RN/69
13.22
Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Danke, Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie und zu Hause vor den Bildschirmen! Vorne weg: Wir Grüne stehen wie viele andere, aber leider eben nicht alle hier im Haus für ein solidarisch finanziertes Gesundheitswesen, das allen Menschen denselben, gleich guten – und die Betonung liegt hier natürlich auf „guten“ – Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen und Gesundheitsleistungen ermöglicht. Dafür braucht es starke, resiliente, finanziell abgesicherte Kranken- und Sozialversicherungen, die diese Mittel effizient im Sinne der Versicherten einsetzen.
Die ÖGK ist der größte Krankenversicherungsträger hier im Land, 7,6 Millionen Menschen sind bei ihr versichert. Bekanntermaßen hat die ÖGK ein Problem, das sich als Defizit in der Größenordnung von 900 Millionen Euro darstellt. Die Regierung greift jetzt ein, indem sie die KV-Beiträge für Pensionistinnen und Pensionisten erhöht. Nur leider, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist das eine besonders teure Variante des Sanierens der Krankenkassen.
Die vorliegende Erhöhung der KV-Beiträge bringt zwar den Krankenkassen ab 2026 Beiträge von rund 700 Millionen Euro, kostet aber im Budget gleichzeitig 500 Millionen Euro bei den Hebesätzen, und es werden auch noch 200 Millionen Euro weniger Lohnsteuer eingenommen, weil die KV-Beiträge die Steuergrundlage reduzieren. Letztere Zahl stammt direkt vom Finanzminister. Das macht 700 Millionen Euro Mehrkosten für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, und das in Zeiten hoher Budgetdefizite. Das heißt, die Mehreinnahmen der ÖGK stehen gleich hohen Mehrkosten fürs Budget gegenüber, oder andersherum gesagt: aus der einen Tasche raus, in die andere Tasche rein. Ob das intelligent ist, wage ich zu bezweifeln. (Beifall bei den Grünen.)
Und der Treppenwitz der ganzen Geschichte: Liebe NEOS, ihr erhöht mit dem heutigen Beschluss die Budgetausgaben für Pensionen, und zwar um satte 500 Millionen Euro jährlich. Ihr wollt zukünftigen Pensionistinnen und Pensionisten, ihr wollt zukünftigen Regierungen einen Pensionsautomatismus aufzwingen, der zum Sparen bei Pensionen zwingen soll, und jetzt erhöht ihr selber die Pensionsausgaben. Ich meine, wie absurd ist das?! Oi, oi, oi!, würde Kollege Koza sagen. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf der Abg. Doppelbauer [NEOS].)
Kolleginnen und Kollegen der SPÖ! Dazu kommen dann noch diese großartig angekündigten Abfederungsmaßnahmen, zum Beispiel das Einfrieren der Rezeptgebühr, das sich am Ende des Tages die Betroffenen mit der demnächst anstehenden Erhöhung der E-Card-Gebühr selbst finanzieren werden – auch das sollte erwähnt werden.
Oder die an sich durchaus sinnvolle Senkung der Bemessungsgrundlage für die Rezeptgebührenobergrenze von 2,0 auf 1,5 Prozent, die ihr wie eine Monstranz vor euch hertragt: Das große Problem an der ganzen Geschichte ist, dass sie erst ab 2027 kommt, und dann auch erst schrittweise, und erst 2030 wirklich schlagend wird.
Das heißt im Endeffekt, ihr kassiert jetzt bei den Pensionistinnen und Pensionisten (Abg. Kucher [SPÖ]: Ihr habt kassiert!), und eventuell kommt dann irgendwann einmal eine leichte Entlastung.
Wir glauben ja, dass euch da ein Fehler passiert ist, da ihr das so vor euch hertragt. (Abg. Wöginger [ÖVP]: Was soll da ein Fehler sein?) Deshalb bringe ich folgenden Abänderungsantrag ein:
Abänderungsantrag
der Abgeordneten Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen zur Regierungsvorlage 91 der Beilagen
Der Nationalrat wolle beschließen:
Der dem oben zitierten Ausschussbericht angeschlossene Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:
In Artikel 8 Ziffer 9 entfällt in § 809 der Absatz (4).
Das bedeutet nämlich, dass dann genau diese Maßnahme, die von euch immer so großartig vor euch hergetragen wird, sofort gelten würde, und nicht erst ab 2027 bis 2030. (Beifall bei den Grünen.)
Bei den unteren Einkommen, die wir in der Vergangenheit gestärkt haben, wird jetzt gekürzt – durch die Abschaffung des Klimabonus, die ausgesetzte Inflationsanpassung bei Familienleistungen und das Aussetzen des sozialen Drittels. Das ist Budgetkonsolidierung, die nicht auf breiten Schultern thront, sondern von einer breiten Masse in diesem Land getragen werden wird. Das betrifft vor allem die Bezieher:innen kleiner Einkommen besonders, denen wird nämlich das Einkommen um 2,3 Prozent gekürzt, die Top-10-Prozent Verdienerinnen und Verdiener verlieren hingegen nur 0,4 Prozent. Das ist eine soziale Schieflage. Diese Zahlen stammen nicht von mir, sondern vom Budgetdienst des Parlaments.
Das vorliegende Kassensanierungsvorhaben ginge günstiger, nachhaltiger und intelligenter, wie wir finden, und deshalb darf ich auch noch einen Entschließungsantrag einbringen, der die Regierung zur Einführung einer Gesundheitsabgabe auf Kapitalerträge auffordert. Damit würden nämlich die Gewinner der Krise, die, die große Gewinne aus Kapitalerträgen erwirtschaftet haben, einen echten Beitrag zur Sanierung leisten. Das fordern wir analog zu den Ideen eines gewissen Markus Marterbauer aus dem Jahr 2006, der in einer sehr guten und wie wir finden durchaus lesenswerten Wifo-Studie genau das schon beschrieben hat. Wir versuchen, daran eine Anleihe zu nehmen. (In Richtung Bundesminister Marterbauer:) Gratulation dazu!
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Gesundheitsabgabe auf KESt-pflichtige Vermögenseinkommen statt KV-Beitragserhöhung für Pensionist:innen“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert, zeitnah eine Regierungsvorlage zu übermitteln, mit der eine Gesundheitsabgabe von 6 % auf kapitalertragssteuerpflichtige Vermögenseinkommen (für Privatpersonen) eingehoben wird. Mit dieser Abgabe soll die Finanzierungsgrundlage der Krankenkassen solidarisch, sozial gerecht und finanziell nachhaltig abgesichert werden.
Im Gegenzug wird mit Einführung dieser Gesundheitsabgabe auf die KV-Beitragserhöhung für Pensionist:innen verzichtet.“
Zuletzt möchte ich noch auf die von dieser Regierung eingebrachte Neuregelung betreffend Entsendung der Versicherungsvertreterinnen und -vertreter in die BVAEB, also die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, eingehen. Die Neuregelung entspricht nämlich schon wieder nicht dem Erkenntnis des VfGH, weil die Versicherungsvertreterinnen und -vertreter ausdrücklich von der freiwilligen Interessenvertretung Gewerkschaftsbund und nicht, wie vom VfGH ausdrücklich verlangt, aus dem – ich zitiere – „Kreis dort gewählter Funktionsträger der zuständigen öffentlich-rechtlichen Interessenvertretungen der Dienstnehmer“, also der Arbeiterkammer, entsandt werden. (Abg. Wöginger [ÖVP]: Na genau!)
Ich bringe daher auch dazu noch einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend verfassungskonforme Regelung der Entsendung der Versicherungsvertreter:innen in die BVAEB ein.
Dieser Antrag sollte in der Zwischenzeit in Verteilung sein oder bereits verteilt worden sein. Ich ersuche auch da um eine breite Zustimmung, damit die Beschickung der BVAEB-Gremien in Zukunft endlich vor dem VfGH hält. (Abg. Wöginger [ÖVP]: Was ist das für eine Rechtsauffassung?)
Abschließend halte ich fest: Wer die breiten Schultern sucht, wird sie nicht finden. (Abg. Herr [SPÖ]: Na geh bitte!) Wir haben sie gesucht und nicht gefunden (Abg. Herr [SPÖ]: Die Bankenabgabe zum Beispiel!), der Budgetdienst hat sie gesucht und nicht gefunden, Expertinnen und Experten haben sie gesucht und nicht gefunden. Mit unserem Antrag helfen wir beim Suchen und beim Finden, damit die breiten Schultern nicht zum gleichen Rohrkrepierer und Marketingschmäh wie die Patientenmilliarde werden. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)
13.29
Der Gesamtwortlaut der Anträge ist unter folgenden Links abrufbar:
RN/69.1
Budgetsanierungsmaßnahmengesetz 2025 Teil II – BSMG 2025 II (AA-13)
RN/69.2
RN/69.3
Budgetsanierungsmaßnahmengesetz 2025 Teil II – BSMG 2025 II (AA-14)
Präsidentin Doris Bures: Der in den Grundzügen erläuterte Abänderungsantrag betreffend „Entsendung der Versicherungsverteter/innen“ ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung; der zweite Abänderungsantrag ebenfalls und der Entschließungsantrag auch.
Damit gelangt der nächste Redner, Herr Abgeordneter Andreas Hanger, zu Wort.