RN/74

16.51

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Danke, sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Seien Sie nicht ungehalten, wenn ich in diese bellizistische Runde vielleicht ein bisschen eine andere Meinung einbringe – das wird im Parlament in diesem Zusammenhang vielleicht noch gestattet sein.

Ich repliziere nur auf ein paar Themen: Frau Kollegin Bayr, ich kann vieles von Ihren Inhalten teilen. Sie haben den „Raum für Debatten“ gefordert. – Ja, wir wollen auch Raum für Debatten in der Ukrainefrage (Abg. Kogler [Grüne]: Ist eh okay!), in den Zahlungsverpflichtungen, die wir eingehen, in der Kriegsangelegenheit hier im Parlament. (Abg. Bayr [SPÖ]: Wer verweigert Ihnen die Debatte?) Die Einzigen, die dafür sorgen, dass es hier im Parlament – hier im Plenum – überhaupt zu Debatten kommt, sind die Abgeordneten der Freiheitlichen Partei. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich sage das nur dazu, damit auch über die nicht öffentlichen Ausschüsse hinaus die Bevölkerung über die Standpunkte informiert wird. Das ist Aufgabe eines Abgeordneten, und diesen Standpunkt und dieses Thema lassen wir uns auch nicht wegnehmen.

Sie sagen immer wieder: Wir kämpfen für einen „gerechten Frieden“. – Kollege Kogler, ja, ich auch, wir alle. Kennen Sie einen gerechten Frieden in den letzten 200 Jahren auf dieser Welt? – Ich kenne keinen. Das, was ich kenne, sind Waffenstillstände. Meinen Sie gerechten Frieden so wie in Korea? (Abg. Shetty [NEOS]: Dünnes Eis ist das jetzt! – Zwischenrufe bei den Grünen.) Meinen Sie gerechten Frieden so wie in Zypern? (Abg. Lukas Hammer [Grüne]: Das zeigt Ihr Geschichtsverständnis! – Zwischenruf des Abg. Schallmeiner [Grüne]. – Abg. Shetty [NEOS]: Kein gerechter Frieden in den letzten 200 Jahren!) Meinen Sie gerechten Frieden so wie in Bosnien? Sie tun ja so, als ob in Europa – auf dem Boden Europas – in den letzten Jahren und Jahrzehnten nie ein Krieg stattgefunden hätte. Das ist ja unwahr. Wir haben ständig Krieg, leider – weil wir viel zu viele Bellizisten haben (Abg. Schallmeiner [Grüne]: Ein bissl zu viel „AUF1“ geschaut!), und da gehören Sie mittlerweile ganz, ganz stark dazu, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Oxonitsch [SPÖ]: Jetzt kann man sich aber ein bissl einbremsen auch!)

Wissen Sie was? Ich kämpfe und setze mich auch dafür ein, dass wir einmal zu einem Waffenstillstand kommen, damit dieses Töten und Morden auf beiden Seiten aufhört. Ich glaube, die ukrainische Bevölkerung, aber letztlich auch die russische Bevölkerung haben sich verdient, dass das Töten aufhört. (Zwischenruf der Abg. Voglauer [Grüne]. – Abg. Disoski [Grüne]: Sagen Sie das dem Putin! – Abg. Schallmeiner [Grüne]: ... Moskau!) Um nichts anderes geht es in diesem Punkt.

Ja, ich will gar nicht darauf eingehen, wer aller Lobeshymnen auf Putin gehalten hat. (Zwischenruf der Abg. Krisper [NEOS].) Sie können das in der Debatte gerne auch uns vorwerfen. Nur sind die Eigenwahrnehmung und die Außenwahrnehmung ja in Wirklichkeit diametral anders. (Zwischenruf der Abg. Voglauer [Grüne].) Das heißt, die Bevölkerung, unser Volk glaubt Ihnen das ja alles nicht mehr. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Schallmeiner [Grüne]: Wie viele Völker haben wir denn, Herr Kollege?)

Weit über unseren Wählerkreis hinaus vertreten wir Menschen in diesem Land, und das ist gut und richtig so, finde ich, weil in diesem Punkt auch noch eine Lanze für den Frieden gebrochen werden muss.

Wenn ich dann von Herrn Kollegen Veit Dengler, der wieder viel Gratismut bewiesen hat, sehe oder höre, wie er sich denn nicht einsetzt, und wenn er uns dann dafür geißelt, wer sich aller je mit Putin getroffen hat: Nehmen Sie sich bei der Nase! Kollegin Edtstadler ist gerade weggegangen. Sie hat bis vor Kurzem auf ihrem Account noch gehabt: einer der schönsten Tage ihres Lebens, als sie die Kranzniederlegung anlässlich des Staatsbesuches mit Putin gemacht hat – bei der übrigens Herbert Kickl es verweigert hat, dort hinzugehen, und sie als Staatssekretärin hat es sich nicht nehmen lassen. Ich sage es nur dazu. Vielleicht fangen Sie einmal an, vor der eigenen Türe zu kehren (Zwischenruf der Abg. Voglauer [Grüne] – Abg. Disoski [Grüne]: Die ÖVP ...!) und darüber nachzudenken, wer aller dort wirklich Geschäfte gemacht hat – und führen nicht irgendwelche Scheindebatten, weil vielleicht ein paar frühere Freiheitliche kurze Zeit einen Irrweg gegangen sind.

Wir sind nie in einer gemeinsamen Fraktion mit russischen Kriegstreibern gesessen – das waren schon Sie, Herr Kogler, im Europarat mit den Sozialisten und vielen anderen, die dort in einer Fraktion gesessen sind, und die ÖVP in der EVP genauso. (Zwischenrufe der Abgeordneten Disoski [Grüne] und Voglauer [Grüne].) Schirinowski ist im Europarat gemeinsam mit Van der Bellen in einer Fraktion gesessen – haben Sie das vergessen? (Zwischenruf des Abg. Michael Hammer [ÖVP].) Wir sind es nie gewesen. Sie haben nie eine Vereinbarung mit Putin gebraucht, weil Sie in Koalition mit ihm gewesen sind – das ist der Unterschied. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Lukas Hammer [Grüne].)

Meine sehr geehrten Damen und Herren (Zwischenruf des Abg. Schallmeiner [Grüne]), Sie kennen das vielleicht noch: kurz nach Amtsantritt von Donald Trump (Abg. Michael Hammer [ÖVP]: ... die Frau Fürst bei ihm, ja!) die Jubelnachricht von einem herausragenden Mainstream-Journalisten, Elmar Theveßen. Können Sie sich noch erinnern, was er in der Nacht, als die Angelobung war, gesagt hat? – Er hat gesagt: „Die gute Nachricht ist, es wird nicht am ersten Tag schon der Frieden ausbrechen in dieser Region.“

Das ist Ihre Grundhaltung: Die gute Nachricht ist, es wird nicht Frieden ausbrechen – in diesem Irrtum verharren Sie. (Zwischenruf der Abg. Krisper [NEOS].) Sie glauben immer noch, dass man diesen Krieg gewinnen kann – einen Krieg gegen eine Atommacht. Nicht einmal gegen Israel wird irgendjemand einen Krieg gewinnen, weil es auch eine Atommacht ist. (Zwischenruf des Abg. Schwarz [Grüne]. – Abg. Lukas Hammer [Grüne]: Red weiter, red weiter!) Da kann man machen, was man will, man muss Realitäten auch zur Kenntnis nehmen. (Abg. Shetty [NEOS]: Wenn Sie noch ein bisschen reden ...!)

Dass Sie sich permanent an ewige Irrtümer klammern, wissen nicht nur wir Freiheitliche, sondern auch unsere Bevölkerung und unser Volk. Seien es Coronapolitik, Fiskalpolitik, Migrationspolitik, Klimapolitik, Budgetpolitik, Sanktionspolitik – alles Irrtümer, an die Sie sich klammern, und vieles andere mehr. Ich mache heute eine kurze Analyse und sage: Hier befindet sich heute nicht gerade das Hauptquartier des gesunden Menschenverstandes. (Beifall bei der FPÖ.)

16.57

Präsident Peter Haubner: Herr Kollege Graf, Sie haben den Begriff „Bellizisten“ und „bellizistische Runde“ verwendet. Ich glaube, Ihnen ist bekannt, was die Begrifflichkeit bedeutet: Man kann sie mit Kriegshetzer oder Kriegstreiber gleichsetzen, und Sie haben uns alle als solche bezeichnet. Ich ersuche Sie, diesen Begriff zurückzunehmen. (Abg. Martin Graf [FPÖ]: Ich nehme ihn zurück und sage halt Kriegsfreunde! – Die Abgeordneten Greiner [SPÖ] und Krainer [SPÖ]: Sag einmal! – Abg. Michael Hammer [ÖVP]: ... geht’s echt nicht mehr! – Ruf bei der ÖVP: Ordnungsruf!) – Gut, danke. (Beifall bei der FPÖ.)