RN/104

17.09

Abgeordneter MMag. Dr. Michael Schilchegger (FPÖ): Danke, Herr Präsident! Werter Herr Staatssekretär! Werte Damen und Herren! Wir sprechen nun über eine Sammelgesetzbegleitnovelle, die die Regierungsparteien zum Informationsfreiheitsgesetz auf den Weg gebracht haben, das ja bekanntlich ab 1. September 2025, also dieses Jahr im Herbst, in Kraft treten wird. 

Vorweg: Wir Freiheitliche bekennen uns natürlich klar und unmissverständlich zum Kerngedanken der Informationsfreiheit, die ja ein Mehr an Transparenz in der staatlichen Verwaltung und ein Mehr an Transparenz auch in der Politik verspricht. Aber wenn wir schon von Transparenz sprechen – auch ein Wort an Herrn Kollegen Gerstl von der ÖVP –, sollten wir eigentlich bei der vollen Wahrheit bleiben. Sie haben es heute in einem Redebeitrag erwähnt – Frau Kollegin Zadić hat das dann mit anderen Worten unterstützt –, Sie haben gesagt: Das Amtsgeheimnis wird abgeschafft.

Das ist formal richtig, aber natürlich nur die halbe Wahrheit, denn Sie haben die Namensschilder getauscht: Das, was früher die Auskunftspflichtgesetze waren, heißt nun eben Informationsfreiheit, und das, was früher das Amtsgeheimnis war, besteht weiterhin fort, sie nennen es halt jetzt Geheimhaltungspflicht. Das heißt, die öffentlich Bediensteten, die Beamten, stehen weiterhin vor der Frage, ob nun zu einem Akt Auskunft erteilt werden muss, denn es gilt ja nun die Informationsfreiheit und das neue Regime, oder aber, ob genau dieselbe Auskunft gerade nicht erteilt werden darf, auf keinen Fall, denn es gelten ja immerhin das Grundrecht auf Datenschutz und das Amtsgeheimnis, das aber eben ab Herbst Geheimhaltungspflicht heißen wird. 

Die Beantwortung dieser schwierigen Fragen, die Auslegung dieser Prinzipien erfordert immer eine schwierige juristische Abwägungsarbeit. Damit bauen Sie ein enormes juristisches Spannungsfeld auf, und in diesem Spannungsfeld ist es aus meiner Sicht die Aufgabe des Gesetzgebers – nach der Verfassung, nach dem Bestimmtheitsprinzip des Artikels 18 B-VG, im Sinne des Legalitätsprinzips –, den Behörden diese Abwägungsarbeit abzunehmen, das heißt, Sie müssten in den gesetzlichen Begleitnovellen natürlich klar verankern, in welchen Materiengesetzen welches Prinzip überwiegt beziehungsweise welche konkreten Informationen zu erteilen sind, wo also die Transparenz zum Tragen kommt und wo hingegen die Geheimhaltungspflicht gilt. 

Das Schlimmste daran ist, dass Sie ja die öffentlich Bediensteten, die jetzt auf einmal alle voll transparent sein sollen und alles hergeben sollen, weiterhin mit dem gerichtlichen Strafrecht gemäß § 310 StGB neu wegen Verletzung von Geheimhaltungspflichten bedrohen. Wir haben diese Problematik bereits im Verfassungsausschuss am 8. Mai erörtert, ich habe Ihnen das so ausgeführt. Sie, liebe Verfassungssprecher aller Fraktionen, haben vielleicht dann auch am 26. Juni das E-Mail der NGO Forum Informationsfreiheit, die uns Freiheitlichen jetzt nicht nahesteht, erhalten, in dem ganz klar eben genau mein Argument bestätigt wird. Es wird also so sein, dass dieser Druck auf die öffentlich Bediensteten dazu führt, dass diese eben strafrechtliche Konsequenzen zu befürchten haben und damit den Geheimhaltungsinteressen in der Regel der Vorzug gegeben werden wird. 

Ihr Lösungsvorschlag war dann: Wir haben eine Ausschussfeststellung. Ich zitiere daraus, die Ausschussfeststellung lautet: „Wenn eine solche Abwägung [...] nachvollziehbar und vollständig durchgeführt und dokumentiert wurde, ist im Zweifelsfall nicht von einer vorsätzlichen Begehung auszugehen.“ Meine Damen und Herren, gut gemeint ist nicht gut gemacht, daher haben wir dieser Ausschussfeststellung auch nicht zugestimmt, denn Sie erweisen damit den öffentlich Bediensteten ja einen Bärendienst, Sie wollen ihnen damit helfen, tun es aber nicht. 

Sie verschlechtern damit die Rechtslage, denn diese Feststellung, die Sie haben wollten, bedeutet im Umkehrschluss, dass eben jede Abwägungsentscheidung unter der strafgesetzlichen Anforderung einer vollständigen Dokumentation stehen wird, also in der Verwaltungspraxis zu allem Übel und zu aller Bürokratie, die diese neue Rechtslage mit sich bringt, auch noch zusätzliche und langjährige Dokumentationspflichten auferlegt werden, nämlich bis zum Verjährungszeitpunkt der Strafbarkeit. Es bringt aber auch keinen Vorteil, meine Damen und Herren, wenn Sie schreiben, dass es „im Zweifelsfall“ so ist. Das bringt nichts, weil im Strafprozessrecht ohnehin im Zweifelsfall nie von einem Tatvorsatz auszugehen ist – Stichwort Unschuldsvermutung. Das einzig Gute an dieser Ausschussfeststellung ist, dass eine solche in der Strafrechtspraxis überhaupt keine Rolle spielt. Es ist also eine elfenbeinturmartige Vorgehensweise. 

Wir Freiheitlichen unterstützen den Wandel hin zu mehr Transparenz, aber diesen Gesetzesmurks, den Sie hier vorgelegt haben, unterstützen wir ausdrücklich nicht. 

Lassen Sie mich abschließend noch auf das Bild, das Sie in Ihrer vorigen Rede gezeichnet haben, Herr Kollege Gerstl, eingehen, dass der Staat „gläsern“ wird. Auch dieses Bild darf ich ein bisschen einordnen und korrigieren: Das Glas, von dem Sie sprechen, ist eigentlich eher ein Milchglas, durch das man kaum durchsehen kann, denn es gilt ja weiterhin die Geheimhaltungspflicht. Und der staatliche Glasbau, den Sie hier erwähnen und in dem die öffentlich Bediensteten tagtäglich ihren Dienst versehen, ist leider auch nicht sehr stabil, sondern sehr brüchig, weil eben jede Verletzung dieser neuen Geheimhaltungspflichten weiterhin als Damoklesschwert, sage ich einmal, über den Beamten und öffentlich Bediensteten hängen wird. (Beifall bei der FPÖ.)

17.14

Präsident Peter Haubner: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Susanne Raab. – Ich habe Ihre Redezeit auf 5 Minuten eingestellt. 

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.