RN/37

11.52

Abgeordneter Veit Valentin Dengler (NEOS): Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Ich bin der vorletzte Redner zwischen Ihnen und dem Mittagessen. Ich versuche, es jetzt kurz zu halten. Erschwinglicher Wohnraum ist bedroht, und da muss irgendjemand etwas machen, der Staat oder sogar Europa, sagen viele. Wenn man aber etwas lösen will, hilft es, wenn man in die Statistik schaut, und da finden wir Überraschendes.

Wir arbeiten uns ja alle gerne am Thema Leerstand ab. Wenn wir das einmal beiseitelassen und uns nur die Unterkünfte als Hauptwohnsitze anschauen: Von denen gab es 3,8 Millionen im Jahr 2014 und 9 Jahre später 4,1 Millionen. Das heißt, die Anzahl der Unterkünfte wuchs um 8 Prozent und die Anzahl der Einwohner wuchs im selben Zeitraum um 7 Prozent. Also: Die Unterkünfte sind sogar etwas schneller gewachsen als die Anzahl der Einwohner. Das war offenbar nicht das Problem. Was auch gleich geblieben ist, ist der Anteil der Eigentümer und der Mieter. Das ist in Österreich seit Jahren stabil; wie Kollegin Wotschke erwähnt hat, wohnt etwas mehr als die Hälfte der Österreicher im Eigentum, ungefähr ein Viertel wohnt in Gemeinde- und Genossenschaftswohnungen und ein Viertel in privater Miete.

Sie werden jetzt sagen: Die Mieten sind aber viel teurer geworden. – Das ist jetzt ein bisschen komplizierter. Das stimmt für neue Mieten, aber wenn wir uns anschauen, wie sich die Mieten insgesamt zwischen 2014 und 2022 entwickelt haben, sehen wir, dass sie um 26 Prozent gestiegen sind, aber die Inflation in dem Zeitraum um 22 Prozent gestiegen ist. Das heißt, die Mieten sind ungefähr gleich schnell gewachsen wie die Inflation, und das war für Gemeinde- und Genossenschaftswohnungen und für private Wohnungen ungefähr gleich. Das heißt, das ist auch nicht das Problem. Es gab also bis 2023 leicht mehr Wohnungen pro Kopf und die Mieten sind gleich schnell gestiegen wie die anderen Lebenshaltungskosten.

Was ist dann das Problem? – Das Problem ist: Das waren jetzt Zahlen der Vergangenheit, der letzten zehn Jahre. Wenn die Bevölkerung weiter zunimmt, ich sage mal wieder um 7 Prozent in den nächsten zehn Jahren, dann muss auch die Zahl der Unterkünfte schnell weiterwachsen – und das passiert nicht. Daher steigen die Mieten vor allem für die neuen Mietverträge. 

Am meisten haben in der Vergangenheit die privaten Entwickler gebaut, die bösen privaten Entwickler, die haben nämlich im letzten Jahrzehnt 20 Prozent mehr Unterkünfte gebaut, also viel, viel mehr als der Schnitt. Im Schnitt ist die Zahl um 8 Prozent gewachsen, bei den Privaten um 20 Prozent. Genau für diese Bautätigkeit macht der Staat das Leben aber am schwersten: Mietdeckel machen den Bau von Wohnraum immer weniger attraktiv, denn wenn man daran nicht mehr verdienen kann, keine Rendite erzielen kann, gehen die Bauträger pleite. Da geht es nicht um Immobilienhaie, da geht es darum, dass man einfach dumm wäre, in Wohnraum zu investieren, wenn es sich im Vergleich zu anderen Sachen, in die man investieren könnte, nicht rentiert. Vorschriften machen den Bau von Häusern und Wohnungen auch immer teurer. Das sind meistens sehr überzogene Sicherheitsvorschriften, die dann auch verhindern, dass private Häuslbauer selber bauen.

Dann gibt es noch ein anderes Problem, und das ist jetzt recht witzig, finde ich: Die einzige Art des Wohnraums, die in den letzten zehn Jahren zurückgegangen ist, ist der Gemeindebau. Es gibt jetzt 5 Prozent weniger Unterkünfte im Gemeindebau als vor zehn Jahren. Gemeinden verkaufen also mehr Wohnungen, als sie nachbauen. Wenn die Gemeinden mehr bauen sollen, müssen sie dafür Geld freischaufeln. Wir wissen jetzt aus anderen Debatten, wie hoch die Defizite sind, und das heißt, der Staat wird dieses Wohnproblem nicht lösen. Das wird nicht funktionieren. Damit sind wir beim Kern des Problems: Wenn Sie wollen, dass Wohnraum günstiger wird, dann gilt – wie bei allem anderen auf der Welt – das Gesetz von Angebot und Nachfrage. Wenn die Anzahl der Einwohner wächst, muss die Anzahl der Unterkünfte schneller wachsen. (Beifall bei den NEOS. Zwischenruf der Abg. Tomaselli [Grüne].) 

Das ist einfach ein Gesetz. Wenn es mehr Wohnungen gibt, dann wird es billiger werden, und wenn nicht genug gebaut wird, dann wird es nicht billiger werden. (Heiterkeit des Abg. Wurm.) Das ist schwer zu verstehen, das weiß ich. Die Preise für den Wohnraum können nicht magisch günstiger werden, denn das Einzige, was passiert, wenn Sie einen Deckel einziehen, ist: Sie werden einen Mangel erzeugen. Es werden weniger Leute bauen, und dann werden im Vergleich zum Wachstum der Bevölkerung noch weniger Unterkünfte entstehen.

Also: Die Nachfrage ist nicht das Problem, die entsteht von selbst mit dem Wachstum der Bevölkerung. (Abg. Wurm [FPÖ]: Was macht die Regierung jetzt?) Der Preis ist nicht etwas, was der Staat fixieren kann, der ergibt sich durch Angebot und Nachfrage. Und die Preise werden dann günstiger, wenn die Anzahl der Unterkünfte schneller wächst. Mehr Angebot senkt Preise. – Alles, was wir hier beschließen, müssen wir daher unter diesem Blickwinkel sehen, dass wir mehr Angebot schaffen. Wir müssen in diesem Land wieder mehr bauen. – Danke. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP. Zwischenruf des Abg. Wurm [FPÖ].)

11.57

Präsident Peter Haubner: Als Letzte in dieser Debatte ist Abgeordnete Meri Disoski zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Abgeordnete.