RN/96

16.58

Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Danke, Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Als ich diese Dringliche Anfrage gelesen habe, habe ich ein bissel schmunzeln müssen. Ich finde es echt sehr, sehr, sehr amüsant (Abg. Steiner [FPÖ]: Normal geht sie zum Lachen in den Keller!), wenn ich dann nach den gescheiterten Koalitionsverhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP von einem schwarzen Loch lese, das aus „Überresten von verglühten Sternen“ bestehen würde. Das wirkt fast so, als hätten Sie da parteiintern noch Redebedarf, nachdem Ihr Parteichef an der Regierungsbildung gescheitert ist. Der verglühende Stern. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Martin Graf [FPÖ]: Weil ihr so erfolgreich wart, deswegen sitzt ihr da jetzt in der Opposition!)

Sie geißeln in dieser Dringlichen Anfrage das Budgetdefizit. – Okay, das ist fair enough. Ja, wir befinden uns wirklich in herausfordernden Zeiten. Das gilt übrigens nicht nur für Österreich. Wenn Sie Ihre Köpfe ab und zu mal aus dieser Festung Österreich rausstecken würden, dann würden Sie wissen, dass das nicht nur ein Problem ist – wir haben das vorhin schon gehört –, dass es in Österreich gibt. Ja, die Zeiten sind herausfordernd, daran gibt es nichts zu beschönigen. Worin Sie aber in der Begründung Ihrer Anfrage die Ursachen für das Budgetdefizit verorten, ist, so muss ich sagen, haarsträubend, faktenverdrehend und unehrlich. Ich dekliniere Ihnen einmal durch, was ich damit meine.

Beginnen wir mit der Unehrlichkeit: Sie geißeln – in Ihrer Diktion, ich zitiere das aus der Anfrage – das „Einsperren der Bürger“, das „Zusperren der Betriebe“ und „das Verteilen von inflationstreibenden Geldgeschenken nach dem Gießkannenprinzip“. Herr Klubobmann Kickl, haben Sie denn vergessen, dass Sie als erster österreichischer Politiker überhaupt einen Lockdown in Österreich gefordert haben? Das war am 13. März 2020. (Rufe bei ÖVP, NEOS und Grünen: Ah! Oh! Abg. Kickl [FPÖ]: Ich war dann aber auch der Erste, der gesagt hat: Hörts auf mit dem Blödsinn!) Haben Sie das vergessen? Herr Klubobmann Kickl, haben Sie vergessen, dass Sie 1 000-Euro-Gutscheine für alle Österreicherinnen und Österreicher gefordert haben? Das war im April 2020. (Rufe bei ÖVP, NEOS und Grünen: Ah! Oh!)

Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern!, scheint die Devise zu sein. (Abg. Stögmüller [Grüne]: Gießkanne! Blaue Gießkanne! – Widerspruch bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Gießkanne, genau. Ich verstehe total, dass ihr (in Richtung FPÖ) aufgeregt seid, ich wäre es an eurer Stelle auch. Diese Anfrage ist echt eine Zumutung, eine Peinlichkeit, Faktenverdrehung, Unehrlichkeit. Das ist wirklich peinlich, ich würde mich auch genieren. (Beifall bei Grünen und NEOS.)

Sie beschäftigen sich also in dieser Dringlichen Anfrage mit schwarzen Löchern, mit verglühenden Sternen. Sie geißeln Maßnahmen, die Sie selbst als Erste gefordert haben – okay. 

Was aber viel, viel interessanter ist, was wirklich sehr viel interessanter ist, ist, dass Sie in der Begründung dieser Dringlichen Anfrage sehr, sehr schnell auf die Ihrer Meinung nach wesentliche Ursache für das Budgetdefizit zu sprechen kommen. Und siehe da – großes Geheimnis –, was ist der FPÖ nach der große Auslöser für dieses Budgetdefizit? (Abg. Michael Hammer [ÖVP]: Wetterbericht!) – Es sind die Russlandsanktionen! Bingo, die Russlandsanktionen sind es. Ich halte fest: Es ist nicht der von Russland völkerrechtswidrig gestartete Angriffskrieg gegen die Ukraine, nein (Abg. Schnedlitz [FPÖ]: So ist es, deshalb ist die Energie nicht teuer geworden!), nicht, dass Russland unsere Abhängigkeit von russischem Gas als Kriegswaffe verwendet, nein, das ist für die FPÖ nicht skandalös. (Abg. Kickl [FPÖ]: Um das geht es hier nicht!) 

Es ist auch nicht skandalös, dass wir Kriegsverbrechen gesehen haben, beispielsweise in Butscha oder in Irpin. Das ist für euch nicht skandalös. (Abg. Stefan [FPÖ]: Was hat das damit zu tun?) Was ihr aber skandalös findet, ist die gemeinsame europäische Antwort gegenüber Wladimir Putin. (Abg. Schnedlitz [FPÖ]: Ja, ganz Europa ...! Gute Antwort!) Darin seht ihr einen Skandal. Das ist nur haarsträubend, und ich kann echt nur den Kopf schütteln. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wirklich überraschend aber ist diese Haltung ja nicht. Die Verbindungen der FPÖ mit Russland sind bestens belegt. Wir hatten auch im vergangenen Untersuchungsausschuss letztes Jahr hier noch einmal die Gelegenheit, das alles sehr eindrücklich offenzulegen. Ich darf uns allen in Erinnerung rufen: Die FPÖ hat einen aufrechten Freundschaftsvertrag mit der Partei von Wladimir Putin. (Abg. Schnedlitz [FPÖ]: Das ist doch gelogen! – Abg. Shetty [NEOS]: Wann kündigt ihr ihn eigentlich?) Wir wissen, dass blaue Politiker die annektierte Halbinsel Krim besucht haben. Ich will gar nicht an eure Außenministerin erinnern, die vor Putin geknickst hat und die jetzt auch tatsächlich in Russland russische Propaganda betreibt, sich dort als Propagandaschleuder instrumentalisieren lässt. Und ihr seid es, die hier in diesem Parlament in der letzten GP die meisten russlandfreundlichen Anträge gestellt haben. Das seid ihr gewesen! (Beifall bei Grünen und NEOS sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ihr stellt euch hierher und geißelt die Europäische Union, aber ihr stellt euch selber in den Dienst eines diktatorischen Regimes, dass die europäische Sicherheitsordnung bedroht. Wie passt denn das bitte zusammen? Das kann mir keiner erklären, wie das zusammenpasst. Euer Einsatz für Wladimir Putin mag vieles sein, aber wenn ihr hier wiederholt seine Propaganda ins österreichische Parlament tragt, dann seid ihr alles andere als neutral. (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der NEOS sowie des Abg. Hanger [ÖVP].)

Wir haben jetzt gehört, dass die Maßnahmen zur Coronabekämpfung und auch die Sanktionen gegen Russland hauptsächlich für das Defizit verantwortlich sind – da verdrehen Sie die Fakten. Wir wissen nämlich, dass politisch motivierte Fehler, Entscheidungen der Vergangenheit uns erst in diese Abhängigkeit von russischem Gas geführt haben. Das muss man auch klar benennen. Das war in Regierungskonstellationen, in denen die ÖVP mit dabei war, die SPÖ mit dabei war, auch die FPÖ mit dabei war. Das ist in der Vergangenheit passiert. Diese drei Parteien haben den Karren in den Dreck gezogen, und wir Grüne haben in den letzten fünf Jahren alles getan, was wir tun konnten, um den Karren da wieder herauszuziehen. (Beifall bei den Grünen. – Heiterkeit und Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ein letzter Satz noch: Ich finde es grundsätzlich eh mutig, wenn die FPÖ eine Dringliche Anfrage an den Finanzminister stellt. Das einzige Mal, dass die FPÖ selber einen Finanzminister gestellt hat, war mit Karl-Heinz Grasser. Das ist ja bekanntlich nicht gut ausgegangen. (Ruf bei der FPÖ: ÖVP! – Abg. Kickl [FPÖ]: Nicht einmal das ist richtig! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Der wurde ja gerade zu vier Jahren Gefängnis verurteilt, weil er korrupt war, weil er 10 000 Buwog-Wohnungen verkauft hat, um 16 000 Euro. (Abg. Kickl [FPÖ]: Nicht einmal das ist richtig! – Weiterer Zwischenruf bei der FPÖ.) Dadurch ist ein Milliardenschaden für die Republik entstanden! (Abg. Kickl [FPÖ]: Nicht einmal das ist richtig!) Vielleicht hätten Sie das auch noch in Ihre Dringliche Anfrage hineinschreiben sollen. (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der NEOS sowie des Abg. Hanger [ÖVP].)

17.03

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Steiner. Eingemeldete Redezeit: 5 Minuten. (Abg. Hanger [ÖVP]: Jetzt kommen die ... Vorschläge! – Ruf bei der ÖVP: Kommt ein Finanzexperte!) – Abg. Shetty [NEOS]: Ich wette auf Corona!)