RN/110
16.48
Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ja, das war oder das ist wieder ein beredtes Beispiel dafür, was Zuwanderung – und damit bezeichne ich jetzt die meisten von jenen, die heute hier gesprochen haben und die hierher nach Wien zugezogen sind – alles so anrichten kann, wenn man sich in dieser Gegend nicht auskennt. Das ist mir heute ganz deutlich vor Augen geführt worden. Die meisten haben von etwas gesprochen, das sie wahrscheinlich selbst noch nie gesehen haben, so wie wahrscheinlich auch die Frau Bundesminister außer Dienst Gewessler.
Herr Bundesminister (in Richtung Bundesminister Hanke), Sie wissen das ein bisschen besser, Sie sind ja schon einmal mit dem Fahrrad dort gefahren, haben Sie gesagt. Ich bin dort geboren und kenne das seit bald 66 Jahren, oder 65 – ich darf mich nicht älter machen. Wir sprechen in Wirklichkeit von der Oberen Lobau, denn die Lobau teilt sich in zwei Teile, in die Obere Lobau und die Untere Lobau. Die Obere Lobau wurde in den Neunzigerjahren – da war ich selbst Zeuge hier im Parlament –, Mitte der Neunzigerjahre kraft Gesetzes zum Nationalpark erklärt, sie hat international aber überhaupt keine Relevanz gehabt, weil die Obere Lobau ein Industriegebiet ist.
Wenn Frau Gewessler einmal mit dem Radl dort hinfährt, dann würde sie dort fahren, wo auch der Herr Bundesminister gefahren sein wird, nämlich über die Industriestraße oder über die Raffineriestraße – denn wie wollen Sie sonst von Wien dorthin kommen? –, und die Raffineriestraße geht auch durch die Obere Lobau. Jetzt kann man sich natürlich fragen: Warum heißt das dort, in einem Nationalpark, Industriestraße und Raffineriestraße? Was habe ich von der Frau Bundesminister außer Dienst gehört? – Von einem einzigartigen Naturraum, einem Naturschutzgebiet und Ähnlichem mehr wurde da gesprochen. Ja, es ist ein einzigartiger Naturraum in dieser Oberen Lobau.
Zur Trassenführung des Tunnels, so er kommt: Mir ist das eigentlich wurscht, ob ein Tunnel oder eine andere Alternative dort kommt, ich brauche eine Querung, aber wenn ein Tunnel kommt, führt er unterhalb des Ölhafens Lobau durch. Das muss man sich einmal vorstellen: 1 100 Tanker sind es jedes Jahr, die dort beladen werden!
Ein Stück weiter kommt man dann zum Öltanklager Lobau, das eine etwas neuere Struktur ist, neben dem Industriepark Lobau, wo die Chemieindustrie und vieles andere mehr angesiedelt ist. Man kommt vorbei am Kraftwerk Freudenau, ein Kraftwerk in einem Nationalpark – eben nur kraft Gesetzes –, und gelangt dann zum Kraftwerk Donaustadt; das ist das Gas-und-Dampf-Kombikraftwerk. Wenn man mit dem Rad fährt, sieht man hinter den Bäumen dann den 150 Meter hohen Schornstein. Das steht dort mittendrin, und darunter soll ein Tunnel hinkommen – das ist das Schutzgebiet, von dem Sie sprechen! (Zwischenruf der Abg. Gewessler [Grüne].)
Aber es ist ja noch nicht aus: Den Ölhafen habe ich schon genannt, 1 100 Tankschiffe sind es pro Jahr. Eine Raffinerie gibt es dort ebenso wie eine Schmiermittelfabrik. Dort sind das Lukoil-Tanklager, das OMV-Tanklager und vieles andere mehr. Abgesehen von diesem Industriegebiet, unter dem ja dieser Tunnel durchführen soll, wenn man sich die Trasse einmal genau anschaut, gibt es noch ein paar andere erwähnenswerte Dinge.
Ich würde mich freuen, wenn die Grünen etwa einmal über die Altlastensanierung reden würden. Seit dem Bombentreffer 1945 ist die größte Altlastenkatastrophe in dieser Oberen Lobau eingehüttelt durch Sperrbrunnen und Dichtwände – Beton ohne Ende; unter der Erde, ist ja vollkommen egal! –, damit das verschmutzte, kontaminierte Erdreich, der große Ölschaden – 1,5 Quadratkilometer groß in einer Tiefe von 8 bis 15, 20 Meter – nicht die Trinkwasserversorgung von Wien gefährden kann. (Abg. Lukas Hammer [Grüne]: Damit das Grundwasser geschützt bleibt!)
Ob sich das in den nächsten Jahren ausgeht, wissen wir nicht. Die letzte Sanierung war in den Nullerjahren – vielleicht sollte man diese Altlast mit dem Bau des Lobautunnels sanieren, da hätten wir wenigstens etwas Gutes getan, und man hätte die Trinkwasserversorgung von dieser Seite auf Dauer sichergestellt. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Kassegger [FPÖ]: Gute Idee!)
Einen „einzigartigen Naturraum“ haben Sie das genannt – Sie reden wie ein Blinder von der Farbe, muss ich wirklich sagen, Sie kennen sich nicht aus! (Heiterkeit bei der FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Gewessler [Grüne].)
Dass die Lobaublockierer dort auch demonstriert haben: Es war ja nicht dort – es war neben der größten Mülldeponie Österreichs, weil neben der größten Mülldeponie Österreichs am Rautenweg diese Zubringerstraße hätte errichtet werden sollen! (Heiterkeit bei der FPÖ.) Die haben Sie ein Jahr lang verhindert, jetzt kommt sie Gott sei Dank. Wenn man nämlich nicht einmal mehr Zufahrtsstraßen oder Straßen neben der größten Mülldeponie – ich glaube, sie ist sogar Europas größte Mülldeponie – bauen kann, dann kenne ich mich nicht mehr aus. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.)
Außerdem haben wir eine Bevölkerungsentwicklung von 56 000 Einwohnern, die in meinem Geburtsjahr 1960 nur in Donaustadt gewohnt haben, auf heute 230 000 Einwohner – bei genau gleich vielen Straßenbrücken wie damals. Dass sich das nicht ausgeht, ist klar, und auch der Nachbarbezirk hat noch einmal in etwa auch 110 000 Einwohner. (Zwischenrufe der Abgeordneten Schallmeiner [Grüne] und Michael Hammer [ÖVP].)
Aufgrund der tollen Migrationspolitik, die die SPÖ in Wien zu verantworten hat, ziehen ja auch viele von außerhalb Österreichs zu, auch in meinen Bezirk, und verdrängen dort dann sehr viele in die Umlandgemeinden, wo die Bevölkerungszahlen explodieren. Das heißt, es gibt in dieser Region Ost nördlich der Donau 350 000 Einwohner mehr, bei immer noch gleich vielen Straßenbrücken. Nicht die Tangente zieht den Verkehr an, sondern Sie schaffen ein Nadelöhr, siedeln die Menschen dort an, siedeln Industriebetriebe dort an, und dann schaffen Sie keine Donauquerung! Aber zur Beruhigung: Es gibt vier Fahrradbrücken über die Donau; das sind mehr, als es Straßenbrücken gibt. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei den Grünen.)
Alternativen? – Herr Bundesminister, beim Donaukraftwerk Freudenau – das habe ich hier im Parlament schon vor rund 25 Jahren (Abg. Voglauer [Grüne]: So lange sind Sie schon da, Sie sind ja ein Systempolitiker! – Heiterkeit bei SPÖ und Grünen) gesagt, als das Kraftwerk errichtet wurde – führt eine Betriebsstraße hinüber: Wir haben damals schon gefordert, dass das eine Mautstraße für Taxi-, Busverkehr und Ähnliches werden soll.
Das kann man ja machen, sogar der Hoover-Damm ist für den Personenverkehr befahrbar – warum geht das in Wien nicht? Die Brücke ist ja da, nämlich die Betriebsbrücke, und mit wenigen Verstärkungen könnte man dort schon etwas bewirken. Wie gesagt, das alles sind Dinge, die da mitspielen. (Abg. Lukas Hammer [Grüne]: Wie schaut es denn eigentlich mit der Redezeit aus?)
Ihnen ist außerdem entgangen, dass der Eiserne Vorhang gefallen ist und dass auf der riesigen Spange Prag, Pressburg/Bratislava, Wien und Budapest vier Hauptstädte so nahe wie sonst auf keinem Flecken dieser Erde liegen – das ist ein Ballungsraum mit in Summe 7 bis 8 Millionen Menschen – vier Hauptstädte, die in Wirklichkeit jeweils innerhalb von 1 Stunde erreichbar sind. (Abg. Voglauer [Grüne]: Mit dem Zug!)
Diese Menschen wollen natürlich auch vielleicht einmal in den Süden, nicht nur die Gewerbetreibenden und Ähnliche, und das verursacht nun einmal Verkehr. Frau Minister außer Dienst, nicht die strategische Umweltprüfung wurde versäumt, wie Sie gesagt haben, sondern Sie haben das blockiert! Das ist ein Unterschied, Sie haben es blockiert! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Gewessler [Grüne]: Ich habe sie gemacht! – Abg. Schallmeiner [Grüne]: Tom Turbo hätte seine Freude!)
Herr Bundesminister, als – neuerdings – Freund der Transatlantiker sage ich, wir sollten aufhören, zu evaluieren. Ich sage Ihnen: Drill, baby, drill! Bauen Sie den Tunnel endlich! (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.)
16.56
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Weiters zu Wort gemeldet hat sich jetzt Frau Abgeordnete Herr. Eingemeldete Redezeit: 4 Minuten.