RN/49

13.07

Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Danke für das Wort, Frau Präsidentin! Frau Ministerin, Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Stellen Sie sich einen Mann vor, vielleicht ist er Vater. Er geht zu einem Verteilzentrum im Gazasteifen in der Hoffnung auf ein Päckchen Reis, vielleicht ein bisschen Wasser. Und dann fallen Schüsse. Statt Hilfe trifft ihn Gewalt, er stirbt. 

Diese Geschichte ist kein Einzelfall, es sind genau solche Szenen, die sich im Moment Tag für Tag in Gaza abspielen. Die BBC hat am 3. Juli Videomaterial veröffentlicht, das Szenen in einem Verteilzentrum in Gaza zeigt. Darauf ist zu sehen, wie aus der Distanz auf eine Menschenmenge geschossen wird, dann hört man eine Männerstimme, die auf Englisch sagt: I think you got one – ich glaube, du hast einen erwischt –, und es folgt Gelächter.

Diese Aufnahmen werfen schwerwiegende menschenrechtliche und auch völkerrechtliche Fragen auf. Sie sind in einer Zone passiert, die unter vollständiger Kontrolle der israelischen Armee steht. Die Lage ist katastrophal, die Vereinten Nationen sprechen von einer drohenden Hungersnot für alle 2,2 Millionen Menschen in Gaza. Kinder sterben an Unterernährung, ganze Familien sind auf der Flucht, ohne Schutz, ohne Versorgung. Gleichzeitig leidet die Bevölkerung prolongiert unter der Hamas, die mit Gewalt und Unterdrückung herrscht. 

Es ist ganz klar zu benennen: Solange die Hamas in Gaza an der Macht ist, bleibt der Weg zu einer echten Veränderung versperrt. Was die Menschen in Gaza verdienen, ist eine Zukunft ohne Terror und Angst, frei von der Kontrolle extremistischer Kräfte. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und NEOS.)

Frau Außenministerin, wir schätzen Ihren Einsatz, Ihre Bemühungen und Ihr wirklich außerordentliches Engagement für Frieden sehr; ich mag das wirklich in sehr ehrlicher Wertschätzung hier betonen. Was Sie in den vergangenen Wochen an Terminen absolviert haben, ist wirklich außerordentlich – ich ziehe meinen Hut (die entsprechende Geste andeutend) vor Ihnen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und NEOS.)

Wir finden auch richtig und wichtig, dass Sie im EU-Außenminister:innenrat damals wegen der prolongierten humanitären Krise für eine Prüfung des EU-Israel-Assoziierungsabkommens gestimmt haben. Seit Juni liegt jetzt dieser Prüfbericht vor – er ist unter der Federführung der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas entstanden –, und der Bericht hält schwarz auf weiß fest: Israel verletzt Artikel 2 dieses Abkommens.

Artikel 2 ist kein Nebensatz, er ist die Grundlage. Er verpflichtet zur Achtung der Menschenrechte und demokratischen Grundsätze. Wenn diese Grundlage wegfällt, dann darf es keine politische Normalität geben. 

Ja, es ist absolut unabdingbar, die furchtbaren Verbrechen der Hamas vom 7. Oktober mit über 1 200 Toten und die anhaltende Geiselnahme klar und sehr, sehr unmissverständlich zu verurteilen, wie wir das hier in diesem Hohen Haus schon oft gemacht haben. Diese Taten sind abscheulich, sie bleiben abscheulich, und sie sind durch nichts, durch absolut nichts zu rechtfertigen. (Beifall bei Grünen und NEOS sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Gleichzeitig darf dies aber nicht dazu führen, dass Israel von seiner völkerrechtlichen Verantwortung entbunden wird. Menschenrechte und humanitäres Völkerrecht gelten für alle Seiten, immer und ohne Ausnahme.

Wir haben die Bilder gesehen. Wir kennen den Bericht der EU-Kommission. Wir wissen, was unsere Verfassung und unsere Außenpolitik verlangen: Menschenrechte sind nicht verhandelbar – Menschenrechte sind nicht verhandelbar! Deshalb bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag 

der Abgeordneten Mag. Meri Disoski, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Konsequenzen aufgrund der Ergebnisse des menschenrechtlichen Prüfberichts zum EU-Assoziierungsabkommen mit Israel“

Der Nationalrat wolle beschließen: 

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten, wird aufgefordert, im Rat der EU-Außenminister:innen am 15. Juli 2025 für eine temporäre“ – für eine temporäre! – „Aussetzung des Assoziierungsabkommens mit Israel gemäß Artikel 2 des Abkommens zu stimmen, solange Israel weiterhin schwerwiegend und systematisch gegen das humanitäre Völkerrecht verstößt; sowie sich für eine sofortige Waffenruhe in Gaza, schnelle uneingeschränkte humanitäre Hilfe, die sofortige Freilassung der Geiseln und eine langfristige Friedenslösung auf Basis der Zwei-Staaten-Lösung einzusetzen.“


Lassen Sie mich bei der Zweistaatenlösung noch einhaken. Frau Ministerin, der israelische Außenminister meinte gestern wörtlich – wörtlich! –: „Die Zweistaatenlösung ist keine Lösung“. – Das stimmt mich nicht zuversichtlich, dass Gespräche allein wirken werden. Das überzeugt mich vielmehr in meiner Haltung, dass es diplomatischen Druck braucht. 

Frau Ministerin, deshalb: Bitte stimmen Sie am 15. Juli beim nächsten Treffen der EU-Außenministerinnen und -Außenminister für diese temporäre Aussetzung des Assoziierungsabkommens, solange Israel schwerwiegend gegen das humanitäre Völkerrecht verstößt. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Duzdar [SPÖ].)

13.12

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

RN/49.1

Konsequenzen aufgrund der Ergebnisse des menschenrechtlichen Prüfberichts zum EU-Assoziierungsabkommen mit Israel (114/UEA)

Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Bundesministerin Beate Meinl-Reisinger gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.