RN/113
16.48
Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Danke, Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Staatssekretäre! Kolleginnen und Kollegen! Herr Ragger, ich habe jetzt überlegt, ob ich das so stehen lassen kann, aber ich kann es nicht so stehen lassen. Sie haben Villach angesprochen und das Attentat dort. Wer waren denn die Ersten, die gesagt haben: Wir müssen bitte etwas tun, um zu verhindern, dass sich solche Menschen künftig auf Plattformen radikalisieren? – Das waren wir. Ihr wollt das nicht, weil ihr diese Plattformen selber zur Radikalisierung nutzt. (Abg. Erasim [SPÖ]: Ihr befüttert sie! Die brauchen einen Content!) Das ist doch die Wahrheit! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Und es ist wieder typisch für die FPÖ: Es geht hier ums Waffengesetz, wir haben einen 10. Juni 2025 erlebt, der sich tief in das kollektive Gedächtnis unseres Landes eingebrannt hat, zehn Menschen sind erschossen worden, und Sie starten hier ein Ablenkungsmanöver. Das ist wirklich ein Wahnsinn, wie Sie vorgehen.
Es geht jetzt um das Waffengesetz, um die Verschärfungen, die notwendig sind, um die Frage: Wie können wir gewährleisten, dass möglichst wenig Schusswaffen in unserem Land in Umlauf sind? Wir sehen seit Jahren – seit Jahren! –, dass die Zahl der mit legalen Schusswaffen verübten Morde in diesem Land steigt. (Beifall bei den Grünen.)
Sie steigt. (Abg. Stefan [FPÖ]: Wo steht das? Gibt es dazu Fakten oder ist das eine Aussage?) Und dieser 10. Juni 2025, das war nicht ein singulärer Tag. Das war nicht ein Tag, an dem etwas passiert ist, das wir vorher nicht kannten.
Am 3. Mai 2025 ist in Maria Alm eine 34 Jahre alte Frau von ihrem Ex-Partner auf einem öffentlichen Platz, auf einem Parkplatz erschossen worden, regelrecht hingerichtet worden, mit einer legalen Schusswaffe.
Am 21. September 2024 hat ein Mann in Perg seine Ehefrau und die gemeinsame Tochter erschossen – mit einer legalen Schusswaffe.
Am 24. Februar 2024 erschießt in Eschenau ein Mann seine Lebensgefährtin – mit einer legalen Schusswaffe.
Diese Liste ließe sich leider sehr, sehr lange fortsetzen (Abg. Kogler [Grüne]: Der, der den Bürgermeister ...!), quer durchs ganze wer Land, quer durch alle Bundesländer, quer durch alle Gesellschaftsschichten. (Ruf bei der FPÖ: Mit Messermorden genauso!) Sie zeigt ein Muster. (Abg. Erasim [SPÖ] – in Richtung FPÖ –: ... „Messermorden genauso“? Wo lebts ihr bitte? Welches Niveau ist da drüben, das ist ja unterirdisch!) Diese Liste zeigt ein Muster: Die meisten Opfer sind Frauen, Frauen, die gehen wollten, Frauen, die Nein gesagt haben, Frauen, die sich dem entziehen wollten, was manche Männer immer noch für ihr Recht halten, nämlich Kontrolle, Besitz und Verfügbarkeit. Die Täter - - (Abg. Darmann [FPÖ]: Ihr könnts niemals all das verbieten, wenn sie einen Vorsatz haben, Menschen umzubringen! Versteht ihr das nicht?) – Kollege, jetzt bin ich dran! (Abg. Darmann [FPÖ]: Messer, Hammer, Axt, alles! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Bitte sprechen Sie!
Abgeordnete Mag. Meri Disoski (fortsetzend): Ich kann nicht sprechen. Jetzt bin ich dran! (Abg. Darmann [FPÖ]: Wollt ihr das alles verbieten? – Abg. Erasim [SPÖ] – in Richtung FPÖ –: Nein, euch verstehe ich nicht, und ich will auch nicht in die Verlegenheit kommen! – Zwischenrufe bei den Grünen.) Dort, wo ich herkomme, Kollege, in Gramatneusiedl in Niederösterreich, lässt man einander aussprechen. (Abg. Darmann [FPÖ]: Euch kann man nicht helfen! Unfassbar!) Ich weiß nicht, wie das bei euch in der FPÖ ist. Dort, wo ich herkomme, lässt man einander aussprechen. (Beifall bei Grünen, ÖVP, SPÖ und NEOS. – Zwischenruf des Abg. Darmann [FPÖ].)
Die Täter waren in all diesen Fällen, die ich erwähnt habe, Männer – Partner, Ex-Partner, Ehemänner, Väter. (Abg. Darmann [FPÖ]: Man braucht nicht jeden Blödsinn unbeantwortet ...!) Die Zahl der Frauen, die in Österreich mit legalen Schusswaffen ermordet worden sind, ist in den vergangenen zehn Jahren gestiegen. Da gibt es eine Studie über die Frauenmorde der letzten Jahre: Diese Zahlen sind gestiegen. Viele der Täter waren zuvor auffällig.
Diese Taten sind keine Einzelfälle, keine Ausnahmen. Hinter jeder Zahl, hinter jeder Tat steht eine konkrete Person, eine konkrete Frau, eine Mutter, eine Schwester, eine Tochter, die wir geliebt haben, die wir geschätzt haben, die gebraucht wurde, eine Frau, die fehlt.
Ich sage Ihnen, mich macht das als Frauensprecherin und als Frau traurig und es macht mich auch wütend, und diese Wut, ja, ist feministisch. Ich will nicht, dass wieder eine Frau stirbt, weil wir heute nur gesprochen haben, statt Taten zu setzen, weil wir nicht den Mut hatten, die tödlichen Schlupflöcher in unserem Waffengesetz zu schließen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Herr Bundesminister, ich muss Ihnen mit Vehemenz und mit aller Deutlichkeit widersprechen. Diese Lücken kennen wir nicht erst seit vier Wochen. Nicht erst seit vier Wochen wissen wir, wo diese Lücken sind, nein, sondern seit Jahren. Seit Jahrzehnten warnen Organisationen, Expert:innen und auch wir Grüne. Wir sagen, der Zugang zu Schusswaffen in Österreich ist zu einfach, zu sorglos, zu gefährlich.
Wir bringen deshalb seit 20 Jahren hier in diesem Hohen Haus parlamentarische Initiativen ein – seit 20 Jahren! Kollege Gödl, Ihr Populismusvorwurf an uns läuft deshalb ins Leere, weil wir jede einzelne Verschärfung, die wir in den letzten fünf Jahren gefordert und durchgesetzt haben, euch abgerungen haben, mühsam abgerungen. Wir werden nicht lockerlassen. Wir halten diesen Kurs und bringen deshalb heute diesen Dringlichen Antrag ein. (Beifall bei den Grünen.)
Die Frage ist doch längst nicht mehr, ob wir etwas tun sollen, sondern wann, wie und mit welchem Mut. Ich habe in dieser Debatte jetzt sehr viel gehört: Es wird evaluiert, es wird verhandelt, der Ausschuss sei permanent gestellt worden. – Aber wissen Sie, was ich nicht gehört habe, in keinem einzigen Redebeitrag? – Mut. Mut, zu sagen: Ja wir stellen den Schutz von Menschen über das private Interesse an einer Waffe!, Mut, zu sagen: Ein Kinderleben zählt mehr als das Hobby mit dem Gewehr!, Mut, zu sagen: Schusswaffen haben in Wohnungen, in Häusern, in Nachtkasteln, in einem Zuhause nichts verloren, nicht in der Nähe von Wut, nicht in der Nähe von Angst oder Eifersucht.
Wir haben es jetzt schon gehört: 100 000 Menschen haben eine Petition von aufstehn.at für ein Schusswaffenverbot von Privatpersonen unterzeichnet. Sie haben kein Mandat, sie haben keine PR-Agentur, sie haben nicht das Redner:innenpult im Parlament, aber sie haben etwas anderes, das wir hier dringend brauchen, nämlich Klarheit. Sie sagen uns: Wir wollen keine Gesellschaft, in der Waffen Normalität sind! Wir wollen nicht zuschauen, wie sich Angst verbreitet!
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Zum Schlusssatz kommen!
Abgeordnete Mag. Meri Disoski (fortsetzend): Wir wollen nicht in einem Land leben, in dem ein Waffenschein mehr zählt als das Leben eines Kindes oder einer Frau!
Zeigen Sie heute Mut, geschätzte Kolleginnen und Kollegen. Stimmen Sie unserem Antrag zu, im Namen derer, die keine Stimme mehr haben! (Beifall bei den Grünen.)
16.54
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Lausch. Eingemeldete Redezeit: 5 Minuten.
Ich mache noch darauf aufmerksam, dass die Gesamtredezeit der Fraktion 7 Minuten beträgt. – Bitte, Herr Abgeordneter. 5 Minuten sind eingestellt.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.