14.22

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Kollege Höfinger, das ist kein Gemeindehilfspaket, das ist ein Gemeindebelastungspaket (eine Tafel mit einer Grafik und der Überschrift „Aus­wirkungen auf die Ertragsanteile der Gemeinden“ auf das Rednerpult stellend), und das ist verantwortungslos, was Sie hier machen. (Beifall bei FPÖ und SPÖ.)

Ich werde Ihnen auch erklären, warum das ein Gemeindebelastungspaket ist: Ein Kredit ist immer eine Belastung, und Sie belasten die Gemeinden damit auf Jahre im Voraus und schwächen so deren Investitionsfähigkeit in der Zukunft – und das ist der falsche Weg. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zum kommunalen Investitionspaket auch noch ein Wort – ich glaube, Sie haben es auch so verstanden, Sie versuchen nur, es jetzt umzudrehen –: Kommunales Investitionspa­ket hat geheißen, man will der Wirtschaft das Geld zugutekommen lassen, man will, dass die Projekte in den Gemeinden umgesetzt werden.

Sie als Bürgermeister müssen wissen, dass das mit dem ordentlichen Haushalt, wo die 138 000 Euro Abgaben sind, überhaupt nichts zu tun hat, weil es im außerordentlichen Haushalt stattfindet oder mittlerweile im investiven Haushalt, nach unserem neuen Rech­nungswesen. Das hat mit dem ordentlichen Haushalt und den Abgaben gar nichts zu tun. – Also vergleichen Sie nicht das kommunale Investitionspaket mit dem Abgang, den die Gemeinden in den Haushalten haben!

Jetzt vielleicht ganz kurz zu dieser Grafik, die uns der Budgetdienst geliefert hat (auf diese zeigend): Da sieht man nämlich ganz genau und sehr schön, dass die Gemeinden alleine im letzten Jahr bei den Ertragsanteilen Mindereinnahmen von rund 1 Milliarde Euro haben. Natürlich haben die Gemeinden in den Voranschlägen mit einer Steigerung der Einnahmen, der Ertragsanteile gerechnet. Das heißt, wenn man die Jahre davor an­schaut, 2018 auf 2019, 2017 auf 2018, hat es natürlich immer eine Steigerung gegeben, weil ja auch die Wirtschaft gewachsen ist. Das heißt, den Gemeinden fehlt natürlich auch in ihrer Planung viel mehr Geld, da fehlen 1,5 bis 2 Milliarden Euro.

Dazu kommen noch die Ausfälle der Kommunalsteuern. Fragen Sie einmal eine Tiroler oder eine Kärntner oder eine Salzburger Gemeinde, in denen jetzt alle Gastronomiebe­triebe zugesperrt sind, wie die Einnahmenausfälle ausschauen! Da gibt es auch eine unterschiedliche Betroffenheit, genauso wie bei den Unternehmen. Da werden viele Ge­meinden noch viel größere Abgänge und Probleme haben und nicht mehr investieren können. Das ist Fakt. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Herr Kollege Kollross hat die 1,5 Milliarden Euro schon erklärt, was das bedeutet, 1 Mil­liarde Euro Kredit. Man sieht es, in den Jahren 2023, 2024, 2025 müssen die Gemeinden diesen zurückzahlen. Das bedeutet eine Belastung für die Zukunft, das ist ein Belas­tungspaket.

Zu den 400 Millionen, die Sie aufzählen: 260 Millionen wurden im letzten Jahr schon ausgezahlt. Jetzt ist der Herr Finanzminister so großzügig und sagt: Ich verlange das von den Gemeinden nicht zurück, und die 140, die wir zu viel angenommen haben, die kriegen sie noch! Also es bleiben 140 Millionen Euro für 2 000 Gemeinden übrig – Sie brauchen nicht den Kopf zu schütteln, das ist einfach ein Faktum, das kann man nicht wegdiskutieren – und zusätzlich noch 100 Millionen Euro für 1 096 strukturschwache Gemeinden. Das ist es und nicht mehr.

Wenn man heute draußen die Bevölkerung fragt – Sie können es ja gerne tun –: Was funktioniert in dem Land noch?, dann wird Ihnen jeder sagen: Die Müllabfuhr funktioniert, das Wasser ist bereitgestellt, die Schneeräumung funktioniert, die Kindergartenbetreu­ung funktioniert! – Alles, was die Gemeinden machen, funktioniert. Was funktioniert nicht in dem Staat? – Alles, was diese Bundesregierung macht. (Ruf bei der ÖVP: Genau!) Sie sind nicht in der Lage, die Wirtschaftsbetriebe in dem Ausmaß zu unterstützen, in dem sie es brauchen, Sie sind nicht einmal in der Lage, die Masken auszuschicken und zu verteilen (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der SPÖ), Sie sind nicht in der Lage, die Betten in unseren Krankenhäusern aufzustocken, weder die Intensivbetten noch die Normalbetten. – Sie sind zu nichts in der Lage! (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Wenn ich mir jetzt das Impfen anschaue: Das ist überhaupt das Beste, was ich je erlebt habe. Wir sind als Gemeinden beauftragt worden, die über 80-Jährigen zu erheben. Das hat drei Tage gedauert, dann war das in jeder Gemeinde erledigt. In Kärnten haben sich mittlerweile 26 000 über 80-Jährige zum Impfen angemeldet. Heute kriege ich ein Schreiben vom Gemeindebund (dieses zeigend), in dem Folgendes drinsteht; erstens einmal: Liebe über 80-Jährige! Ihr müsst euch alle gedulden, weil die Bundesregierung nicht in der Lage ist, den Impfstoff auszuführen! – Zweitens an die Bürgermeister: Aus diesem Grund wird auch abgeraten, weitere Anmeldungen entgegenzunehmen und dem Land oder der ÖGK weiterzuleiten! (Abg. Rauch: Ein Wahnsinn!)

Das heißt, wir sollen jetzt den über 80-Jährigen sagen: Wir können euch leider nicht mehr annehmen, ihr könnt euch bei uns nicht mehr anmelden, wir können euch zur Imp­fung nicht mehr annehmen, tut das selber! (Zwischenruf bei der ÖVP.) Bitte, liebe über 80-Jährige, rufen Sie beim Gesundheitsminister, beim Finanzminister, beim Herrn Bun­deskanzler an, aber nicht beim Bürgermeister! Die haben das verbockt. Das ist echt eine Frechheit, was da passiert ist! Sie sind nicht in der Lage, die Menschen zu impfen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Loacker: Die verzweifelten ÖVP-Bürgermeister müssen sich jetzt ...!)

Erklären Sie mir das bitte außerdem noch logistisch! Geimpft wird im Bezirk Spittal nur in der Bezirkshauptstadt, in den Geschäftsräumen der Gebietskrankenkasse. Jetzt er­klären Sie mir, wie ein betagter Mensch über 80 Jahre von Heiligenblut – da liegen zur­zeit circa 2 Meter Schnee, in den nächsten Tagen kommt noch ein bissel was dazu – kurzfristig, denn er wird kurzfristig von der GKK angerufen, nach Spittal kommen soll. Vielleicht fährt er mit dem Schülerbus – ich weiß nicht, ob der am Sonntag fährt, denn es wird hauptsächlich am Wochenende geimpft. Springen dann die 50 80-Jährigen oben in Heiligenblut in den Bus hinein, fahren gemeinsam nach Spittal, stecken sich vielleicht gegenseitig an, werden dann dort in der GKK geimpft und fahren dann wieder 2 Stunden zurück? (Ruf bei der ÖVP: Ruf zur Sache!) Wie soll denn das funktionieren? Wie soll denn diese Logistik funktionieren? Das ist undurchführbar!

Sie schreiben, Sie können die Ärzte vor Ort, die Hausärzte dafür nicht einsetzen, weil Sie es logistisch nicht schaffen. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Warum setzen Sie da nicht das Bundesheer ein? Warum setzen Sie nicht für die Verteilung des Impfstoffes das Bundesheer ein, wenn uns in diesem Land ein so schlimmer Virus angreift und die Men­schen gefährdet? (Ruf bei der ÖVP: Zum Thema!) Da müssen die Menschen mit über 80 Jahren, die kein Auto haben, Hunderte Kilometer irgendwohin fahren, wo es keinen öffentlichen Verkehr gibt, und sich dort impfen lassen. – Das stimmt, das stimmt genau! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Weidinger: Zur SPÖ schauen! Der Kaiser ...!)

Deshalb ist es einfach erforderlich, dass die Gemeinden zur Aufrechterhaltung ihrer Strukturen entsprechendes Geld bekommen. Deshalb stelle ich auch noch einmal fol­genden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Coronahilfen für Gemeinden“

Der Nationalrat beschließen wolle:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, den Ländern und Gemeinden aus den insge­samt zur Verfügung stehenden Corona-Hilfsgeldern, einen nicht rückzahlbaren finanziel­len Ausgleich für die Mindereinnahmen, die durch die von der Bundesregierung gesetz­ten Maßnahmen entstanden sind, auszuzahlen.“

*****

Ich frage Sie, Herr Minister: Was ist denn mit den Geldern, die Sie den Medien gegeben haben, über 100 Millionen Euro? Ist das auch ein Kredit? Wenn es dann besser geht, zahlen die das auch zurück? Wie ist es denn mit den Schulden, die Sie aufgenommen haben? Das sind Staatsschulden, 40 Milliarden Euro derzeit. Wer zahlt denn die zurück? Haben Sie in den nächsten Budgets eingeplant, dass Sie die zurückzahlen? Also ich habe noch kein Budget des Bundes gesehen, in dem irgendeine Schuld getilgt worden ist, die letzten 65 Jahre nicht. Wir bedienen die Zinsen, aber keine Schulden.

Und die Gemeinden sollen die Milliarde zurückzahlen?! – Das ist verantwortungslose Politik. Das sage ich euch Bürgermeistern – und auch dem Oberchef, Bürgermeister Riedl –, unseren Gemeindevertretern: Das ist verantwortungslos, was ihr mit den Ge­meinden macht! (Beifall bei FPÖ und SPÖ.)

14.30

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Erwin Angerer

und weiterer Abgeordneter

betreffend Coronahilfen für Gemeinden

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 3, Bericht des Budgetausschusses über die Re­gierungsvorlage (630 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 2017, das Einkommensteuergesetz 1988 und die Bundesabgabenordnung geändert werden (634 d.B.)

in der 79. Sitzung des Nationalrates, am 20.1.2021

Das zweite „Gemeindehilfspaket“, das von den Regierungsfraktionen als großzügige Un­terstützung für die coronakrisengebeutelten Gemeinden angepriesen wird, entpuppt sich beim genaueren Hinsehen als eine weitere Mogelpackung. Alles in allem bleiben vom großen „Gemeindehilfspaket“ tatsächlich nur 100 Millionen Euro für 1.186 strukturschwa­che Gemeinden in Österreich übrig.

Laut Finanzministerium hatten die Gemeinden im Jahr 2020, trotz der über Akontozah­lungen offensichtlich zu viel ausbezahlten Vorschüsse der Ertragsanteile in Höhe von 400 Millionen Euro, alleine in diesem Bereich Mindereinnahmen von rund 900 Millionen Euro. Hinzu kommen dann noch die Rückgänge bei der Kommunalsteuer und den sons­tigen Gemeindeabgaben, die noch gar nicht berücksichtigt sind.

Wenig erfolgreich war auch das Kommunalinvestitionspakets, von dem in rund sieben Monaten lediglich 28 Prozent der zur Verfügung stehenden 1 Milliarde Euro zur Auszah­lung gebracht wurde.

Die beiden Regierungsfraktionen schränken damit den Spielraum für Investitionen der Gemeinden auf Jahre hinaus massiv ein. Das ist nicht nur aus staatspolitischer Sicht verantwortungslos, sondern auch aus Sicht der Wirtschaft eine weitere fatale Fehlent­scheidung. Die Gemeinden, als einer der wichtigsten Investoren der regionalen Wirt­schaft, werden dadurch enorm geschwächt, was sich wiederum auf die regionale Wirt­schaft, auf Unternehmen und Arbeitsplätze auswirkt.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, den Ländern und Gemeinden aus den insge­samt zur Verfügung stehenden Corona-Hilfsgeldern, einen nicht rückzahlbaren finanziel­len Ausgleich für die Mindereinnahmen, die durch die von der Bundesregierung gesetz­ten Maßnahmen entstanden sind, auszuzahlen.“

*****

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Elisabeth Götze.

Vorher darf ich noch ergänzen, dass der Entschließungsantrag ausreichend unterstützt ist, ordnungsgemäß eingebracht ist und somit auch in Verhandlung steht.

Bitte, Frau Abgeordnete.