16.08

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzte Mitglieder der Bundesregierung! Mir fällt auf, dass Bundeskanzler Kurz nicht hier ist. Ich würde mir aber keine allzu großen Sorgen machen, Herr Bundesminister Blümel: Er steht zu Ihnen! Es bleibt ihm nämlich gar nichts anderes über, denn wir reden über Mai, Sommer 2017, und da gab es eine verschworene Gemeinschaft: Das waren Herr Kurz, gerade Parteiobmann, Herr Blümel und Herr Neumann.

Damals sind sehr interessante SMS hin- und hergeschickt worden. Herr Neumann hat Herrn Blümel im August 2017 in Bezugnahme auf zwei Kandidatinnen der ÖVP – ich nenne keine Namen, denn ich identifiziere mich damit nicht – geschrieben: Das sind kei­ne Experten. Sorry für die offenen Worte. So wird das nichts. – Zitatende. Das ist nicht irgendjemand. Das ist jemand, der sich mit einem ÖVP-Sieg identifiziert. Das war aber nicht so einfach, denn im Mai 2017 hat ein Mitarbeiter von Herrn Neumann demselben geschrieben: Ich war gerade bei Kurz. Er tut sich schwer mit Inhalten. Nix mit ÖVP neu. – Zitatende.

Damit kommen wir zum Projekt Ballhausplatz, das schon angesprochen wurde. Drei wesentliche Punkte stehen drinnen. Das Erste ist Geld, Geld, Geld – Geld als Spenden, Geld als Sponsoring, Geld, wie man es irgendwie eintreiben kann. Das Zweite waren Inhalte. Das waren nicht so viele, aber wenn etwas drinnen war, war es etwas, was den Großspendern Freude macht. Drittens ist noch etwas drinnen gestanden, nämlich Geg­ner zu identifizieren. Auch das ist Teil Ihrer Politik, und das ist heute besonders wichtig.

Dann höre ich in den letzten Tagen einen Satz von Bundeskanzler Kurz: „Ich lasse mir kein strafrechtlich verbotenes Verhalten unterstellen.“ Das heißt, derjenige, der selbst austeilt, derjenige, der Gegner bekämpfen will, lässt sich nichts unterstellen. Ich sage jetzt nichts strafrechtlich Relevantes, aber eines sage ich schon: Parteiobmann Kurz, seine Generalsekretärin Köstinger und andere haben bewusst das Gesetz verletzt. Sie haben mit Anlauf das Gesetz verletzt, um sich um jeden Preis den Wahlsieg zu sichern – um jeden Preis. Sie haben gewusst, dass sie zu viel Geld ausgeben.

Was wir aber jetzt wissen wollen, ist: Wo ist das Geld hergekommen?, denn das ist jetzt nicht logisch. Es ist vielleicht keine Spende gewesen, vielleicht ist es einfach Geld gewe­sen, vielleicht ist es Sponsoring gewesen, vielleicht hat es Umwege gegeben – ja, die gibt es, und Sie wissen genau, wie gut das geht.

Weil wir bei den Umwegen sind: Ich habe Ihnen ein Buch mitgebracht (das Buch „Das Netz der Korruption“ von Peter Eigen in die Höhe haltend), Herr Bundesminister. Ich finde es gut, dass Sie mir heute nicht davonlaufen, das war das letzte Mal der Fall – also ich sehe auch da einen Lernprozess. Wie heißt das große Wort, das hier geschrieben steht? – Das große Wort, das hier geschrieben steht, heißt Korruption. Es geht um das Netz der Korruption. Das hat Peter Eigen, der Gründer von Transparency International, geschrieben. Dieser Mann hat sehr viel Erfahrung in Entwicklungsländern gesammelt, aber er bezieht sich auch auf entwickelte Länder, auf Demokratien. Das Vorwort ist übri­gens von Richard von Weizsäcker, Sie kennen ihn auch. In diesem schreibt er etwa: „[...] auch unsere Demokratien sind [...] nicht frei“ von Korruption. „Mächtige Parteien haben bestimmenden Einfluss auf die Vergabe von Posten und Aufträgen, und allzu gern las­sen sie sich“ dazu mit „üppigen Mitteln alimentieren.“

Herr Blümel, Sie haben auf jeden Fall heute auch die Unwahrheit gesagt. Sie haben gesagt, Sie schreiben immer alle Posten aus, und die Besten werden ausgewählt. Bei Thomas Schmid haben wir es im Ibiza-Untersuchungsausschuss nachgewiesen: Er hat den Posten für sich selbst ausgeschrieben, er war sicher nicht der Beste (Ruf bei der ÖVP: Geh bitte!) und hat ihn trotzdem bekommen. Also das kann ich Ihnen nicht erspa­ren, da haben Sie die Unwahrheit gesagt. (Beifall bei den NEOS.)

Jetzt komme ich zur Justiz, weil Peter Eigen da etwas sehr Wichtiges über das Italien der Ära Berlusconi schreibt. Manche sagen ja, in der ÖVP ist es jetzt ein bissel so, wie es am Ende der Democrazia Cristiana war – nein, nein, Sie sind schon in der Berlusconi-Phase. Das ist ja das Tragische!

Was schreibt Peter Eigen hier? Er schreibt: „Im Zuge seiner Verteidigung richtete Ber­lusconi mithilfe seiner Mehrheiten im Parlament seine Macht nicht auf den Kampf gegen die Korruption, sondern gegen die Untersuchungsrichter.“

Das ist das, was Sie jetzt auch machen. Wenn Sie auf die WKStA losgehen, gehen Sie auf unabhängige Richterinnen und Richter los. Frau Kollegin Tanner – sie ist nicht mehr da; oder ist sie wieder da?, nein – ist Juristin und kann Ihnen erklären, dass natürlich eine Untersuchungsrichterin die Hausdurchsuchung bei Ihnen genehmigen musste, denn sonst wäre das gar nicht möglich gewesen.

Damit künftig klar ist, dass Sie, wenn Sie das Gesetz brechen, es auch strafrechtlich brechen und dass Sie auch wirklich dafür eingesperrt werden, wenn Sie wieder Ähnli­ches machen, wie Sie es gemacht haben, stelle ich folgenden Entschließungsantrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Straf­tatbestand illegale Parteienfinanzierung“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der das An­nehmen, das Nicht-Ausweisen, das Nicht-Melden bzw. Nicht-Weiterleiten von Spenden entgegen den Vorschriften des Parteiengesetzes unter Strafe stellt.“

*****

Das heißt, Sie können nicht einfach doppelt so schnell fahren und danach sagen: Ich habe es nicht gemerkt!, Sie können nicht doppelt so viel Geld ausgeben und danach sagen: Ich habe es nicht gemerkt!, denn Sie werden dafür strafrechtlich belangt wer­den. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

16.13

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Straftatbestand illegale Parteienfinanzierung

eingebracht im Zuge der Debatte in der 83. Sitzung des Nationalrats über die Dringliche Anfrage der Abg. KO Herbert Kickl und weiterer Abgeordneter an den Bundesminister für Finanzen betreffend "Blümel hat sich verzockt – Das Spiel der ÖVP ist aus!"

Derzeit wird vorsätzliche illegale Parteienfinanzierung lediglich als Verwaltungsübertre­tung geahndet. Weder der Rechnungshof noch der Unabhängige Parteien-Transparenz-Senat haben jedoch die Kompetenz, Konten zu öffnen, Dokumente sicherzustellen oder Zeug_innen unter Wahrheitspflicht zu vernehmen. Damit bei schweren Verstößen die Staatsanwaltschaft als Ermittlungsbehörde tätig werden kann, ist es notwendig, dass illegale Parteienfinanzierung auch strafrechtlich verfolgt werden kann. Neben den weiter­gehenden Ermittlungsmöglichkeiten der Staatsanwaltschaft hat dies den Vorteil, dass die Staatsanwaltschaft im Gegensatz zum Unabhängigen Parteien-Transparenz-Senat von Amts wegen tätig werden kann. Zudem dient die Androhung einer gerichtlichen Stra­fe auch der Korruptions-prävention.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der das An­nehmen, das Nicht-Ausweisen, das Nicht-Melden bzw. Nicht-Weiterleiten von Spenden entgegen den Vorschriften des Parteiengesetzes unter Strafe stellt."

*****

Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Herr Klaus Fürlinger, Sie haben das Wort. – Bitte.