Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Neue Zuversicht und Vertrauen - besser aus der Krise heraus kommen“ (1221A/(E))

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung des Selbständigen Antrages 1221/A(E).

Da dieser inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich dessen Verle­sung durch den Schriftführer.

Der Dringliche Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Dringlicher Antrag

gem. § 74a Abs 1 iVm § 93 Abs 2 GOG-NR

der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Neue Zuversicht und Vertrauen - besser aus der Krise heraus kommen

Im "Covid Resilience Ranking" von Bloomberg analysiert das Unternehmen, in welchen Ländern das Virus am effektivsten und mit den geringsten sozialen und wirtschaftlichen Beeinträchtigungen bewältigt wird. Im Dezember 2020 befand sich Österreich auf Platz 41 von 54 Plätzen und hinter unseren europäischen Nachbarn, wie Finnland, Schweden oder der Schweiz. Im Mittelpunkt der österreichischen Regierungsarbeit stan­den eher Pressekonferenzen und die Inszenierung als Musterschüler, weniger die effek­tiven und treffsicheren Maßnahmen. Neben einer hohen Übersterblichkeit gab es 2020 eine vergleichsweise tiefe Rezession und sein sehr hohes Defizit in Österreich. So ist es wenig überraschend, dass mit Fortdauer der Krise Österreich in gesundheitlicher, aber auch wirtschaftlicher Hinsicht bisher sehr schlecht durch diese Zeit gekommen ist. Be­trachtet man das Dreieck der Wirtschaftspolitik (Wirtschaftsleistung, Arbeitslose und Neuverschuldung) so gehört Österreich zu den "Underperformern". Laut der OECD war der Wirtschaftseinbruch 2020 in Österreich stärker als der Schnitt der übrigen Eurolän­dern. Laut Statistikbehörde Eurostat stieg die Arbeitslosigkeit in Österreich im Vergleich zum Ausgangsniveau stärker an als in der Eurozone. Sieht man sich die Neuverschul­dung an, so gehört Österreich zu einer Gruppe von Staaten mit deutlichem Minus.

Die Bundesregierung hat zunächst auf sehr komplexe und bürokratische Hilfen gesetzt und anschließend mit überschießenden und damit nicht treffsicheren Wirtschaftshilfen auf die wirtschaftlichen Folgen der Covid-19-Pandemie reagiert. Das Letzte, was wir brauchen, ist eine Verlängerung der aktuellen Wirtschaftspolitik. Wir brauchen einen Neustart. Einen Neustart in Sachen Effektivität, Kommunikation und Transparenz. Seit Wochen wurschtelt die Regierung durch die Krise, hat im internationalen Vergleich dabei versagt, die Risikogruppen zu schützen und gleichzeitig auch noch massive Einschrän­kungen des sozialen und wirtschaftlichen Lebens verkündet. Sie kommuniziert nicht ef­fektiv und agiert nicht effizient. So kann es nicht weitergehen. Das Hü- und Hott macht müde und kostet Milliarden. Der Umsatzersatz wurde in einer raschen Aktion umgesetzt, war unbürokratisch und schnell, aber nicht treffsicher. Ansonsten waren die Wirtschafts­hilfen sehr stark schuldenlastig (Stundungen) oder sehr langsam (Fixkostenzuschuss). Es gilt nun angesichts der erneuten Verlängerung des Lockdowns, die Liquidität in den Unternehmen zu sichern: Dafür sollte man den Verlustrücktrag ausweiten und eine Ver­längerung der Stundungen bis Juni 2021 durchsetzen. Der Fixkostenzuschuss sollte gemäß des von uns vorgeschlagenen Drei-Säulen-Modells (Zuschüsse nach: 1) Art.107 Abs. 2 lit. b AEUV 2) Art. 107 Abs. 3 lit. b AUEV Absatz 3.1 des befristeten Rahmens und 3) Art. 107 Abs. 3 lit. b AUEV Absatz 3.12 des befristeten Rahmens) adaptiert und schnellstmöglich bei der EU-Kommission beantragt werden, um Unternehmen, die von der behördlichen Schließung betroffen sind, solvent zu halten. Schnellstmöglich muss die Regierung auch Vorschläge auf den Tisch legen, um Restrukturierung und Rekapita­lisierungen zu ermöglichen. Die Pandemie sowie das Hin und Her der Lockdowns haben große Schäden verursacht. Jetzt braucht es eine kurzfristige und mittelfristige Umgestal­tung der Wirtschaftspolitik in Österreich:

Kurzfristige Maßnahmen:

Liquiditätsengpass verhindern - Stundungen verlängern / Verlustrücktrag ausweiten

Die Krise zieht sich inzwischen seit fast einem Jahr hin und die Unternehmen haben durch die angeordneten Schließungen einen großen Schuldenrucksack aufgebaut. So­lange ein Normalbetrieb noch nicht absehbar ist, kann von Unternehmen nicht verlangt werden, ihre Abgaben zu bezahlen. Eine Verlängerung der Abgabenstundungen bis Ju­ni 2021 ist daher zum Erhalt der der Liquidität in österreichischen Unternehmen dringend notwendig. Eine Analyse der aktuellen Situation in unterschiedlichen Unternehmen soll der Bundesregierung in weiterer Folge helfen, jene Bereiche zu identifizieren, bei denen weitere Stundungen über den Juni 2021 hinaus sinnvoll wären. Darüber hinaus soll der Verlustrücktrag auf das Jahr 2017 ausgeweitet werden. Diese Maßnahmen könnten schnell umgesetzt werden und hätten einen unmittelbaren positiven Einfluss auf die Sol­venz der krisengebeutelten Betriebe.

Improvisierte Hilfen der Bundesregierung: Falsche Reihenfolge der Maßnahmen und eine noch immer unzureichende Ausschöpfung des bestehenden EU-Beihilferahmens

Die Bundesregierung hat auf die Krise zunächst mit sehr komplexen Hilfen reagiert (z.B. FKZ 1 im Frühling 2020) und erst sehr spät überschießende und damit nicht treffsichere Hilfen gewährt (z.B. Umsatzersatz im Herbst/Winter 2020). Ein umgekehrtes Vorgehen hätte die Liquidität der Unternehmen von Anfang an besser erhalten und eine ineffiziente Verteilung von Mitteln im letzten Moment verhindert. Diese Zeit hätte die Bundesregie­rung dann nützen können, um differenzierte Instrumente zu konzipieren, die eine an­satzweise ähnliche Abdeckung von Verlusten und damit faire Verteilung von Mitteln über die unterschiedlichen Branchen hinweg möglich gemacht hätte. Stattdessen wurde der Sommer verschlafen und lediglich dafür genutzt, ein Scheingefecht mit der Europäi­schen Kommission über die Auslegung des Artikel 107 Abs. 2 lit b AEUV (Katastrophen­artikel) zu führen. Die Rechtslage war von vornherein klar und der monatelange Streit hat zu keinen Ergebnissen geführt. Stattdessen hat sich die Bundesregierung dann kurz vor dem zweiten Lockdown für das sehr breite Instrument des Umsatzersatzes entschie­den, welches zwar leicht zu beantragen ist, aber durch dessen Ausgestaltung zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen führt. Manche Branchen sowie gewisse Unternehmen erhielten dadurch deutlich mehr als andere. Darüber hinaus wurde aus demselben Topf (max. 800.000 pro Unternehmen) der Fixkostenzuschuss 2 konzipiert. Aus demselben begrenzten Instrument soll nun auch zum Teil der neue angekündigte Ausfallsbonus ge­speist werden. Das Problem ist, dass viele Unternehmen die beihilfenrechtliche Grenze von 800.000 schon erreicht haben und nun keine Hilfe trotz längerem Lockdown bean­tragen können. Die Bundesregierung hat den eigenen Spielraum nach aktuellem EU-Recht von Anfang an schlecht genutzt und sich konsequent durch improvisierte Hilfen den eigenen Gestaltungsspielraum unnötig eingegrenzt. Priorität sollte es jetzt sein, die übrigen Instrumente zu nutzen. Die Bundesregierung soll daher bei der Europäischen Kommission einen Antrag einbringen, Hilfen nach dem Katastrophenartikel (Art. 107 Abs. 2 lit. b AEUV) zur Verfügung zu stellen. Im Gegensatz zum Sommer 2020 befinden wir uns aktuell nämlich in einem harten Lockdown, was die Voraussetzung für eine sol­che Hilfe darstellt. Die von der Bundesregierung ins Spiel gebrachte Ausweitung des aktuellen Rahmens ist mit längeren Verhandlungen auf EU-Ebene verbunden. Dieser Ansatz lässt keine rasche Änderung erwarten und kann die volle Ausschöpfung der rechtlichen Möglichkeiten nicht ersetzen.

Beratungskostenersatz

Die Vielzahl an unterschiedlichen, sich aber überschneidenden Wirtschaftshilfen und ihre mitunter sehr komplexe Ausgestaltung sorgen für große Verunsicherung bei den Unternehmer_innen in Österreich. Dadurch wird der Zugang zu diesen Mitteln vor allem für KMU - und speziell für EPU - erschwert. Zahlreiche EPU scheuen sich davor, sich an einen Steuerberater zu wenden, da sie befürchten, dass die damit einhergehenden Kos­ten die Hilfszahlungen auffressen könnten. Es sollte daher sichergestellt werden, dass diesen betroffenen Unternehmern Zugang zu einer fachkundigen Beratung ermöglicht wird. Die Ausgabe von zweckgebundenen Beratungsgutscheinen soll diese bestehen­den Hürden abbauen und einen umfassenden Zugang zu Wirtschaftshilfen sicherstellen. Darüber hinaus soll die Erstellung von Prognosen durch Unternehmen gefördert werden. Durch die tageweise Betrachtung dieser Krise durch die Bundesregierung tritt auch bei Unternehmer_innen immer mehr die Sorge nach dem täglichen Überleben in den Vor­dergrund, verbunden mit großen Zweifeln über den Umfang der angekündigten Wirt­schaftshilfen. Es sollten daher Anreize geschaffen werden, dass Unternehmer_innen sich über ihre Zukunftsaussichten beraten lassen. Die Finanzierung dieser Maßnahme soll durch die Wirtschaftskammer Österreich erfolgen. Über Jahre und Jahrzehnte haben Unternehmer_innen Beiträge gezahlt. Jetzt ist es Zeit, dass die eigene Interessensver­tretung ihren Mitgliedern schützend zu Hilfe eilt. Die Bundesregierung wird aufgefordert, hier entsprechende Gespräche mit den Vertreter_innen der Wirtschafskammer Öster­reich aufzunehmen und auf eine raschen Umsetzung hinzuwirken.

Beschleunigte Antragsbearbeitung - Kooperationen mit Finanzverwaltung prüfen, Fla­schenhals bei COFAG beseitigen

Die Bundesregierung hat bei der Abwicklung der Wirtschaftshilfen nicht nur eine intrans­parente Variante über die Blackbox COFAG gewählt. Darüber hinaus hat sich die Bun­desregierung damit gegen die Nutzung zahlreicher Kapazitäten bei der Bearbeitung der Anträge im Bereich der Finanzverwaltung entschieden. Einerseits verfügt der Bundesmi­nister für Finanzen samt nachgelagerter Dienststellen über zahlreiche Bedienstete, die gerade wegen der geltenden Stundungen weniger Arbeitsaufwand haben und somit Ka­pazitäten übrighätten. Andererseits beschäftigt die COFAG aktuell laut eigenen Angaben im Impressum lediglich 12 Mitarbeiter_innen. Es besteht daher die Befürchtung, dass hier ein unnötiger Flaschenhals entstanden ist, der damit die Abwicklung der Anträge deutlich verlangsamt und Unternehme_innen auf besorgniserregende Art und Weise schädigt. Zahlreiche Berichte frustrierter Unternehmer_innen über ausstehende Auszah­lungen unterstreichen die Notwendigkeit einer Erhöhung des Personals innerhalb der COFAG. Die Bundesregierung soll daher die eigenen Ressourcen endlich effektiv nut­zen und Wege finden, wie die vielen Mitarbeiter_innen in der Finanzverwaltung schnell zur Erledigung der aufgestauten Anträge herangezogen werden können.

Effiziente und treffsicheren Kurzarbeit

Die Kurzarbeit ist die richtige Maßnahme für gewisse Branchen; doch je attraktiver das Modell, desto mehr Unternehmen werden diese Förderung in Anspruch nehmen, was zusätzliche Kosten für das Budget bringt. Je länger Kurzarbeitsbeihilfe gewährt wird, umso größer ist auch der Anteil an Arbeitsplätzen, die strukturell schon vor der Krise problematisch waren und nicht mehr markttauglich gewesen wären. Das bedeutet, dass mit Steuergeld die Konkurrenz für gesunde Betriebe am Leben erhalten wird, was wie­derum die Gesunden schwächt. Auf der anderen Seite gehen Unternehmen, die keine Kurzarbeit ansuchen, leer aus. Daher müssen wir die Unternehmen begünstigen, die weniger Kurzarbeit in Anspruch nehmen und somit ein zielsicheres und effizientes Sys­tem schaffen. So könnten Unternehmen, die in einem hohen Maße Förderung über die Kurzarbeit nutzen, einen Aufschlag auf die Körperschaftsteuer oder Einkommensteuer für spätere Gewinne zahlen. Dieses Bonus/Malus-System hätte den Vorteil, dass der Kontrollaufwand erst nach der Krise anfällt, Unternehmen aber bereits heute keinen Anreiz haben, die Kurzarbeit „auszunutzen“. Wenn sie zu spendabel ist hält sie den Strukturwandel auf.

Mittelfristige Maßnahmen:

Fehlende Transparenz - Veröffentlichung und Analyse der vorhandenen Daten zu Wirt­schaftshilfen

Wirtschaftsforschungsinstitute wurden zwar mit einigen Studien beauftragt, diese konzentrieren sich aber hauptsächlich auf die volkswirtschaftlichen und fiskalischen Ef­fekte der Covid-19-Krise. Die Frage, ob einzelne Maßnahmen, wie der Fixkostenzu­schuss, der Umsatzersatz, der Verlustersatz oder nun der neue Ausfallsbonus treffsicher sind oder es zu einer Unter- oder Überförderung kommt, kann derzeit aber niemand be­antworten. Die Regierung gibt Milliarden aus, ist aber im Blindflug unterwegs.

Nötig wäre es daher, unabhängigen Wissenschaftler_innen Zugang zu pseudonymisier­ten Unternehmensdaten (Mikrodaten) zu ermöglichen, wie das beispielsweise die Platt­form Registerforschung seit längerem fordert, die auch vom neuen Arbeitsminister Martin Kocher in seiner Funktion als IHS-Chef unterstützt wurde. Hierbei sollte es sich nicht nur um die Förderdaten im engeren Sinne handeln, sondern auch um Daten, die erforderlich sind, um darüber hinaus die nachhaltige Wirksamkeit und Treffsicherheit der Förderun­gen zu beurteilen. Würde sich Österreich endlich an internationalen Best-Practice-Bei­spielen in Sachen Transparenz wissenschaftlicher Datenzugang orientieren, könnte eine Evaluierung einzelner Maßnahmen bereits vorab mitgeplant werden. Dies würde es der Bundesregierung auch ermöglichen, die Folgen der Krise in den unterschiedlichen Bran­chen abzuschätzen. Die Bundesregierung sollte daher Expert_innen damit beauftragen, anhand der Förderdaten und weiterer unternehmensbezogener Daten die Folgen der Wirtschaftshilfen, den weiteren Bedarf von Unterstützung in den unterschiedlichen Wirt­schaftsbereichen sowie die Auswirkungen auf das Budget 2022 zu evaluieren.

Einstellungsförderungen - Neue Arbeitsplätze ermöglichen

Die aktuelle Rekordarbeitslosigkeit macht die Debatte über Instrumente zur Förderung von neuen Arbeitsplätzen nicht nur dringend, sondern unumgänglich. Die Erfahrung aus anderen Ländern (z.B. Frankreich und Schweden) zeigt, dass Einstellungsförderungen höhere Beschäftigung mit sich bringen und die Dynamik am Arbeitsmarkt erhöhen. Solche Programme sind insbesondere gegen temporäre und unerwartete Schocks wirk­sam – genau wie die derzeitige Krise. Im Vergleich zu den unterschiedlichen Methoden der aktiven Arbeitsmarktpolitik scheinen Einstellungsförderungen die effektivste Metho­de zur Schaffung neuer Arbeitsplätze zu sein. Daher fordern wir, dass wenn Unterneh­men neue Mitarbeiter_innen einstellen, sie etwa bis zum Ende dieses Jahres nur die Hälfte der Sozialbeiträge für die neuen Stellen zahlen müssten. Die andere Hälfte soll vom Staat subventioniert werden. Hier sollten keine Nachteile bei der Bemessung von Leistungen aus der Krankenversicherung und der Pension entstehen. Angesichts der hohen Lohnnebenkosten in Österreich werden damit starke Anreize für Neueinstellun­gen gesetzt und es werden nicht nur bestehende, sondern auch junge Unternehmen und Startups unterstützt.

Entlastung des Faktors Arbeit - Perspektive für mehr Beschäftigung schaffen

Die Steuerstruktur ist in Österreich historischen gewachsen und entspricht nicht mehr den Erfordernissen der Zeit. Wir brauchen ein effizientes Steuer- und Abgabensystem; besonders der Faktor Arbeit muss entlastet werden. Nicht nur die Lohnkosten, sondern auch die Lohnnebenkosten. Die aktuelle Struktur führt zu Fehlanreizen; wir brauchen eine Steuerstrukturreform. Die hohe Steuerlast in Österreich hemmt die Beschäftigung, verschärft den Fachkräftemangel und die kalte Progression sorgt sogar jedes Jahr für automatische Mehrbelastungen.

Defizite in der Digitalisierung rasch und konsequent abbauen - Rahmenbedingungen für digitale Dienste und Geschäftsmodelle verbessern

Im Bereich der Digitalisierung gibt es in Österreich viel nachzuholen. Es braucht bessere Rahmenbedingungen für Unternehmen einerseits und andererseits den Ausbau der Digitalisierung in öffentlicher Verwaltung, Gesundheits- sowie Bildungssystem. Rang 13 im Digitalisierungsindex (Digital Economy and Society Index) und weitgehende Bedeu­tungslosigkeit in internationalen Startup-Rankings zeigen, dass es deutliches Verbesse­rungspotenzial gibt und Reformen dringend nötig sind. Fortschritte in diesem Bereich schaffen nicht nur neue Jobs, sondern modernisieren die bestehenden. Dies stärkt dabei auch die Position des Wirtschaftsstandorts Österreich. Es braucht neue Gesellschafts­formen, um einerseits eine Verbesserung des Risikokapitalmarktes herbeizuführen und andererseits Mitarbeiterbeteiligung zu ermöglichen. Das österreichische Gesellschafts­recht gehört entstaubt. Viele EU-Mitgliedstaaten haben Möglichkeiten geschaffen, Risi­kofinanzierung nach internationalen Standards zu ermöglichen - Österreich hinkt hier hinterher.

Initiativen für mehr Eigenkapital - Investitionspotential nutzen

Die Liquiditätsreserven heimischer Unternehmen sind durch die aktuelle Wirtschaftskrise stark geschrumpft. Die Höhe der Eigenkapitalquote bestimmt maßgeblich, wie robust die Finanzierungsstruktur und damit die Widerstandsfähigkeit eines Unternehmens ist. Ös­terreichische KMU verfügten schon davor - mit im Schnitt 33% - über eher niedrige Ei­genkapitalstände. Es bedarf gezielter Anreize, um die Eigenkapitalisierung und damit die Krisenfestigkeit der heimischen Wirtschaft langfristig und nachhaltig zu erhöhen. Die unterschiedliche Besteuerung von Fremd- und Eigenkapital in Österreich führt zu einem effektiven Steuervorteil einer Finanzierung durch Fremdkapital. Schätzungen des IWF zufolge führt dieser, als Debt Bias bezeichnete, Effekt zu einer Erhöhung der Fremdka­pitalquote von durchschnittlich 7% des Gesamtvermögens. Die Bundesregierung hat die Einführung von Maßnahmen zur Stärkung des Eigenkapitals im Ministerrat am 16.6. 2020 beschlossen, aber noch immer keinen konkreten Vorschlag präsentiert. Des Wei­teren braucht es eine Verpflichtung zur Bereitstellung von Finanzierungsmodellen für kleinere und mittlere Betriebe, die über die letzten Jahrzehnte einen Großteil der Steuer­last in Österreich getragen haben. Mit Krediten allein werden unsere Unternehmen ihre Engpässe nicht überbrücken können. Sie benötigen auch Eigenkapital, um kreditwürdig zu bleiben und nach der Krise wieder Investitionen tätigen zu können. Mit einem KMU Beteiligungsfonds schaffen wir die Möglichkeiten, an sich gesunde, angesichts der Krise aber in Not geratene Unternehmen, nachhaltig zu stützen. Der Fonds verschafft ihnen eine breitere Eigenkapitalbasis und damit die nötige Finanzkraft während und nach der Krise. Die Einführung eines KMU Equity Fund wurde nicht nur schon mehrfach von Neos vorgeschlagen. Frau Bundesministerin Schramböck hat einen 500 Mio Euro Fonds selbst am 10.7.2020 angekündigt, aber letztlich nie umgesetzt.

Reform der Insolvenzordnung - Sanieren statt Schließen

Aufgrund der Förderstruktur, des österreichischen Insolvenzrechts sowie der mangeln­den Kultur des Scheiterns steht uns eine Kündigungswelle bevor, die auch vieles ver­nichten wird, das nach der Krise wieder gebraucht wird. Sanierungsverfahren werden oft zu spät begonnen. Jeder Tod eines Unternehmens vernichtet Vermögen, Know-How und schafft Arbeitslose. Je früher man mit der Sanierung beginnt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit des Fortbestehens bzw. des Erfolgs. Das Insolvenzrecht in Öster­reich sollte modernisiert werden. Unternehmer_innen wissen meist am besten, wo man im Unternehmen ansetzen muss, um es nachhaltig auf Spur zu bringen. Dafür brauchen wir aber auch die rechtlichen Möglichkeiten. Es braucht daher eine Attraktivierung des Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung und rasche Umsetzung der EU-Richtli­nie 2019/1023 (RL über Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturie­rungs-, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren). Die anstehende Umsetzung der Richt­linie soll nicht nur so rasch wie möglich erfolgen. Es sollte auch darauf geachtet werden, dass den Unternehmer_innen die Möglichkeit gegeben wird, ihre Betriebe in Eigenver­antwortung und rasch sanieren zu können. Der Gedanke der zweiten Chance sollte in den Verhandlungen im Vordergrund stehen - durch einen Minimalkompromiss würde die Sinnhaftigkeit dieser Reform stark in Zweifel gezogen werden.

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen und die Bundes­ministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort, wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Stabilisierung, Restrukturierung und Rekapitalisierung des österreichischen Wirtschaftsstandortes vorzulegen. Das Maßnah­menpaket muss folgende Punkte - welche in der Begründung erläutert wurden - beinhalten:

Kurzfristige Maßnahmen:

•           Stundungen bis Juni 2021 verlängern

•           Verlustrücktrag der betrieblichen Verluste auf das Jahr 2017 ausweiten

•           Bereitstehende EU-Beihilferahmen nutzen, statt langen Debatten auf EU-Ebene

•           Beratungskostenersatz - Beantragung von Hilfen für EPU und KMU erleichtern

•           Erstellung von Prognosen durch Unternehmen fördern - Zukunftsaussichten von Unternehmer_innen klären

•           Effiziente und treffsichere Kurzarbeit

•           Beschleunigte Antragsbearbeitung - Kooperationen mit Finanzverwaltung prüfen, Flaschenhals bei COFAG beseitigen

Mittelfristige Maßnahmen:

•           Datenzugang der Wissenschaft zu unternehmensbezogenen (Förder-)Daten zur Verbesserung der Wirtschaftshilfen und uneingeschränkter Zugang der Öffent­lichkeit zu den (wissenschaftlichen) Evaluierungsergebnissen

•           Einstellungsförderungen

•           Wachstumspaket schnüren - mehr Wachstum durch Reformen:

o          Entlastung des Faktors Arbeit - Perspektive für mehr Beschäftigung schaffen

o          Defizite in der Digitalisierung rasch und konsequent abbauen - Rahmenbedin­gungen für digitale Dienste und Geschäftsmodelle verbessern

o          Initiativen für mehr Eigenkapital - Investitionspotential nutzen

o          Reform der Insolvenzordnung - Sanieren statt Schließen"

In formeller Hinsicht wird verlangt, diesen Antrag im Sinne des § 74a Abs. 1 iVm § 93 Abs. 2 GOG-NR zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu behandeln und einem der Antrags­steller Gelegenheit zur mündlichen Begründung zu geben.

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf Abgeordnetem Schellhorn als Antrag­steller zur Begründung des Dringlichen Antrages das Wort erteilen. Sie wissen, Ihnen stehen 20 Minuten zur Verfügung. Bitte.