11.35

Abgeordnete Gabriela Schwarz (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor allem: liebe Österreicherinnen und Österreicher! Ich möchte gleich daran anschlie­ßen, was Kollege Leichtfried gesagt hat: Ja, das geht nicht an! Es gehen aber auch Linksextremismus, Rechtsextremismus und Islamismus nicht an. Ich verurteile wirklich auf das Heftigste die Angriffe gegen unsere Justizministerin Alma Zadić. Ich verurteile genauso den Vergleich unseres Bundeskanzlers mit Hitler. Das geht nicht! Mein Appell an alle: Lassen Sie das bleiben! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grü­nen.)

Jetzt zum Regierungsprogramm und zu seiner Entstehung: Ich weiß nicht, wie Sie, liebe Österreicherinnen und Österreicher, das zu Hause handhaben, im Betrieb, in der Schule, wenn es darum geht, gemeinsame Ziele zu entwerfen, zu entwickeln und dort hinzugelangen. Da werden Standpunkte dargelegt, da wird diskutiert – mehr oder weni­ger heftig, mehr oder weniger lang. Wir haben das alles erlebt. Letztendlich steht aber am Ende das Ziel, dass alle Beteiligten mit dem Ergebnis, mit der Lösung gut leben können. Diesen Weg geht man am besten mit einem klaren Kopf, mit einem geraden Rücken und mit einem offenen Herzen. Ich denke, das haben sowohl die neue Volks­partei als auch die Grünen in diesem Prozess gemacht.

Wir sind gemeinsam diesen Weg gegangen, wir haben das Gemeinsame vor das Tren­nende gestellt. Wir wissen, wie unterschiedlich Vorstellungen sein können und wie wichtig es ist, diese Vorstellungen jedem zu lassen, ein gemeinsames Ergebnis zu erz­ielen, ohne dass man sich verbiegen muss.

Mich hat eine Journalistin gefragt, ob ich jemals während der Verhandlungen das Ge­fühl hatte, sie könnten platzen. Gerade dort, wo ich mitverhandelt habe, im Bereich Ge­sundheit und Pflege, hatte ich das nicht. Das war eine Begegnung mit größter Wert­schätzung und mit Toleranz. Ich denke, dass wir im Regierungsprogramm mit dem Er­gebnis gerade auf diesem Gebiet höchst zufrieden sein können.

Was mich immer wieder erstaunt: Kaum liegt das Regierungsprogramm mit seinen 326 Seiten auf dem Tisch, wird einmal reflexartig gesudert, was das Zeug hält. Diese Destruktivität ist verzichtbar. Da wird darüber diskutiert, was alles schlecht ist und wer wen warum wann über den Tisch gezogen hat. Schauen Sie doch einmal darauf, was uns alles gelungen ist und was uns in den kommenden fünf Jahren gemeinsam gelin­gen wird! Das hielte ich für wesentlich sinnvoller. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Glauben Sie mir, ich finde es besonders dann erstaunlich, wenn diese Zurufe und Buh­rufe aus den Reihen derjenigen kommen, die genügend eigene Baustellen haben, um die sie sich kümmern sollten, und die verzweifelt nach einem Haar in der Suppe su­chen, wo eigentlich gar keines ist; aber ich verstehe schon: Ablenkungsmanöver sind immer einfacher, als sich mit den eigenen Problemen auseinanderzusetzen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Loacker: Dass euch jetzt alle loben, kannst du nicht erwarten, Gaby!)

Ich habe vor einigen Tagen eine Kolumne von Guido Tartarotti gelesen, die sehr genau umschreibt, was wir gemeinsam gemacht haben. Da heißt es zur Diskussionskultur in Österreich, dass eine andere Meinung bei uns „als dreiste Zumutung, nicht als Erweite­rung des Denkspektrums“ gelte. „Insofern ist die neue Regierung ein ebenso spannen­des wie unerhörtes Projekt: Der Versuch, aus zwei völlig unterschiedlichen Denkwelten mit den Mitteln der Vernunft und der Gelassenheit zu guten Ergebnissen zu kommen. Die aufgeregten, wütenden Reaktionen in den sozialen Medien werfen die Frage auf: Ist so etwas [...] überhaupt erlaubt?“ – Ich sage: Es ist nicht nur erlaubt, sondern es ist der beste Weg für Österreich, Verantwortung zu übernehmen und den Österreicherin­nen und Österreichern ein noch besseres Leben zu ermöglichen. (Beifall bei der ÖVP.)

Diese Regierung ist ein Novum. Es ist Pionierarbeit, die hier geleistet wird. Es ist das erste Mal und einzigartig in Europa, dass Christdemokraten und Grüne gemeinsam ei­ne Bundesregierung bilden. Das mediale Echo auf diese Zusammenarbeit ist gewaltig und durchaus positiv. Es würde wirklich helfen, den Menschen draußen zu vermitteln, was wir wollen, nämlich gemeinsam zu arbeiten, statt zu streiten. Deswegen appelliere ich an alle und hoffe, dass dieser Appell nicht ungehört verhallt: Ich wünsche mir weni­ger Empörung und mehr Empathie, ich wünsche mir weniger Rage und mehr Respekt, weniger Hinhauen und mehr Hinhören, weniger Wut und mehr Wertschätzung. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir als Neue Volkspartei werden gemeinsam mit den Grünen diesen Weg gehen, denn ich glaube, es ist besser, wir gehören zu den Bessermachern, als zu den Besserwis­sern. (Beifall bei der ÖVP.)

11.40

Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dagmar Be­lakowitsch. – Bitte.