11.53

Abgeordneter Michel Reimon, MBA (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege von der FPÖ hat es richtig gesagt, das BVT spielt in der europäischen Unterliga der Geheimdienste. Und warum ist das so? – Weil die anderen Geheimdienste kein ausreichendes Vertrauen haben. Die formalen Verträge werden eingehalten, was die österreichischen Geheimdienste an Information bekommen müssen, bekommen sie, aber sehr viel mehr bekommen sie freiwillig nicht. (Abg. Belakowitsch: Was sind die österreichischen Geheimdienste? Was reden Sie?)

Wenn man sich auf europäischer Ebene umhört, versteht man auch, warum das so ist: Da gab es eine Durchsuchung des BVT, ausgelöst vom Innenministerium, da gab es Berichte darüber, was alles unsicher ist. (Abg. Belakowitsch: Sie fangen ja schon falsch an!) Man will ihnen möglichst wenig geben und arbeitet mit ihnen wenig zusammen. Das Vertrauen in die Geheimdienste, in den österreichischen Geheimdienst ist in den letzten Jahren vollkommen verloren gegangen. (Zwischenruf des Abg. Schrangl.) Es wird die Aufgabe des Innenministers sein, das in den nächsten Jahren wieder aufzubauen, und es wird nicht leicht, denn man muss auch gegen einen Haufen Vorurteile ankämpfen.

Sie dürfen nicht das Politikbild Österreichs in der Vergangenheit vergessen. Genau in der Zeit, über die wir reden, gibt es ein Ibizavideo, in dem die halbe Republik verscherbelt werden sollte. Und den Geheimdiensten, die von dieser Partei aufgebaut worden sind, sollte man dann Geheiminformationen geben? – Das wird man nicht tun

Was es noch verschärft hat, ist der Sturm auf das Kapitol in den USA. Das löst natürlich wieder ein Bewusstsein dafür aus, welche Bedrohungen, welche Gefährdungen es für die europäischen Demokratien gibt. Ich meine, sagen wir es, wie es ist: Wir haben zwei große Bedrohungsszenarien, das sind rechtsextremer Terrorismus und islamistischer Terrorismus. Ein BVT, von dem man erwartet, dass es unterwandert ist, das irgendwie zwielichtig sein könnte und dem man keine Informationen über rechtsextremen Terroris­mus anvertrauen sollte, wird ausgeschlossen. Das ist die Verantwortung der FPÖ. Wir kriegen deswegen auch weniger Informationen über islamistischen Terror, und auch das ist die Verantwortung der FPÖ.

Jetzt frage ich mich eines – Herbert Kickl sitzt in diesem Plenum in der ersten Reihe, und wenn nur irgendwo ein Halbsatz zum Thema Sicherheit kommt, dann brüllt er durch die Gegend –: Wo ist der Herr Ex-Innenminister (Beifall bei Grünen und ÖVP) bei der gesamten Diskussion zum Thema Sicherheit, Terrorismus, seinem Versagen und seiner Gefährdung? (Zwischenruf der Abg. Steger.) Ich habe mich extra bei der Präsidentin erkundigt, ob er heute entschuldigt und vielleicht krank ist. Er versteckt sich irgendwo hier im Haus und traut sich nicht zu der Diskussion betreffend seine Verantwortung zu gehen. Einen Minister kann man herzitieren, ich wäre dafür, dass wir jetzt einmal alle den Herrn Ex-Innenminister auffordern – es gibt noch einen Redner nach mir, Sie haben 10 Minuten –: Kommen Sie doch her, treten Sie ans Rednerpult vor das Plenum und legen Sie Rechenschaft über das ab, was Sie im BVT angestellt haben und wie Sie die österreichische Republik gefährden! (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Herr Ex-Innenminister, haben Sie den Mut, vor das Plenum zu treten und sich zu erklären oder sind Sie ein Feigling, der sich hier im Haus versteckt? Das frage ich Sie jetzt. (Zwi­schenruf der Abg. Steger.)

Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, ich habe Sie jetzt akustisch nicht genau verstanden. Ich werde mir das Protokoll holen lassen. Wenn es das ist, was ich gehört habe, wird das ein Ordnungsruf werden. – Sie sind am Wort.

Abgeordneter Michel Reimon, MBA (fortsetzend): Das ist hier das Thema. Auf eines möchte ich noch eingehen: Die Art und Weise, wie die Diskussion geführt wurde, ist ja das Problem. (Abg. Belakowitsch: Sie haben schon falsch mit dem ersten Satz an­gefangen!) Ich habe versucht, jetzt auch auf die europäische Dimension hinzuweisen. Es hat eine europäische Dimension, und die gesamte Diskussion hier wird nur innen­politisch genutzt. (Zwischenruf des Abg. Amesbauer.) Natürlich ist dieser innenpoliti­sche Missbrauch dieses Themas genau der Grund, warum diese Daten nicht geliefert werden. Wir sollten damit seriöser umgehen. Wir sollten auch hier im Hohen Haus eine seriösere Debatte führen.

Ich hätte mir auch gewünscht – sage ich ganz ehrlich –, dass eine Aktuelle Europastun­de nicht für eine solche innenpolitische Debatte genutzt wird, sondern dass Europapolitik diskutiert wird. (Zwischenruf der Abg. Steger.) Ich hätte mir wirklich gewünscht, dass man sozusagen in Fortsetzung der Sozialdebatte, die wir davor gehabt haben, hier auch noch einmal eine europäische Sozial- und Arbeitsmarktdebatte führt. Wir sind immerhin in dem Quartal, in dem wir hoffentlich aus dieser Coronakrise herauskommen und im nächsten durchstarten können. Die portugiesische Ratspräsidentschaft macht im Mai einen großen Sozialgipfel. Es geht darum, wie Europa startet. Ich hätte mir wirklich ge­wünscht, dass die SPÖ diese Gelegenheit nützt und eine Arbeitsmarktdebatte führt. Das brauchen wir gerade auf europäischer Ebene. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.57

Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter (in Richtung Abg. Schnedlitz, der die Hand hebt und in Richtung eines Mikrofons in der ersten Sitzreihe geht), ich habe noch eine andere Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung.

Herr Abgeordneter Scherak hat sich zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet. – Bitte.

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