14.07
Abgeordnete Dr. Gudrun Kugler (ÖVP): Herr Präsident! Liebe Minister auf der Regierungsbank! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es geht hier nicht um amikale Ausdrucksformen, sondern es geht in Wirklichkeit um die Frage des Rechtsstaats. (Zwischenruf des Abg. Loacker.) Es ist das, was Herr Kollege Schellhorn hier sucht oder auch Herr Kollege Schnedlitz gemeint hat: Welche Werte? – Die Werte des Rechtsstaats. Und es ist Teil eines Rechtsstaats, dass sich der Eigentümer auch überlegt, welches Personal er einsetzt. Auch das, liebe NEOS, ist liberal. Und wenn sich der Staat Leute aussucht, die auf der einen Seite kompetent sind, die aber auch das Vertrauen der Politik genießen (Zwischenruf des Abg. Matznetter), weil sie mit der Politik zusammenarbeiten müssen, ist das richtig so und kein Machtmissbrauch. (Beifall bei der ÖVP.)
Liebe Kollegin Meinl-Reisinger und Kollege Leichtfried! Ihre gespielte Aufregung war heute nicht glaubwürdig. Wir haben mehrfach das Wort scheinheilig gehört – und da möchte ich mich anschließen. Wir haben eine Studie gelesen, die über politische Postenbesetzung in Österreich berichtet. Der allergrößte Anstieg bei der politischen Postenbesetzung war unter den Bundeskanzlern Klima und Gusenbauer. Schauen wir uns an, was die SPÖ in Wien macht: Dort werden seit Jahrzehnten Posten mit Vertrauten besetzt, mit Verwandten von Funktionären, mit Leuten aus den eigenen Büros. Und noch viel schlimmer ist: Wir haben auch Unternehmen, die zuerst von der Stadt Wien einen Förderauftrag oder einen Auftrag zur Umsetzung bekommen haben, in die dann SPÖ-Funktionäre wechseln. Und das geschieht nicht nur einmal, sondern seit Jahrzehnten! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Das sei der linken Jagdgesellschaft ins Stammbuch geschrieben: Wenn ihr das macht, ist das okay, wenn es Bürgerliche machen, ist es ein Skandal? – So kann das nicht gehen! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Ein zweites Prinzip beim Rechtsstaat ist aber, dass man Menschen nach Leistung beurteilt. Der Aufsichtsratschef der Öbag hat gesagt, dass Thomas Schmid fachlich höchst qualifiziert ist und dass es über seine Geschäftsführung kaum Klagen gibt.
Anders ist es mit SPÖ-geführten Unternehmen. Ich sage Ihnen, wenn Sie gestern vom Millionengrab Öbag gesprochen haben, dann spreche ich vom Milliardengrab SPÖ. Die Verstaatlichte in den Achtzigerjahren – 55 000 Arbeitsplätze sind verloren gegangen –, Konsum, Bawag; das sind nur Stichworte. (Abg. Matznetter: Lernen Sie Geschichte, Frau Abgeordnete!) Ich sage Ihnen auch: Krankenhaus Nord, 500 Millionen Euro in den Sand gesetzt, oder Kraftwerke, die gebaut werden, die dann nie in Betrieb genommen werden. (Beifall bei der ÖVP.)
Der Wert ist der Rechtsstaat. Wissen Sie, was noch nicht zum Rechtsstaat passt? – Wenn man andauernd Misstrauensanträge oder Rücktrittsaufforderungen stellt, wenn Herr Kollege Hafenecker sagt, Malversation soll auf die Anklagebank führen. (Zwischenruf des Abg. Deimek.) Was ist denn das für ein Demokratieverständnis?
Wir haben eine Krise in Österreich und wir haben einen Finanzminister, der ein Krisenmanager ist und ausgewiesenermaßen in Europa an der Spitze dabei ist, was die Förderungen und die Geschwindigkeit der Auszahlung dieser Förderungen betrifft.
Und die Suppe, die Sie kochen, wird immer dünner. Seit zwei Monaten Anklage ist nichts Neues hervorgekommen. (Abg. Belakowitsch: Nichts Neues?! Die Chats! Vielleicht lesen Sie einmal nach, Frau Kollegin!) Diese Suppe ist so dünn, dass sie keine Nährstoffe hat. (Beifall bei der ÖVP.)
Der Wert ist der Rechtsstaat, und dazu gehört auch ein Schutz der Persönlichkeitsrechte. Wenn private Konversationen geleakt werden, in Akten vorkommen und in der Öffentlichkeit breitgetreten werden, dann frage ich mich: Was ist in Österreich mit den Persönlichkeitsrechten los? (Zwischenruf des Abg. Stefan.) Ich zitiere jetzt aus den Gesetzen, die gültig sind: Unerhebliches darf nicht Teil eines Aktes sein. Es sind jene Ermittlungshandlungen zu ergreifen, „welche die Rechte der Betroffenen am Geringsten beeinträchtigen“, und zwar „in einer Art und Weise [...], die unnötiges Aufsehen vermeidet, die Würde der betroffenen Personen achtet und deren Rechte und schutzwürdige Interessen wahrt.“ (Abg. Kickl: Das gilt für Sie aber auch!) Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Zweck heiligt nicht die Mittel, und zwar egal, um welche Person und Partei es geht. (Beifall bei der ÖVP.)
Politiker sind auch kein Freiwild. Wir wollen nicht besser behandelt werden, aber wir wollen auch nicht schlechter behandelt werden. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Jeder von uns, jeder von Ihnen und jeder der Zuschauer hat sich irgendwann schon einmal in einer privaten Konversation so geäußert, dass er es nicht in der Zeitung lesen will. Wenn einige nicht sicher sind, dann ist aber niemand mehr sicher. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Kickl.)
Es geht also um den Rechtsstaat. Und wem der Rechtsstaat nicht wichtig ist, der muss von Menschenrechten gar nicht sprechen. Es geht aber auch um das Gemeinwesen, und es geht in Österreich gerade um eine Pandemiebekämpfung, es geht um die Bekämpfung der Folgen der Pandemie, es geht um Arbeitsplätze, es geht um Kinder, es geht um Familien. Ich glaube, dass wir in diesen Fragen statt gegeneinander zu kämpfen, unbedingt zusammenarbeiten sollten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
14.13
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Holzleitner ist zu Wort gemeldet. – Bitte.