RN/11

10.03

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Vielen Dank. – Sehr geehrte Damen und Herren von der Bundesregierung! Hohes Haus! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Liebe Angehörige! Der Amoklauf in Graz hat uns alle in einer Stimmung hinterlassen, die geprägt ist von Schock, Fassungslosigkeit, Trauer und tief empfundenem Mitgefühl. Man versucht, etwas zu verstehen, was man aber nicht verstehen kann; niemand von uns kann sich die wirkliche Betroffenheit der unmittelbarst Nahestehenden vorstellen. 

Diese Erfahrung werden wahrscheinlich viele von Ihnen in den letzten Tagen gemacht haben – egal wo man war, auf der Straße, beim Einkaufen, beim Arzt –: Einander nicht bekannte Leute haben begonnen, über diesen Amoklauf zu sprechen, in dem Versuch, irgendetwas verstehen zu können, was man aber nicht schafft. Jeder hat sich aber gefragt: Was kann man tun? Da sind dann Aussagen gekommen wie diese: Eigentlich kann man nur da sein – so wie die Einsatzkräfte, die in den ersten Minuten nach diesem tragischen Ereignis sofort da waren und Hilfestellung geleistet haben; das medizinische Personal, die Psycholog:innen, die Kriseninterventionsteams; oder einfach Leute, die gesagt haben: Ich spende Blut, um zu helfen!; oder Gastrobetriebe, die sofort gesagt haben: Wir übernehmen die Versorgung mit Essen und Trinken all jener, die jetzt in diesen schweren Stunden für die Allgemeinheit da sind! – Erlauben Sie mir, dass ich all diesen Personen, die mit ihrer Hilfe versucht haben, diese wirklich so schweren Stunden erträglich zu machen, ein ganz herzliches Dankeschön ausspreche. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und NEOS.)

Wenn die Leute miteinander gesprochen haben, sind auch Aussagen gekommen wie diese: Man kann nur persönlich versuchen, das Bestmögliche zu tun, auch in einer so schwierigen Situation; persönlich, im menschlichen Umgang miteinander, oder auch und vor allem durch eine berufliche Tätigkeit und Verantwortung. Da beginne ich mit unserer Bundesregierung, an die gestern vom Schulsprecher der betroffenen Schule bei der Trauerfeier am Hauptplatz in Graz ein deutlicher Appell gerichtet wurde; er hat gesagt: Bitte, liebe Regierung, tun Sie etwas! 

Genau das wurde bereits begonnen, dieser Prozess hat eingesetzt; es wurde sehr rasch ein Maßnahmenpaket für den Ministerrat am Mittwoch geschnürt. Worum geht es in diesem Paket? – Da geht es zuallererst einmal darum, den unmittelbarst Betroffenen schnell helfen zu können, etwa durch einen Entschädigungsfonds für die Übernahme von Begräbniskosten und für die Finanzierung der notwendigen psychologischen Hilfe. Da geht es aber auch darum, Sicherheit zu vermitteln, indem mehr Polizei, mehr Sicherheitskräfte bei den Schulen sind; da geht es darum, die Sicherheits-, vor allem die Präventionskonzepte in Absprache mit allen Bildungsdirektionen anzupassen und zu überarbeiten. Und es geht auch darum, für genau diese betroffene Schule zu klären, wie man mit der nicht abgeschlossenen Matura umgeht. Es wurde schon angesprochen, dass in diesem Maßnahmenpaket eine Flexibilisierung der Matura vorgesehen ist. 

Ein wesentlicher Punkt ist auch: Es geht um eine massive Aufstockung des schulpsychologischen Angebotes, eben um zu erkennen: Ist jemand gefährdet, kann ich ihn oder sie auffangen?

Zwei weitere wesentliche Punkte spreche ich an, die auch schon breit in der Öffentlichkeit diskutiert wurden: Es geht um eine Verschärfung der Waffengesetze. Zu Recht fragen sich die Leute: Wie kann es sein, dass man mit 18 ohne Weiteres zu einer Schusswaffe kommt? Wie kann es sein, dass die psychologischen Gutachten nicht tiefer gehend sind und relativ rasch das gewünschte Ergebnis – nämlich an eine Waffe zu gelangen – eintritt? Es geht darum, den Zugang zu diesen Waffen zu erschweren. Diese Diskussion wird im Wissen, dass Österreich eine der höchsten Waffendichten in Europa hat, intensiv und rasch geführt werden müssen. Ich ersuche wirklich, den Blick auch über die europäischen Grenzen hinaus schweifen zu lassen, Vorbilder zu suchen. Wir wissen, dass in Österreich auf 100 Einwohner 17 Schusswaffen kommen – in Japan hingegen sind es auf 100 Einwohner nur 0,6 Schusswaffen. Das muss alles berücksichtigt werden. 

Ein ganz wichtiger Punkt als unmittelbare Ableitung aus diesem schrecklichen Ereignis vorige Woche: Ein Datenaustausch zwischen den Behörden muss unkompliziert und schnell erfolgen können. 

All diese Maßnahmen zielen auch auf längerfristige Prävention ab, und ich erlaube mir, an dieser Stelle an politische Entscheidungsträger:innen, egal auf welcher Ebene, aber nicht nur an diese, sondern auch an alle beteiligte Personen den Appell zu richten, sich die Frage zu stellen: Ist es sinnvoll, bei Gewaltprävention zu sparen? Ist es sinnvoll, bei Extremismusprävention zu sparen? Ist es sinnvoll, bei beratenden Organisationen zu sparen, die genau dieser Gewalt vorbeugen sollen und Gewaltakte verhindern sollen? Und ich richte an jene, die bereits Entscheidungen diesbezüglich getroffen haben, den Appell, diese Entscheidungen zu reflektieren und gegebenenfalls zu revidieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren, wir alle tragen hohe Verantwortung. (Zwischenruf des Abg. Schnedlitz [FPÖ].) Wir können den Schmerz nicht nehmen und wir können die Trauer nicht nehmen, aber uns allen ist bewusst: Wir haben die eindeutige Verpflichtung, alles Mögliche zu unternehmen, dass sich ein derart tragisches Ereignis wie vorige Woche in Graz nicht wiederholen kann. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS.)

 10.09

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Als Nächste zu Wort gemeldet: Frau Abgeordnete Fiedler. Eingemeldete Redezeit: 5 Minuten.