RN/45

11.46

Volksanwältin Gabriela Schwarz: Danke, Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Gäste auf der Galerie und alle, die uns daheim vor den Bildschirmen zuschauen! Sie müssen mich entschuldigen, ich bin ein bissl verkühlt, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass ich für Hartnäckigkeit und die dementsprechende Lautstärke bekannt bin, wenn es darum geht, die Interessen der Bürgerinnen und Bürger durchzusetzen, die sich an uns wenden.

Es sind sehr, sehr viele Dinge schon gesagt worden, ich möchte sie anhand einiger Beispiele noch unterstreichen, die Sie auch in unserem Bericht wiederfinden. Gestatten Sie mir aber auch, dass ich mich bei allen Ausschussmitgliedern für eine sachliche Diskussion im Ausschuss und auch für die Argumente, die Sie hier an uns vorbringen, bedanke. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Eine ganz wichtige Komponenten unserer Arbeit ist: Wir sind serviceorientiert. Wir versuchen alle Anliegen, die an uns herangetragen werden, mit den Behörden zu klären – und das möglichst rasch, denn was erwarten sich die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer? – Dass rasch agiert wird und dementsprechend auch in ihrem Sinn agiert wird.

Da bin ich beim nächsten Punkt: Es kann schon einmal ein Fehler passieren, keine Frage, aber wenn man diesen Fehler erkennt, eingesteht, dann würde ich mir von den Behörden wünschen, dass sie sich auch entschuldigen. Diese Entschuldigungskultur fehlt, einfach zu sagen: Es tut mir leid, das ist uns passiert, beim nächsten Mal wird es besser! – Das würde ich Ihnen also gerne für die Zukunft mitgeben: Entschuldigen Sie sich einfach einmal! (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und NEOS.)

Frau Abgeordnete Krisper hat bei mir einen wunden Punkt getroffen. Ich gebe Ihnen vollkommen recht, Frau Abgeordnete: Diese Empfehlungen, welche den Straf- und Maßnahmenvollzug betreffen, die wir richten, sind Jahre alt und kommen immer wieder – keine Frage. Wir sind nach wie vor dahinter, wir haben Sprechtage in den Anstalten, wir sprechen sowohl mit denen, die dort untergebracht sind, als auch mit dem Personal.

Ja, es gibt nach wie vor einen eklatanten Personalmangel sowohl bei der Justizwache als auch beim Fachpersonal. Das wird unterschiedlich gelöst. Es nützt nichts, wenn die Planstellen besetzt sind, wenn die Menschen im Langzeitkrankenstand sind oder auch Jobs gar nicht besetzt werden können, weil sie eben auch nicht sehr attraktiv sind, was den Verdienst betrifft.

Mein besonderes Augenmerk gilt da immer dem Jugendstrafvollzug. Sie kennen den Münnichplatz, der gerade besiedelt wird. Es gibt eine sehr, sehr engagierte Anstaltsleiterin, die neu dort ist, die versucht, das alles wirklich unter Kontrolle zu bekommen und in Bewegung zu bekommen, denn: Worum geht es? – Eine Perspektive zu schaffen; das geht aber nur, wenn Menschen, die jetzt in Haft sind, entsprechend beschäftigt werden, entsprechend ausgebildet werden. Das ist ein Punkt, an dem wir immer wieder ansetzen. Die Bestrebungen gibt es, es fehlt aber an der Umsetzung. Eine langjährige Forderung der Volksanwaltschaft war auch die Ausdehnung des elektronisch überwachten Hausarrests. Es liegt jetzt an Ihnen, das mit der Justizministerin mitzutragen und das auch tatsächlich zu ermöglichen. Das führt zumindest zu einer kleinen Entlastung der Justizanstalten. – Das ist die eine Sache.

Was wir gerne hätten und auch immer wieder fordern, das ist die Abdeckung mit entsprechender psychologischer und therapeutischer Fachbetreuung. Menschen, die zum Beispiel eingeliefert werden und erst nach sechs bis acht Wochen wissen, wie ihnen geschieht, sind oft im ersten Moment nicht suizidal, aber dann sehr wohl. Diese permanent steigenden Zahlen an Suiziden und Suizidversuchen machen uns wirklich, wirklich große Sorge. Es gibt unheimlich großartige Vorstellungen und Empfehlungen – 48 an der Zahl –, wie man das verhindern kann; umgesetzt ist bisher herzlich wenig. Auch in diese Richtung ergeht mein Appell an die neue Justizministerin: dort zügig tätig zu werden und das umzusetzen. 

Das Beispiel, das Herr Abgeordneter Schallmeiner angesprochen hat, diese bekannte Schwebestufe, was ist da passiert? – Es ging um eine Sozialservicestelle, bei der man barrierefrei weder mit einem Kinderwagen noch mit einem Rollator et cetera hineinkommt; wir haben das damals aufgezeigt, auch in der Sendung des ORF „Bürgeranwalt“. Was ist passiert? – Diese Schwebestufe wurde unterkoffert, ein gelbes Band wurde draufgepickt, ein kleiner Handlauf angebracht und man hat gesagt: Man kann ja anläuten. – Ich möchte nicht, dass Menschen, die dort nicht barrierefrei hineinkönnen, zu Bittstellern werden.

Ich habe jetzt aber eine gute Nachricht für Sie: Diese Hartnäckigkeit, die die Volksanwaltschaft an den Tag legt – in diesem Fall in meiner Person –, trägt Früchte. Ich habe gestern bei der Eröffnung des Städtetages in Eisenstadt – in meiner Heimatstadt – die dementsprechend Verantwortlichen wieder getroffen, und es ist eine Lösung sehr, sehr zeitnahe in Aussicht gestellt worden: Es wird eine Rampe geben. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.) Also auch das ist ein Erfolg der Volksanwaltschaft, das geht aber nur, wenn man zusammenarbeitet.

Ich muss schon sagen, dass die österreichische Verwaltung wirklich gut funktioniert, aber das heißt nicht, dass es nicht noch Luft nach oben gäbe. Wir sehen uns ja als Partner der Behörden, die unsere Anregungen wahrnehmen, um die Situation für alle zu verbessern. 

Frau Abgeordnete Deckenbacher hat etwas angesprochen, das mir persönlich als Frau, Volksanwältin und Feministin wehtut: Nur 30 Prozent der Beschwerden kommen von Frauen. Natürlich ist das eine Frage des Muts, und das war auch der Grund, warum ich im November des vorigen Jahres die Initiative Hashtag Mutfrauen ins Leben gerufen habe: Es geht darum, Frauen nicht nur der Volksanwaltschaft gegenüber, sondern immer zu stärken. 

Ich selbst weiß – und habe das Gott sei Dank jetzt wieder erlebt –, was Frauensolidarität bedeutet. Frauen sollten nicht nur miteinander solidarisch sein, sondern sollten das auch zum Ausdruck bringen: lautstark, vehement und hartnäckig. Das ist mein Appell an Sie, an die Abgeordneten auch in diesem Haus: Das hinauszutragen. Es braucht mehr Mut, es braucht mehr Mut zur Gleichbehandlung, zur Gleichberechtigung, gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit. Wir sind das Haus der Menschenrechte – das vergesse ich nie. Die Volksanwaltschaft ist das Haus der Menschenrechte. Frauenrechte sind Menschenrechte, jede Frau in Österreich hat das Recht auf ein gewaltfreies und selbstständiges Leben. (Beifall bei ÖVP, SPÖ, NEOS und Grünen.)

Da unsere Amtsperiode endet, möchte ich mich für das Vertrauen, das Sie in den letzten drei Jahren in uns gesetzt haben, bedanken, und sollten Sie uns das Vertrauen weiter schenken, verspreche ich Ihnen, dass ich genauso hartnäckig und laut bleiben werde wie in der Vergangenheit. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und SPÖ, bei Abgeordneten der Grünen sowie der Abg. Krisper [NEOS].)

11.53

Präsident Peter Haubner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Volksanwalt Bernhard Achitz. – Bitte, Herr Volksanwalt.