RN/38

11.57

Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Danke für das Wort, Herr Präsident! Geschätzte Abgeordnete! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Falls Sie sich erst jetzt zu dieser Debatte zugeschaltet haben, sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher, dann werden Sie merken, wir sind in der Aktuellen Europastunde und diskutieren heute zu Recht über eines der drängendsten sozialen Themen, die uns auch hier im Hohen Haus beschäftigen, nämlich über das Thema leistbares Wohnen.

Wohnen ist zwar ein Menschenrecht, aber trotzdem gerät dieses Recht europaweit und auch in Österreich immer stärker unter Druck. Wir sehen die Folgen von Spekulation, wir sehen Privatisierung, wir sehen kurzfristiges Denken auf den Wohnungsmärkten, und wir sehen auch, wie Wohnraum tatsächlich zunehmend zum Spielball von internationalen Investmentfonds wird. 

Während Hunderttausende Menschen quer durch Europa, auch in Österreich, zum Teil schon recht verzweifelt nach leistbarem Wohnraum suchen, inszeniert sich heute hier in der Aktuellen Europastunde die Sozialdemokratie sehr wortreich als Schutzmacht des Wohnens und nennt dabei wenig überraschend – wir sind im Wiener Wahlkampf – litaneiartig Wien als das europäische Vorbild, das Bollwerk gegen Spekulation (Abg. Deimek [FPÖ]: Wir wissen, dass das falsch ist!), das rote Leuchtfeuer auf den Märkten, das Gegenbild zur neoliberalen Wohnhölle. Ganz ehrlich: Die Erzählung, ja, die ist eh schön (Abg. Deimek [FPÖ]: Das ist nicht schön, sondern das ist einfach falsch!), aber sie stimmt halt nicht mehr. (Beifall bei den Grünen.)

Was ist denn das bitte für ein Vorbild? Was ist das für ein Vorbild, wenn in Wien 80 000 Wohnungen leer stehen, während Studierende, während Alleinerziehende, während junge Familien keine leistbare Wohnung finden? Was ist das bitte für ein Vorbild, wenn in manchen Bezirken 25 Prozent aller Wohnungen auf Airbnb gelistet sind, damit nicht zum Wohnen, sondern zum Vermieten und zur Profitmaximierung herhalten müssen? Was ist das für ein Vorbild, wenn in den Jahren 2021 bis 2023 in Wien alleine 85 Altbauten mit günstigen Mieten zum Abriss freigegeben worden sind, aber nicht, weil sie marode waren, sondern einfach, weil man damit mehr Geld verdienen kann? – Das ist die Realität in der sozialdemokratisch regierten Bundeshauptstadt; das ist die Realität. (Beifall bei den Grünen.)

Das heißt auch: Ja, Wien war einmal Vorbild, aber heute ist es Verwaltung von Vergangenheit. (Zwischenruf des Abg. Ottenschläger [ÖVP].) Wenn Sie, Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, drei Tage vor der Wienwahl sagen: Sieh nach Wien, liebes Europa, sieh nach Wien, denn hier machen wir es doch eh am besten!, dann antworte ich Ihnen: Wenn es um leistbares Wohnen geht, dann ist es einfach zu wenig, laut zu schreien, aber sehr, sehr leise zu liefern. Das ist zu wenig. 

Ich will das auch an einem konkreten Beispiel festmachen. Die SPÖ kritisiert ja sehr gerne fehlenden Wohnraum. Auch der Vizekanzler, der für Wohnen zumindest am Türschild zuständige Minister Babler, hat das in seiner Rede getan. Sie kritisieren oder Sie bemängeln fehlenden Wohnraum. Gleichzeitig blockieren Sie aber stur Lösungen, die es dafür gibt. Wir haben beispielsweise auf Bundesebene in der letzten Legislaturperiode die Leerstandsabgabe durchgesetzt. Das ist ein Instrument, das genau dort ansetzt, wo Wohnraum zum Spekulationsobjekt gemacht wird; ein Instrument, das das verhindern soll. Was macht Wien? Was macht die Sozialdemokratie? – Sie weigern sich, diese Maßnahme umzusetzen. Sie weigern sich einfach, die Leerstandsabgabe einzuführen. Sie weigern sich. (Beifall bei den Grünen.) Das ist die Realität in Wien. Ich sage Ihnen: Das ist keine soziale Politik, die leistbares Wohnen unterstützt. (Abg. Herr [SPÖ]: Wir haben es schon mal eingeführt!) – Das ist politische Kapitulation, Kollegin Herr! 

Wir sagen: Schluss damit. Wer laut schreit, der muss auch genauso stark und genauso laut liefern. Das machen wir Grüne. Das machen wir in Österreich, das machen wir auf europäischer Ebene, das machen wir auch in Wien. Was heißt das konkret? – Wir haben auf Bundesebene die Leerstandsabgabe durchgesetzt. Wir haben die Makler:innenprovision abgeschafft. Wir haben in der letzten Legislaturperiode ein Milliardenpaket geliefert, um die Errichtung von leistbarem Wohnraum zu fördern. (Abg. Wurm [FPÖ]: Das hat aber nicht geholfen, Frau Kollegin! Das hat nicht geholfen!) Wir haben einen Mietpreisdeckel eingeführt. Wir wollen Airbnb und Co strikt begrenzen, weil Wohnungen zum Wohnen da sind und nicht für die Profitmaximierung durch Wochenendvermietung an Tourist:innen. Wir wollen auch ein europaweites Verbot für den spekulativen Leerstand erreichen. Sanieren statt abreißen: Wir wollen den Altbau erhalten. Das schafft oder sichert günstige Mieten ab und schützt auch das Klima. Wir wollen insbesondere auch dort hinschauen, wo es um Wohnraum für junge Menschen geht, damit die ersten Wohnungen für sie finanzierbar bleiben. (Beifall bei den Grünen.)

Das machen wir Grüne an 365 Tagen im Jahr und nicht nur drei Tage vor der Wienwahl. Wenn es um leistbares Wohnen geht, dann brauchen wir keine politischen Nostalgieausflüge in Rouge. Wir brauchen mutige Antworten; die brauchen wir auf europäischer Ebene, auf nationaler Ebene und auch in unseren Städten. Diese Antworten, die haben wir Grüne, und das ist der größte Unterschied zwischen uns Grünen und der SPÖ: Die SPÖ hat gute Geschichten; wir haben gute Lösungen. (Abg. Spalt [FPÖ]: Wir haben es gesehen!) Die SPÖ verwaltet; wir gestalten mutig, gerecht und klimafit. Sie reden von gestern; wir kämpfen mutig für ein Morgen, in dem Wohnen wieder ein Recht ist. Wenn Sie diese Politik unterstützen wollen, sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher (Ruf bei der FPÖ: Bitte nicht wieder!), dann können Sie am Sonntag die Grünen wählen. (Beifall bei den Grünen.)

12.03

Präsident Peter Haubner: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.