RN/74
14.09
Abgeordneter Ing. Mag. Volker Reifenberger (FPÖ): Hohes Haus! Kollege Stocker! Einiges, was Sie hier gesagt haben, trauen Sie sich auch nur hier vom Rednerpult aus unter dem Schutzmantel der Immunität. Ich würde mir erwarten, dass Sie das vielleicht auch draußen vor den Medien einmal sagen. Das wäre dann etwas mutiger. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Michael Hammer [ÖVP]: Was meinst jetzt? Das haben sie dir verkehrt aufgeschrieben!)
Die eigentliche Frage aber, die wir uns heute zu stellen haben: Können wir dieser abgehalfterten oder – vielleicht sage ich es so, sonst kriege ich auch noch einen Ordnungsruf – abgewählten Bundesregierung (Abg. Stocker [ÖVP]: Wollen Sie mir drohen, Herr Kollege?), können wir dieser Regierung der Verlierer noch vertrauen? Genau um diese Frage geht es bei diesem Misstrauensantrag. (Abg. Michael Hammer [ÖVP]: Es geht ja um die ...!)
Als Wehrsprecher muss ich das Objektiv etwas schärfer stellen, genauer hinschauen und die Frage präzisieren (Abg. Meinl-Reisinger [NEOS]: Können wir sie abschließen?): Ist diese Bundesregierung für die Sicherheit Österreichs noch tragbar? (Zwischenruf des Abg. Gerstl [ÖVP].)
In diesem Zusammenhang muss ich zwangsläufig auf das letzte Wochenende zu sprechen kommen. Verteidigungsministerin Tanner hat es zu verantworten, dass Österreich letztes Wochenende völlig schutzlos gegen Bedrohungen aus der Luft dastand. Es gibt pro Jahr rund 50 Alarmstarts der Eurofighter – ich betone: Alarmstarts, reale Alarmstarts, keine Übungsflüge. Letztes Wochenende hätte aber jeder fremde Staat und auch jeder Terrorist in unseren Luftraum eindringen können. Wir hätten das zwar beobachten, aber nichts – rein gar nichts – dagegen tun können. Wir waren komplett schutzlos – und das in einer Zeit, in der wenige hundert Kilometer entfernt ein konventioneller Krieg stattfindet und sich jederzeit zum Beispiel eine bewaffnete Drohne nach Österreich verirren kann.
Der Gipfel des Ganzen ist dann auch noch, dass Ministerin Tanner am Wochenende behauptet hat, sie hätte erst aus den Medien erfahren, dass wir an diesem Wochenende schutzlos seien. Wenn dem wirklich so wäre, dann wäre das allein schon ein Skandal, denn wenn man nach fünf Jahren sein Ministerium nicht so weit im Griff hat, dass einem gemeldet wird, wenn die Luftraumüberwachung nicht einsatzbereit ist – also eine Gefahr für die nationale Sicherheit besteht –, dann ist das ein Skandal und dann müssten im Ministerium eigentlich ein paar Köpfe rollen. (Beifall bei der FPÖ.)
Ich weiß aber, dass Ministerin Tanner spätestens seit dem 24. Oktober sehr wohl davon gewusst hat. Warum weiß ich das so genau? – Weil ich Ministerin Tanner an diesem Tag höchstpersönlich hier in diesem Plenarsaal in einem Vieraugengespräch darüber informiert habe. (Abg. Stögmüller [Grüne]: Über was?)
Da es bei diesem Thema um ein so heikles, sicherheitsrelevantes Thema geht, habe ich es aus Verantwortung der Republik gegenüber nicht den Medien zugespielt, sondern ich bin direkt zur Ministerin gegangen, habe ihr das erzählt und habe mir erwartet, dass sie diesen Missstand abstellt. Ministerin Tanner hat aber nicht reagiert. Sie wollte anscheinend durchtauchen und das Ganze vertuschen.
Jetzt gibt sie die Überraschte. Sie hat den Medien nicht wirklich die Wahrheit gesagt und möchte den Schwarzen Peter ausschließlich Werner Kogler, dem Beamtenminister, zuschieben. Werner Kogler hat natürlich auch eine ganz gehörige Portion Schuld an der Misere, das will ich gar nicht verschweigen, aber die Hauptverantwortung liegt schon bei Ministerin Tanner. (Abg. Tanner [ÖVP]: Und die nehme ich über die letzten fünf Jahre wahr!) Die Ministerin hätte das Problem nämlich letztes Wochenende auch ohne Werner Kogler lösen können. (Abg. Tanner [ÖVP]: Schaut einmal, was ihr zusammengebracht habt in diesem Ressort!) – Frau Ministerin Tanner, Sie können sich sicherlich zu Wort melden, aber jetzt bin ich am Wort. (Abg. Tanner [ÖVP]: Wir haben das höchste Vertrauen in dieser Republik! Erstmalig!)
Man hätte mit gutem Willen die Eurofighter für ein paar Tage nach Hörsching verlegen können (Zwischenruf der Abg. Tanner [ÖVP]), und die dortigen Fluglotsen hätten den kritischen Zeitraum überbrücken können. (Abg. Tanner [ÖVP]: Der Herr Offizier müsste das besser wissen! Du müsstest es besser wissen als Offizier! Du weißt es ganz genau!) Oder man hätte Fluglotsen nach Zeltweg dienstzuteilen können, aber Ministerin Tanner hat ihr eigenes Ministerium nicht im Griff. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Stögmüller [Grüne]: Kunasek war auch nicht wirklich erfolgreich in der Zeit!)
Frau Ministerin, ich verstehe schon, dass Sie sich aufregen. Ihre eigenen Mitarbeiter schirmen Sie ab, so nach dem Motto: Man darf keine negativen Nachrichten an die Chefin herantragen. Das erinnert mich ein bisschen an Wladimir Putin, dem seine Entourage auch nicht gesagt hat, wie schlecht der Zustand der russischen Armee ist, und ihn im Glauben ließ, dass man die Ukraine locker in drei Tagen einnehmen werde können.
Frau Ministerin Tanner, Sie geben viel Geld aus, Sie beschaffen neues Gerät, aber das größte Problem, das Personalproblem, haben Sie nicht im Geringsten im Griff. Wer soll denn die ganzen neuen Waffen und das neue Gerät bedienen? – Unsere Berufssoldaten bekommen viel zu wenig bezahlt, sodass sie reihenweise das Bundesheer verlassen. Bei Spezialfunktionen, wie den Fluglotsen und den Ärzten, ist das ganz massiv, denn diese Spezialisten werden auch im Zivilen händeringend gesucht und dort viel besser bezahlt.
Frau Minister, hören Sie gut zu: Bei der Miliz weigern Sie sich – unterstützt von Bundeskanzler Nehammer, der es als Oberleutnant eigentlich besser wissen sollte –, die notwendige Entscheidung zu treffen, wieder verpflichtende Milizübungen einzuführen – das, obwohl Ihnen ja Ihr eigener Generalstabschef über die Medien hat ausrichten lassen, dass das dringendst notwendig wäre. Damit prolongiert die Verteidigungsministerin vorsätzlich einen jahrelangen Verfassungsbruch – genauso wie beim Beitritt zum Nato-Projekt Sky Shield. (Abg. Stögmüller [Grüne]: Das ist kein Nato-Projekt! Du verstehst nicht einmal Nato!) Das ist eine freihändige Neutralitätsverletzung, denn das Parlament, das Hohe Haus, wurde noch nie befragt, ob wir Sky Shield beitreten möchten oder ob wir das nicht wollen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Tanner [ÖVP]: Und auch das weißt du besser!)
Natürlich müssen wir die Fähigkeitslücke bei der Luftabwehr lieber heute als morgen schließen, das ist unbestritten. (Abg. Stögmüller [Grüne]: Also Luftraumüberwachung ja, aber nicht mit Sky Shield?) Deswegen dürfen wir aber doch nicht unsere Neutralität über Bord werfen und einem Militärbündnis beitreten, das in weiterer Folge auch noch in die Nato-Strukturen eingebettet sein wird.
Die Bundesregierung hat die Aufgaben, die personellen Voraussetzungen zu schaffen, sonst werden auch die Raketen – genauso wie die Eurofighter – am Boden liegen bleiben und das österreichische Bundesheer kann lediglich versuchen, wochenends – wie die Briten bei Asterix – eine Teatime auszurufen. (Abg. Stögmüller [Grüne]: Geh bitte, deine abgeschriebene Rede da?!)
Wir haben es hier mit einem politischen Multiorganversagen zu tun. (Abg. Stocker [ÖVP]: Na so was!) Nehammer, Tanner, Schallenberg und auch Werner Kogler sind – und ich muss es in dieser Klarheit sagen – ein Sicherheitsrisiko für unser Land. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Stögmüller [Grüne]: Mit mehr Budget und mehr Ausrüstung ein Sicherheitsrisiko!)
Daher gibt es seit letztem Wochenende einen Grund mehr, der gesamten Bundesregierung das Vertrauen zu entziehen und unserem Misstrauensantrag zuzustimmen. (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Eine wirklich schlechte Rede! – Abg. Stögmüller [Grüne]: Das war eine ganz grottenschlechte Rede!)
14.16
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Elisabeth Herr.