RN/72
16.38
Abgeordneter Veit Valentin Dengler (NEOS): So, also auch an diesem Tag, an dem wir eigentlich an Graz denken sollten und an dem Herr Präsident Selenskyj zu Besuch ist, müssen wir uns mit dem Psychodrama der FPÖ beschäftigen. Dann tun wir das. (Abg. Kickl [FPÖ]: Sie müssen nicht, Sie können sich auch wieder niedersetzen!) – Na, na, ich tue es gern, Herr Kickl, ich tue es gern. Wir wissen inzwischen auch, wie lange Sie eine staatsmännische Pose durchhalten: ungefähr 2 Stunden – von Ihrer ersten Rede, die sehr vernünftig klang, bis dann zu dem Selenskyj-Besuch. (Abg. Shetty [NEOS]: Die Halbwertszeit! – Abg. Kickl [FPÖ]: Oberlehrer und Chefpsychologe!)
Ich frage mich hier oft, warum Sie das tun, warum Sie so stark für Russland Partei ergreifen. Ich glaube, die erste Frage ist: Tun Sie das? – Diese Dringliche Anfrage wird für die Historiker ein interessantes Beispiel sein, wie sehr Sie in der Tasche Moskaus stecken.
Ich fange einmal mit der Frage Nummer 4 an: „Wird Präsident Selenskyj mit allen protokollarischen Ehren empfangen – und wenn ja, auf welcher rechtlichen Grundlage?“ – Es ist ein offizieller Besuch. Der Herr Bundespräsident lädt ein. Der Herr Bundespräsident ist auch Oberbefehlshaber des Heeres, wie Sie wissen. (Abg. Kickl [FPÖ]: Und das wissen wir seit der Beantwortung der Frage 1!) Das heißt, ein Begrüßungsakt ist Routine, wie er es für alle anderen Staatsoberhäupter auch ist.
„Welche Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens wird Selenskyj im Rahmen seines Besuchs treffen [...]?“ – Sie fragen dann auch in Frage 24: „Warum wurde der Hauptausschuss des Nationalrats nicht im Vorfeld über den Besuch und dessen Inhalte informiert?“ – Wir leben in einer Demokratie, weder Einladungen noch Besuche durch den Herrn Bundespräsidenten müssen irgendwie vorher vom Parlament behandelt, geschweige denn genehmigt werden. Ich glaube, das zeigt schon, was für ein - - (Abg. Wöginger [ÖVP]: Der ist auch nicht informiert worden, wie die Kneissl geheiratet hat! – Abg. Kickl [FPÖ]: Da waren aber mehr von euch dabei als von uns!)
Was aber wirklich interessant für mich ist, ist dann die Frage 36: „Ist dem Bundeskanzler bekannt, dass auf den Seiten ‚Mirotworez‘ und ‚Molfar‘ zahlreiche österreichische Staatsbürger, darunter Journalisten und Politiker, namentlich als ‚Staatsfeinde‘ gelistet werden?“
Für die von uns, die diese Websites nicht kennen: Das sind sogenannte Osint-Seiten, also Open Source Intelligence, offen gesourcte Nachrichten. Myrotworez ist übrigens von einem Poroschenko-Minister gegründet worden, also von der jetzigen Opposition zu Selenskyj, und Molfar ist eine klassische Osint-Seite, wie wir sie kennen. Und da gibt es tatsächlich einen Tab „Feinde der Ukraine“, und wenn Sie dort draufklicken – das ist sehr interessant –, dann sehen Sie verschiedene Kategorien, nämlich „Russische Kriegsverbrecher“, wo versucht wird, Kriegsverbrecher zu identifizieren, „FSB“-Agenten, die auch durch Osint-Methoden zu identifizieren versucht werden, und dann gibt es die sogenannten „Ausländischen Propagandisten“ für Russland.
Wenn man da auf Österreich draufklickt, kommen zehn Namen. Ich danke Ihnen sehr, dass Sie mich auf diese Fährte gebracht haben, ich hätte mir das sonst nicht so angeschaut. Die zehn Namen, die da unter Österreich zu finden sind, sind sehr interessant: zuerst Ulrike Guérot und Ulrike Reisner, zwei Publizistinnen, die ein bissel falsch abgebogen sind, dann Irina Moutchkina – die kennen Sie vielleicht, die ist von der Vereinigung der Russen in Österreich – und Oleg Ksenofontov – das ist der Leiter des Russischen Kulturinstituts –, weiters Stefan Magnet – das ist der Gründer von „AUF1“, kennen Sie sicher gut – und Alexander Markovics, der Gründer der Identitären Bewegung in Österreich. Weiters finden Sie da Werner Murgg von der KPÖ – den kennen wir leider alle, die Steirer von uns auf jeden Fall –, und drei FPÖ-Politiker: Harald Vilimsky, Herbert Kickl und Robert Stelzl. (Abg. Martin Graf [FPÖ]: Das ist aber nicht lustig! – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Und das finden Sie witzig? – Abg. Martin Graf [FPÖ]: Eine Todesliste!)
Als Frage 37 schreiben Sie: „Welche Schritte hat die Bundesregierung [...] unternommen, um gegen die Veröffentlichung personenbezogener Daten österreichischer Staatsbürger auf diesen Seiten vorzugehen?“
Wissen Sie, was auf dieser Seite drauf ist? – Da ist drauf Ihr Instagram-Handle, da ist drauf Ihr Twitter-Handle, und es sind drei oder vier Zitate zu finden, was Sie so zur Ukraine geschrieben oder gesagt haben. That’s it! Und wenn Sie das so schmerzt, wenn Sie sich deswegen solche Sorgen machen, dann sollten Sie sich vielleicht einmal überlegen: Warum wollen Sie eigentlich ausländische Propagandisten für Russland sein? – Das wäre meine Frage dazu. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und Grünen. – Abg. Kickl [FPÖ]: Kennen Sie überhaupt die Bedrohungslage der Leute, über die Sie da reden?)
Und dann müssen wir natürlich jedes Mal über Ihr Heiligtum reden, das ist die Neutralität. Lustigerweise war mein Vater Legationssekretär in den Fünfzigerjahren und am Rande an den Verhandlungen über die Neutralität beteiligt. Mein Großvater war mit Figl bekannt, und der hat damals ganz klar gesagt: Die Neutralität ist die Kröte, die wir für unsere Unabhängigkeit schlucken müssen. Und wie schon gesagt: Die FPÖ war ja immer gegen die Neutralität.
Frau Fürst, Sie haben zwei Sätze aus dem Neutralitätsgesetz vorgelesen. Wissen Sie, wie lang das Neutralitätsgesetz ist? – Es ist drei Sätze lang. Sie haben nur den dritten Satz nicht vorgelesen, und wenn Sie den vorgelesen hätten, wüssten Sie auch, was drinsteht, nämlich dass wir keinem militärischen Bündnis beitreten werden und dass es keine fremden Truppen in Österreich geben soll. (Abg. Kogler [Grüne]: Genau!) Das ist es. Das ist unsere Verpflichtung nach dem Neutralitätsgesetz. Alles andere ist irgendein Popanz, den Sie dazuerfinden, was Sie gerne hätten oder was Moskau gerne hätte. (Abg. Kickl [FPÖ]: Nein, nein, das ist ein bisschen komplizierter! – Abg. Reifenberger [FPÖ]: Neutralität ist völkerrechtlich definiert!)
So, und jetzt komme ich zurück auf das Thema des Motivs, denn was mich immer beschäftigt, ist: Warum ist die FPÖ unbedingt immer auf der Linie von Moskau? Wenn man Ihre Rhetorik liest: Ich war Student in den Achtzigerjahren, wissen Sie, welche Partei damals so geredet hat, immer über Frieden geredet hat – Frieden, Frieden, Frieden? – Die KPÖ, nicht die FPÖ; die FPÖ war für den Nato-Beitritt. Die KPÖ hat immer über Frieden geredet: Wir sind für den Frieden!, hat Friedensdemonstrationen organisiert und so weiter. In der DDR, wie Sie ja auch wissen, gab es mehrere Parteien. Da gab es ja Liberale und Christdemokraten und so weiter in der DDR-Volkskammer. Sie wissen auch, wie die hießen, das waren die sogenannten Blockflöten, weil die halt immer nachgeflötet haben, was die Kommunistische Partei vorgegeben hat.
Sie geben sich so gern als Patrioten, und die Frage, die ich Ihnen stelle: Für welches Land sind Sie Patrioten?, denn Blockflöten sind keine Patrioten. (Beifall bei NEOS, ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenrufe bei FPÖ und Grünen.)
16.44
Präsident Peter Haubner: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Meri Disoski. Als Redezeit habe ich 5 Minuten eingestellt.