich glaube, in einer gewissen Form ist es beides, wenn ich mir erlauben darf, das so zu sagen. Wichtig ist, dass unsere Arbeit wertschätzend ist, wichtig ist, dass unsere Arbeit nämlich für uns selber wertschätzend ist, dass wir für die Menschen da sind. Wenn wir gegenüber uns selber nicht wertschätzend sind, so vertreten wir die Menschen auch nicht in dem Sinne, wie wir das gerne wollen. Daher heißt es für mich: Verantwortung zu übernehmen statt Verantwortungslosigkeit zu zelebrieren, wie das vonseiten der FPÖ heute darge­stellt wurde. Es heißt, Rücksicht auf die Personen zu nehmen, die einer Rücksichtnahme bedürfen, statt Rücksichtslosigkeit zu propagieren. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

19.09

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Scherak. – Bitte.