RN/3
„Schützen Sie ehrliche Betriebe vor den Machenschaften von Signa & Co, Herr Wirtschaftsminister“
Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Nina Tomaselli. Ich erteile es ihr und mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit 10 Minuten beträgt. – Bitte, Frau Abgeordnete.
RN/4
9.07
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Danke, Herr Präsident! Guten Morgen, sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Sie haben mit Sicherheit mitbekommen – es ist fast unmöglich, es nicht mitbekommen zu haben –, dass gestern der Prozess gegen René Benko – ein erster Prozess gegen René Benko – wegen betrügerischer Krida in Innsbruck gestartet ist. Es geht konkret um eine Zahlung und eine Schenkung, die laut WKStA zu Unrecht erfolgt seien.
Sie sehen, die Justiz arbeitet. Sie arbeitet zügig und effizient. Das kann man in dieser Causa von der Bundesregierung nicht behaupten. Die fällt vor allem durch Trägheit auf. Es geht eher Richtung Schlafwandelei, wenn Sie mich fragen. (Beifall bei den Grünen. – Rufe bei ÖVP und SPÖ: Oh! – Zwischenruf der Abg. Erasim [SPÖ].)
Es ist nicht so, dass es nicht genug zu tun gäbe, denn die Schlupflöcher – und das ist ja der Wahnsinn –, die René Benko nutzte, sind zwei Jahre nach Beginn der Pleite immer noch alle vorhanden, und das muss doch jedem rechtschaffenen steuerehrlichen Unternehmer und jeder ehrlichen Unternehmerin die Zornesröte ins Gesicht treiben. (Zwischenruf des Abg. Oberhofer [NEOS].)
Bitte, die Folgen der geplatzten Signa-Schlösser für die Gläubiger:innen, für die Lieferant:innen, aber auch für die Steuerzahler:innen sind enorm! Man möchte meinen, dass es für den Gesetzgeber auf der Hand läge, zu reagieren. Nur, liebe Bundesregierung (Zwischenruf der Abg. Erasim [SPÖ]), es kommt nichts und es kommt nichts und es kommt nichts. Das ist doch der Wahnsinn! (Beifall bei den Grünen. – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Erasim [SPÖ].)
Auch wenn im Moment im Zentrum der Medienberichterstattung der Kriminalfall Benko und Signa steht: Der Wirtschaftskrimi rund um René Benko darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Großteil des Geschäftskonzepts von René Benko legal war. Was also muss denn bitte noch passieren, liebe Bundesregierung, dass Sie mal vom Ankündigungsmodus in den Umsetzungsmodus schalten, meine sehr geehrten Damen und Herren? (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf der Abg. Erasim [SPÖ].)
Ich möchte Sie erinnern, es ist eine politische Entscheidung, ob man es auch dem nächsten Hütchenspieler à la Benko wieder so leicht macht und wieder die Möglichkeit gibt, beispielsweise mit den Bilanzen zu täuschen und zu tricksen. (Zwischenruf der Abg. Erasim [SPÖ].) Gerade in Zeiten, in denen man den Familien die Unterstützungen streicht (Zwischenrufe bei der SPÖ), in denen man die Ticketpreise fürs Öffifahren erhöht, muss die Ampelkoalition schon auch Farbe bekennen, ob sie es zulassen möchte, dass sich Einzelne unrechtmäßig bereichern, indem sie sich über die Regeln aller stellen. Auf welche Seite stellen Sie sich? Das ist meine Frage, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen.)
Nur falls jemand sagt – ich habe es bei den Zwischenrufen schon gehört –: Ah, die Grünen waren in der Bundesregierung, ihr hättet ja selber etwas machen können! (Abg. Shetty [NEOS]: Das war aber ein guter Einwand!) Sie wissen ganz genau, die damalige Justizministerin Alma Zadić hat gleich, zwei Monate nach Beginn der Pleite, einen Gesetzesvorschlag vorgelegt, um diese schändlichen Bilanztricks zu unterbinden. (Zwischenruf des Abg. Scherak [NEOS].) Dieser wurde abgelehnt.
In dieser Gesetzgebungsperiode sind wir Grüne vielleicht in einer neuen Rolle (Heiterkeit des Abg. Wurm [FPÖ]), aber nicht weniger hartnäckig. Ganz im Gegenteil: Wir haben bereits Anfang des Jahres einen umfassenden Antrag zum Sündenfall Signa eingebracht. Dieser Antrag wurde von den Regierungsparteien gleich mehrmals vertagt. Man will das Thema auf die lange Bank schieben. Ich sage Ihnen: Wir wissen ganz genau, wer da der Oberbremser ist. Der sitzt hier zu meiner Linken: Herr Wirtschaftsminister Hattmannsdorfer. So ist es nämlich. (Beifall bei den Grünen.)
Das, was angekündigt worden ist, ist ein Maßnahmenpaket für Betrugsbekämpfung. Es soll 1,44 Milliarden Euro bis 2029 ins Budget spielen. Davon ist außer einem peinlichen Hickhack zwischen der Wirtschaftskammer und dem Finanzminister noch nicht viel zu bemerken. Wir messen Sie im Übrigen auch an Ihren eigenen Zahlen und haben geschaut: Ist das eine Luftnummer oder ist es vielleicht doch sehr, sehr effektiv? Wir haben in den Detailzahlen des Budgets nachgeschaut, mit dem Ergebnis: Es gibt kaum mehr Kontrollkräfte im Finanzministerium. Sie haben sich 50 Umsatzsteuerprüfungen im Betrugsbereich pro Jahr vorgenommen – 50! Die Kontrolldichte liegt bei 2 Prozent. Ich übersetze Ihnen das gerne: Das heißt, statistisch kommt jedes Unternehmen nur alle 50 Jahre zur Finanzprüfung. (Abg. Stögmüller [Grüne]: Da ist ja jeder Steuerzahler ...!) Ich sage Ihnen etwas: Diese leeren Ankündigungen werden die Benkos der Zukunft nicht aufhalten. Das ist das, was wir kritisieren. (Beifall bei den Grünen.)
Benko nutzte das System für sich aus. Er nutzte nahezu jedes Schlupfloch, das er finden konnte. Deshalb darf die Politik nicht den Fehler machen, weiterhin die Augen vor diesen Schlupflöchern zu verschließen. Wer nichts macht, macht sich eindeutig mitverantwortlich.
Deshalb hier noch mal die To-do-Liste, ganz besonders auch für Sie, Herr Wirtschaftsminister:
Schluss mit den billigen Bilanztricks! Wenn Konzerne wie die Signa lieber Strafe zahlen als zu bilanzieren, dann muss man den Strafrahmen erhöhen, und zwar drastisch.
Zweitens: keine Stiftungsversteckspiele mehr. Stiftungen sind wie geheime Geldbunker für Superreiche. Das wollen wir abstellen, denn bei der Signa beispielsweise hatten sie von Anfang an die Funktion, Zahlungsverpflichtungen nicht nachzukommen. (Zwischenruf des Abg. Wurm [FPÖ].) Deshalb braucht es da die gleichen Transparenzvorschriften wie bei jedem anderen Unternehmen. (Beifall bei den Grünen.)
Drittens: mehr prüfen, vor allem Stiftungen prüfen, und zwar mit spezialisierten Branchenteams. Dazu muss man Geld in die Hand nehmen, aber das kommt doppelt und dreifach zurück.
Viertens: strengere Steuervorschriften für Luxusimmobilien. Da kann sich der Staat einfach nicht mehr länger verschaukeln lassen.
Ich muss sagen, mit einem Schmunzeln habe ich gestern vernommen, dass der grüne Druck offenbar wirkt. In der „Kronen Zeitung“ haben Sie eine nächste Ankündigung gemacht, dass Sie dann jetzt eh die Steuervorschriften ändern – super, weiter so! –, aber wir freuen uns dann halt auch auf den konkreten Gesetzesvorschlag, meine sehr geehrte Bundesregierung.
RN/4.1
Damit, Herr Wirtschaftsminister, das alles, was ich gesagt habe, nicht wieder in Vergessenheit gerät (eine Tafel mit der Überschrift „Benkos Schlupflöcher stopfen. Jetzt!“, unter welcher die genannten Punkte angeführt sind, in die Höhe haltend), gebe ich Ihnen jetzt eine Gedankenstütze, eine To-do-Liste mit, die ich Ihnen hiermit übergebe. (Die Rednerin übergibt Bundesminister Hattmannsdorfer die soeben in die Höhe gehaltene Tafel.) Bitte schön. (Beifall bei den Grünen.)
Jetzt lassen Sie mich das noch einmal zusammenfassen: Das Stopfen der Schlupflöcher ist keine Frage des Könnens, sondern eine Frage des Müssens. Es ist die Pflicht der Politik, die Interessen der Steuerzahler:innen zu wahren. Das tun wir am besten, indem wir aus den Fehlern lernen und uns mit einem Alarmsystem gegen die österreichischen Finanzhütchenspieler absichern.
Liebe Bundesregierung, bitte machen Sie endlich etwas! Bitte, Herr Wirtschaftsminister, geben Sie Ihre Blockadehaltung endlich auf! Und eines sage ich Ihnen schon – und das ärgert mich ungemein, denn es ist ein typisches Ablenkungsmanöver –: Kaum spricht man über die Steuertricks von Superreichen, kommt die ÖVP mit dem Thema Sozialbetrug. Es ist, als würde man sich bei einem Bankraub über einen geklauten Kaugummi echauffieren. (Zwischenruf des Abg. Hörl [ÖVP].) So verschiebt man die Empörung von oben, wo sie hingehört, nach unten, und das ist unlauter, das sage ich Ihnen, Herr Wirtschaftsminister. (Beifall bei den Grünen.)
Nicht, dass wir sagen – boah! –, wir würden Sozialbetrug unterstützen – nein! –, aber da geht es um 24 Millionen Euro – das sind die Zahlen des Innenministeriums: jährlich 24 Millionen Euro. Wissen Sie, um wie viel es bei den Steuerbetrügereien, bei den Steuertricks geht? – Es geht dabei um 6 bis 10 Milliarden Euro jährlich, das 350-Fache des Schadens! Herr Minister Hattmannsdorfer, wo ist Ihre Priorität und wer ist hier der echte Sozialbetrüger? Das frage ich Sie. (Beifall bei den Grünen.)
Ihre Bremserei ist ein Schlag ins Gesicht von jedem rechtschaffenen Unternehmer. Ich weiß nicht, ob Sie welche kennen. Ich kenne keinen gewöhnlichen Unternehmer, für den es nicht selbstverständlich ist, dass man die Bilanz pünktlich und vollständig beim Firmenbuchgericht abgibt. Diese rechtschaffenen Unternehmerinnen und Unternehmer sind dann diejenigen, die mit Wirtschaftsjongleuren à la Benko konkurrieren müssen. Ist das fair? – Nein! Also: Schützen Sie endlich diese ehrlichen Unternehmen! Kommen Sie Ihrer Aufgabe und Ihrer Verantwortung nach, und stellen Sie sich nicht ständig auf die Seite der Hütchenspieler! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)
9.16
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Zu einer einleitenden Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister für Wirtschaft, Energie und Tourismus Dr. Wolfgang Hattmannsdorfer. – Ich erteile es ihm. Auch seine Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Bundesminister.
RN/5
9.16
Bundesminister für Wirtschaft, Energie und Tourismus Mag. Dr. Wolfgang Hattmannsdorfer: Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! – Sehr geehrte Frau Abgeordnete Tomaselli! Erstens einmal: herzlichen Dank für die engagiert vorgetragene Rede! Sie ändern dadurch aber nichts daran (Zwischenruf der Abg. Maurer [Grüne]), dass alle Punkte, die Sie mir überreicht haben, überhaupt nicht in der Zuständigkeit des Wirtschaftsministers liegen, sondern in der Zuständigkeit entweder des Justizministeriums oder des Finanzministeriums. Das dürfte Ihnen aber in der Vorbereitung entgangen sein. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Shetty [NEOS].)
Ich habe aber auch gar nicht den Eindruck, dass es Ihnen um die Sache gegangen ist, sondern es war für mich mehr oder weniger der verkrampfte Versuch, von den eigenen Versäumnissen abzulenken. (Zwischenrufe bei den Grünen.) Sie haben in Ihrer Presseaussendung gestern die Sachverhalte dargelegt, und dann haben Sie gesagt, die letzten zwei Jahre ist nichts passiert (neuerliche Zwischenrufe bei den Grünen), und wenn man sich diese anschaut, dann sieht man: Eineinhalb Jahre war Frau Justizministerin Zadić in Amt und Würden – ich weiß nicht, ob sie sich nachher auch zu Wort meldet, weil die Fragen, die Frau Tomaselli an mich gerichtet hat, ja eher sie beantworten müsste –, und offensichtlich hat sie eineinhalb Jahre all das, was von den Grünen gefordert wurde, auch nicht in Umsetzung gebracht. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Maurer [Grüne].)
Aber, sehr geehrte Damen und Herren, wir können jetzt hier im Hohen Haus miteinander Schmäh führen oder wir können über jene Punkte diskutieren, die wirklich entscheidend sind. Ich glaube, das Allerentscheidendste – Tage wie diese, an denen die Medien vom Gerichtsverfahren gegen René Benko bestimmt werden, zeigen uns das – ist grundsätzlich: Wenn wir die Redlichen und Ehrlichen schützen wollen, gibt es eine wirksame Waffe, und das ist ein funktionierender und ein handlungsfähiger Rechtsstaat.
Genau das wird in diesen Tagen bewiesen, dass der Rechtsstaat handelt, dass der Rechtsstaat auch funktioniert (Abg. Kickl [FPÖ]: Na ja!), wenn der Verdacht von strafbaren Betrugshandlungen vorliegt. Im Fall Benko geschieht gerade genau das. (Abg. Maurer [Grüne]: Was ist mit den Schlupflöchern, Herr Minister?) – Ich glaube, Frau Klubobfrau – oder ehemalige Klubobfrau –, du kannst dich dann nachher ja auch noch zu Wort melden. Ich habe sehr gut zugehört und bitte darum, jetzt auch mir zuzuhören.
Mit der Untersuchungshaft wurde zudem zu Recht, glaube ich, ein besonders scharfes Schwert, Stichwort Tatbegehungsgefahr, gewählt, und das zeigt ja auch: Wenn der Verdacht naheliegt, dass jemand im großen Stil betrogen hat, dann haben wir auch die Mittel und Wege im Rechtsstaat, um das zu ahnden. Das Vorgehen der Staatsanwaltschaft und die laufenden Prozesse zeigen: Entsprechende Vorwürfe werden geprüft, es wird gehandelt und damit auch das Vertrauen in den Rechtsstaat gestärkt.
Dass die Vorwürfe schwer wiegen, liegt auf der Hand: von der betrügerischen Krida über Untreue bis hin zu schwerem Betrug. Genau darum geht es, dass der Rechtsstaat darüber urteilt, dass der Rechtsstaat quasi auch zu dem Ergebnis kommt, ob Betrug vorliegt, ob Krida vorliegt. Ich gehe davon aus, dass es auch zu entsprechenden Urteilen kommen wird. Ich glaube, es bringt gar nichts, wenn man da jetzt ein bisschen Schmäh führt (Abg. Gewessler [Grüne]: Das ist eine Debatte im Parlament! Entschuldigung!) und quasi ein bisschen versucht, politisch Trittbrett zu fahren. Wir sollten uns schon auch miteinander mit der Frage auseinandersetzen: Was können wir tun?
Unmissverständlich und klar ist: Für Betrug darf in unserer Gesellschaft nie Platz sein. (Abg. Maurer [Grüne]: Na dann machts was!) Egal ob es Betriebe und Unternehmen sind, ob es Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind, egal wer es ist: Wenn sich jemand nicht an das Gesetz hält, dann gehört das geahndet und auch bestraft (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS), und diese Aufgabe haben unabhängige Gerichte zu vollziehen.
Es geht nämlich nicht nur darum, dass es keine Frage ist, dass Betrug kein Kavaliersdelikt ist, sondern es geht auch darum, dass das Geld ist, das uns am Ende des Tages fehlt: für die Schulen, für die Bildung, für den Sozialstaat, Geld, das uns für alle Maßnahmen fehlt, die wir gemeinsam und gemeinschaftlich finanzieren wollen. (Zwischenrufe bei den Grünen.) Deswegen hat diese Bundesregierung ein sehr umfassendes Maßnahmenpaket gegen Betrugsbekämpfung vorgelegt, ob es um die Abschaffung des Vorsteuerabzugs für Luxusimmobilien geht, ob es um die Ausweitung des Reverse-Charge-Systems im Rahmen der Umsatzsteuer für Grundstücke geht, ob es um die Frage der effektiven - - (Neuerliche Zwischenrufe bei den Grünen.)
Ihr wollt mir nicht zuhören, gell? (Abg. Maurer [Grüne]: Wir hören zu, aber ...! – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.) Dann macht eure Pressekonferenzen oder erzählt es in irgendwelche Videos hinein, aber wenn ihr eine Debatte haben wollt, dann braucht ihr auch die Reife zum Führen der Debatte (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ – Zwischenrufe bei den Grünen), und die Reife zum Führen der Debatte bedeutet auch, zuzuhören. Frau Tomaselli hat jetzt 10 Minuten lang die Möglichkeit gehabt, ihre Rede engagiert vorzutragen, und ihr hättet jetzt die Möglichkeit, auch mir 10 Minuten zuzuhören. (Abg. Maurer [Grüne]: Ich versteh schon, dass das peinlich ist, aber ein bissel was muss man aushalten, Herr Minister! – Abg. Maurer [Grüne]: Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.)
Herr Präsident, vielleicht bekommen wir auch wieder ein bisschen eine Debattenkultur in diesem Hohen Haus zusammen. (Abg. Kickl [FPÖ]: ... liegt da ein gewisser Trennungsschmerz im Raum! – Weiterer Ruf bei der FPÖ: Jetzt werdets empfindlich auch noch?)
RN/6
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Bis dato war die Debatte durchaus so geführt, wie es im Haus üblich ist. Es sind keine Ausreißer nach oben. (Beifall bei FPÖ und Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Und zumindest jene Kolleginnen und Kollegen, die bei der letzten Präsidialkonferenz dabei waren, haben ja auch einiges dahin gehend mitgenommen, wie das Verhältnis zwischen Abgeordneten und Regierungsbank sein sollte. (Beifall bei FPÖ und Grünen.)
RN/7
Bundesminister für Wirtschaft, Energie und Tourismus Mag. Dr. Wolfgang Hattmannsdorfer (fortsetzend): Zum Maßnahmenpaket gegen Betrugsbekämpfung gehören auch die Vorhaben, die es im Bereich der Nutzung neuer Datenquellen, insbesondere es im Bereich von Kryptokonten, gibt. Sie sehen also, diese Bundesregierung hat ein sehr umfassendes Paket vorgelegt. Wir machen uns auch daran, weitere Schritte zu setzen.
Ich glaube, es sind auch in der Vergangenheit wesentliche Maßnahmen gesetzt worden, zum Beispiel, was die ganze Frage der Konzerndatenbanken mit übersichtlichen Darstellungen der Konzernstrukturen insbesondere im Bereich von Großbetriebsprüfungen betrifft. Das zeigt ja auch der Fall Benko: dass es überall dort, wo es sehr verschleierte Konstruktionen gibt, die Prüfer, die Behörden, auch in den Ermittlungsverfahren, besonders schwer haben, dem nachzugehen und die Sachverhalte darzustellen.
Ich glaube aber auch, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Finanzämter beweisen, dass sie entschieden vorgehen. Wenn ich mir alleine anschaue, dass es im letzten Jahr über 26 000 Kontrollen gab: 1 439 Betriebe aus dem Ausland, die versucht haben, Gesetze zu umgehen, 195 Scheinunternehmungen oder 186 Vergehen im Bereich der Glücksspielgesetze. Das zeigt und beweist eindeutig, dass es in Österreich einen Rechtsrahmen gibt und dass, wenn dieser Rechtsrahmen gebrochen wird, dagegen vorgegangen, ermittelt und auch Anklage erhoben wird, wie der Fall Benko beweist.
Ich ersuche aber in dieser Debatte auch darum, dass wir nicht jene, die redlich handeln, die redlich agieren, unter Generalverdacht stellen. Es sollten unsere Unternehmerinnen und Unternehmer kein Feindbild, sondern ein Vorbild sein, weil sie Arbeitsplätze schaffen, weil sie investieren und weil sie die Grundlage darfür sind, dass überhaupt Wachstum stattfinden kann. (Beifall bei der ÖVP.)
Es gilt, die Wirtschaft, die Unternehmungen dabei zu unterstützen, und deswegen freue ich mich auch, dass in den kommenden Tagen – schon heute, beginnend mit der Sitzung des Ministerrates, aber auch heute und morgen im Plenum – Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit in Österreich wieder ein Aufschwung stattfinden kann. Wir beschließen heute den Industriestrombonus für die energieintensive Industrie. Das ist genauso eine Maßnahme, mit der man die Wirtschaft, mit der man die Industrie unterstützen kann. (Abg. Kickl [FPÖ]: Ja, den zahlt sie sich eh selber!) Wir beschließen heute die Verdoppelung des Investitionsfreibetrages, um ein ganz klares Signal zu senden und jene Unternehmen, die in der Mittelfristplanung Investitionen überlegen, zu beanreizen, diese Investitionen im nächsten Jahr auch zu tätigen.
Oder auch im Bereich Anreize für Leistung: Heute und morgen erfolgt der finale Schritt unter anderem mit der Abschaffung der Bildungskarenz, weil sie leistungsfeindlich war, oder auch mit der Beschlussfassung, was das Trinkgeld im Bereich Gastronomie und Tourismus betrifft. (Zwischenruf der Abg. Maurer [Grüne].) Darum geht es, sehr geehrte Damen und Herren: dass wir den Rechtsstaat hochhalten (Zwischenruf des Abg. Schwarz [Grüne]), dass unsere unabhängige Justiz unmissverständlich ahndet, wenn es zu Brüchen kommt wie im Fall Benko, dass wir gemeinsam gegen Betrug vorgehen – nicht nur im unternehmerischen Bereich, Frau Tomaselli, da widerspreche ich Ihnen, sondern auch im Bereich des Sozialbetruges. (Zwischenruf der Abg. Disoski [Grüne].)
Wir dürfen nicht zulassen, dass die, die ehrlich und fleißig sind, die Dummen sind. Wir müssen genauso vorgehen, wenn im Bereich Krankenstand, Arbeitslosenversicherung oder auch in der Sozialhilfe Betrug stattfindet. (Beifall bei der ÖVP.) Dagegen müssen wir entschieden vorgehen, und wir müssen als Politik vor allem eines tun: Wir müssen Rahmenbedingungen schaffen, damit es nach der Talsohle, die wir jetzt langsam durchschreiten, auch wieder zu einem echten Wachstum kommt, damit wir einen Aufschwung zusammenbekommen, denn nur das schafft Arbeitsplätze, nur das schafft sichere Einkommen, nur das schafft auch eine Perspektive für unseren Sozialstaat.
Deswegen würde ich abschließend darum ersuchen, dass wir sachlich diskutieren (Abg. Gewessler [Grüne]: Es wäre gut, wenn Sie zur Sache diskutieren! Es geht um Schlupflöcher!) und dass wir einen solchen Vorfall wie Benko nicht zur Polemik missbrauchen, sondern an unseren Rechtsstaat glauben. Ich bin zuversichtlich, dass der Rechtsstaat in diesen Stunden und Tagen ein sehr kräftiges, ein sehr selbstbewusstes Zeichen setzen wird. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Gewessler [Grüne]: Zur sachlichen Debatte gehört eine Debatte über Schlupflöcher! – Abg. Kogler [Grüne]: Es geht nicht um die Gesetze, sondern um die Löcher in den Gesetzen!)
9.26
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit aller weiteren Teilnehmer an der Aktuellen Stunde laut § 97a Abs. 6 der Geschäftsordnung 5 Minuten nicht übersteigen darf.
Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Fürtbauer. Ich erteile es ihm. – Bitte, Herr Abgeordneter.
RN/8
9.26
Abgeordneter Michael Fürtbauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Geschätzte Österreicher! Als ich den Titel dieser Aktuellen Stunde der Grünen gelesen habe – „Schützen Sie ehrliche Betriebe vor den Machenschaften von Signa & Co, Herr Wirtschaftsminister“ –, musste ich etwas lächeln. Wenn ehrliche Betriebe in diesem Land vor etwas geschützt werden müssen, dann vor der ideologiegetriebenen, wirtschaftsfeindlichen Politik der Grünen (Beifall bei der FPÖ) – das haben sie in der Koalition mit der ÖVP in der letzten Gesetzgebungsperiode bewiesen –, aber natürlich auch vor der Freunderlwirtschaft der ÖVP, die Herrn Benko immerhin geraten hat, seinen Firmensitz nach Tirol zu verlegen, um Steuern zu sparen (Zwischenrufe bei der ÖVP), und an einem Sonntag – man vergisst es nicht – ein Bezirksgericht aufgesperrt hat, um seine Immobiliendeals in vermeintlich trockene Tücher zu bringen. (Beifall bei der FPÖ.)
Entscheidend ist aber nicht das Wort „Signa“ im Titel der heutigen Aktuellen Stunde, sondern entscheidend ist das kleine Wörtchen „Co“. Wer ist dieses „& Co“? Verbergen sich dahinter in der grünen Weltanschauung – nämlich als nicht so gut – alle großen Leitbetriebe, die in diesem Land noch Gewinne schreiben und ohne die der Staat und somit auch unser Sozialsystem – das möge man nicht vergessen – schon längst zugesperrt hätten? Diese Betriebe mit ihren Mitarbeitern sind für die Grünen aber keine Leistungsträger, sondern leider politische Feindbilder. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Gewessler [Grüne]: Woraus würdest du das jetzt herauslesen?) – Frau Klubobfrau, sofort. (Abg. Gewessler [Grüne]: Woraus? Woraus?!) – Ich darf Sie daran erinnern: Als Dietrich Mateschitz verstorben ist, war es die Initiatorin der Aktuellen Stunde, Frau Nina Tomaselli von den Grünen, die hier im Nationalrat die vermeintliche Erbschaftssteuer des Erben Mark Mateschitz thematisiert hat. (Abg. Schallmeiner [Grüne]: Ja! Zu Recht!) Natürlich hat auch die SPÖ Beifall geklatscht und ein Loblied auf eine neue Erbschaftssteuer gesungen. (Zwischenrufe bei ÖVP und Grünen.)
Welche Motivation, welchen Anreiz sollte ein Unternehmer in diesem Land bei solchen Diskussionen haben, weiter zu investieren und nicht doch ins Ausland abzusiedeln?
Also bitte kommen Sie mir nicht mit der Sorge um die Wirtschaft und mit der Sorge um die ehrlichen Betriebe in diesem Land! Ich sage Ihnen auch: Die Wirtschaft in diesem Land braucht nicht nur Schutz vor fragwürdigen Gestalten wie Herrn Benko, sie braucht vor allem Schutz vor einer Politik, die sie mit immer neuen Steuern und Abgaben sowie sinnloser Bürokratie quält. (Beifall bei der FPÖ.)
Wir haben ein System, das so überreguliert ist, dass selbst gut geführte Betriebe kaum noch wissen, worauf sie zuerst reagieren müssen. Jede neue Richtlinie, jede neue Berichtspflicht kostet Zeit, Geld und Nerven. Österreich ist leider Weltmeister im Formularwesen, aber Entwicklungsland bei Entlastung, und das darf so nicht weitergehen. Wir brauchen endlich eine Verwaltung, die ermöglicht statt verhindert. Stattdessen erleben wir ein System, in dem sich Mehrarbeit weder für die Arbeitgeber noch für die Arbeitnehmer lohnt, weil die Abgaben und Steuern derart absurd hoch sind.
Das beste Beispiel ist die neue Trinkgeldregelung: Bei den Mitarbeitern greifen Sie in die Taschen über die Sozialversicherung, für Selbstständige gibt es überhaupt kein Trinkgeld, da greifen Sie voll in die Hosentaschen der Klein- und Kleinstunternehmer: Die müssen nämlich nicht nur SV-Beiträge zahlen, sondern auch Steuern. So sieht es aus, wenn die Vierergruppe – weil das vermutlich in der Vierereinheitsgruppe beschlossen wird – hier herinnen eine Regelung macht: Da wird selbst auf die Klein- und Kleinstunternehmer vergessen.
Diese zu vertreten, wäre die Aufgabe der Wirtschaftskammer. Leider wurde die Wirtschaftskammer unter dem Einfluss des Wirtschaftsbundes von einer Interessenvertretung der Betriebe zu einer Interessenvertretung der Funktionäre. Das sieht man allein schon daran, dass sich die Spitzenfunktionäre in Zeiten wie diesen, in denen die Unternehmer kaum noch Luft zum Atmen haben, ihre Aufwandsentschädigungen – und jetzt hört einmal genau zu! – um bis zu 40 Prozent erhöht haben. (Beifall bei der FPÖ.) Die Wirtschaftskammer macht eine Interessenpolitik für die Funktionäre und nicht für ihre Zwangsmitglieder.
Ein Rezept aus schwindender industrieller Basis, wachsendem öffentlichem Sektor, explodierenden Sozialausgaben und einer von Grund auf leistungsfeindlichen Politik ergibt einen Cocktail: Dieser Cocktail lässt Österreich finanziell ausbluten und motiviert Unternehmer, aus Österreich abzuwandern, sofern es ihnen möglich ist.
Österreich braucht eine Veränderung! Wir brauchen einen Staat, der Leistung fördert, Innovation ermöglicht, die Steuerlast senkt und Unternehmertum zulässt. Wenn die Betriebe in diesem Land vor etwas geschützt werden müssen, dann ist das ein nimmersatter Staat und eine unfähige Bundesregierung. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)
9.31
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Pöttinger. Auch für Sie: 5 Minuten Redezeit.
RN/9
9.31
Abgeordneter Laurenz Pöttinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verhandlungen in Innsbruck mit Angeklagtem René Benko, scheinbar Verhandlungen im Parlament mit Anklägerin Nina Tomaselli (Abg. Maurer [Grüne]: Seid nicht so ...!): offenbar ein zweiter Wunschberuf von ihr. Jedes Mal, wenn irgendwo Dinge im Rückspiegel betrachtet nicht korrekt sind, gehen Sie ans Rednerpult und schimpfen über alles und jeden (Abg. Maurer [Grüne]: Nein, es ist ...! – Abg. Wurm [FPÖ]: Nein, bei euch hat sie ... die ÖVP! –Zwischenrufe bei den Grünen) – es ist unglaublich. Und dann verwenden Sie noch einen Deckmantel und sagen, Sie müssen die kleinen Unternehmer schützen (Zwischenruf des Abg. Lausch [FPÖ]) – großartig! (Zwischenruf des Abg. Hörl [ÖVP].)
Ja, die Insolvenz der Signa-Gruppe war ein schwerer Schlag, sowohl für Gläubigerinnen und Gläubiger, für Investoren als auch für das Vertrauen in unternehmerische Verantwortung. (Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Lausch [FPÖ] und Hörl [ÖVP].) Ja, das ist so. Daraus müssen wir Lehren ziehen, keine Frage, aber wer aus einem einzelnen Fall ein Urteil über die gesamte Wirtschaft ableitet, verkennt die Realität. (Beifall bei der ÖVP.)
Das Land Österreich lebt von Tausenden ehrlichen Betrieben, vom kleinen Handwerksbetrieb bis hin zum großen Industrieunternehmen. Sie schaffen Arbeitsplätze, bilden Lehrlinge aus und tragen Tag für Tag Verantwortung – diese Menschen verdienen Vertrauen und nicht Misstrauen. (Beifall bei der ÖVP.)
Auch im Fall Signa zeigt sich, worauf es wirklich ankommt: Das Problem war nicht, dass Gesetze fehlten oder fehlen, das Problem war, dass bestehende Pflichten nicht wahrgenommen wurden. (Abg. Kogler [Grüne]: Ah, schon wieder die These!) Der Aufsichtsrat ging davon aus, dass die vorgelegten Zahlen korrekt seien, eine gewissenhafte Prüfung blieb aber wohl aus unerklärlichen Gründen leider aus.
Das ist aus meiner Sicht auch kein stiftungsspezifisches Problem. Die Zahl der Stiftungen ist stark rückläufig – Frau Tomaselli, vielleicht sprechen Sie einmal mit einem Steuerberater, der sich da gut auskennt. Es ist nicht so, dass die Zahl der Stiftungen jetzt zunimmt, im Gegenteil, sie werden weniger, weil seit der Einführung unter Finanzminister Lacina 1993 starke Gesetzesänderungen vorgenommen worden sind, die die Attraktivität von Stiftungen wesentlich einschränken – und auch in unserem Regierungsprogramm ist einiges enthalten.
Die Grünen stellen in ihren Anträgen Forderungen, die teilweise schon behandelt werden, zum Beispiel die Konsolidierungspflicht (Zwischenruf der Abg. Voglauer [Grüne]), oder auch Forderungen, die unerfüllbar sind, wie zum Beispiel eine Prüfung von kleinen GmbHs durch Wirtschaftsprüfer, die schon jetzt mit ihrer Arbeit nicht mehr zusammenkommen, weil sie das vor lauter Aufträgen nicht mehr bewerkstelligen können. (Abg. Tomaselli [Grüne]: Es geht um große GmbHs ...!) Stellen Sie sich vor, jede GmbH müsste von Wirtschaftsprüfern extra geprüft werden (Abg. Gewessler [Grüne]: Bitte!) – das geht sich in unserem System mit Sicherheit nicht aus. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Tomaselli [Grüne].)
Oder die Wahnsinnsstrafen bei Nichteinreichen von Bilanzen von bis zu 5 Prozent des weltweiten Umsatzes: Das fordern Sie, und dabei wissen Sie genau, dass es ab und zu auch Fälle gibt, bei denen eine Bilanz zu spät abgegeben wird, man aber keine Schuld daran hat – das ist ganz diffizil. Ich habe mit einem Steuerberater gesprochen, und der hat gesagt: um Gottes willen! Wenn wir das bekommen, dann gibt es bald keine Betriebe mehr in Österreich (Heiterkeit bei den Grünen), weil es jetzt schon genug Vorschriften gibt (Zwischenruf des Abg. Lukas Hammer [Grüne]) und die Bürokratie in den Himmel wächst.
Wir müssen dem entgegenwirken! Wir müssen schauen, dass die Betriebe von der Bürokratie entlastet werden (Ruf bei den Grünen: Um Gottes willen! – weitere Zwischenrufe bei den Grünen), und wir müssen uns bemühen, dass auch das Unternehmerdasein wieder Freude macht. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kogler [Grüne]: Jetzt kommt man drauf: Der Benko ist drangsaliert worden!)
Betrügerische Machenschaften, widerrechtliche Vermögensverschiebungen sind kein Kavaliersdelikt und werden auch jetzt schon hart bestraft. Eine genaue Prüfung des Falles wird durchgeführt, Erkenntnisse daraus sollen solide in etwaige Gesetzesänderungen einfließen (Abg. Maurer [Grüne]: Aber wir wissen es ja eh jetzt schon! ... warten?) – aber nicht als Anlassgesetzgebung wegen Generalverdachts.
Aber auch auf der anderen Seite des Systems gibt es Missbrauch, über den wir offen sprechen müssen (Abg. Gewessler [Grüne]: Jetzt kommt man ...!), ohne ideologische Scheuklappen, wie der Herr Minister es schon ausgeführt hat.
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Schlusssatz bitte!
Abgeordneter Laurenz Pöttinger (fortsetzend): Ja, Herr Präsident, ich komme zum Schlusssatz. – Im Rückspiegel betrachtet wissen die Grünen immer alles und weiß insbesondere Frau Abgeordnete Tomaselli alles immer noch viel besser. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Voglauer [Grüne]: Dann fragen Sie einfach bei ihr nach! – Abg. Gewessler [Grüne]: Genau! Dann nachfragen bei ihr, gute Idee! Gute Idee!)
9.37
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Als Nächste zu Wort gemeldet: Frau Abgeordnete Herr. – Bitte schön.
RN/10
9.37
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Vielen Dank, Herr Präsident! Sehr geehrtes Hohes Haus! Seit dieser Woche muss sich René Benko auch vor den Gerichten für seine Taten rechtfertigen, und das wird noch sehr lange dauern. Politisch aber steht das Urteil ja schon fest: Für diesen Schaden, die größte Unternehmenspleite in der Geschichte – Kika/Leiner –, Tausende Menschen, die ihren Arbeitsplatz verloren haben, Millionen Euro offene Forderungen der Gläubiger – der größte Gläubiger allen voran ist die Republik Österreich, also wir alle, jeder Steuerzahler, jede Steuerzahlerin in diesem Land –, haften wir alle. (Zwischenruf des Abg. Steiner [FPÖ].) Wir alle haften für diesen unglaublichen Schaden.
Es ist natürlich auch ein politischer Skandal, denn René Benko, damals einer der reichsten Männer der Welt, wurde dabei ja nicht nur politisch unterstützt, man kann fast meinen, ihm wurde regelrecht der rote Teppich ausgerollt. Beim Kauf von Immobilien wurde er unterstützt, beim Kauf von Kika/Leiner wurde er unterstützt.
Ich erinnere mich an die damaligen Aussendungen – weil jetzt auch schon die FPÖ begonnen hat, hier hereinzurufen –, damals noch von der schwarz-blauen Bundesregierung, die sich abgefeiert hat, dass René Benko das Unternehmen kauft, weil damit ja Arbeitsplätze gerettet werden würden. Diese Geschichte ist nicht gut gealtert. (Abg. Kickl [FPÖ]: ... Gusenbauer hat euch gewarnt! Der hat euch gewarnt!) Wir können ja einen fragen, der damals mit dabei war: Es war nämlich Minister Kickl, der damals mit dabei war, als man abgefeiert hat, da so eine gute Lösung gefunden zu haben. (Beifall bei SPÖ und NEOS. – Abg. Kickl [FPÖ]: Was ist eigentlich mit diesem Gusenbauer, mit diesem ominösen Gusenbauer?)
Wir erinnern uns auch an später, als dann Millionen an Steuerstundungen für dieses Unternehmen gezahlt wurden, obwohl eigentlich schon klar war, dass es de facto fast pleite ist – damals unter grüner Regierungsbeteiligung –, und wir erinnern uns auch an die Verfahren von Benko selbst, als ihm bei seinen Steuerverfahren von den zuständigen Mitarbeitern im damaligen Finanzministerium geholfen wurde – damals ist ein Mail geleakt worden, in dem ein zuständiger Mitarbeiter, der wahrscheinlich sein Leben nicht mehr gepackt hat, fragt: Wieso helft ihr dem Benko so?
Ja, warum? – Ich bin eine, die bekannt dafür ist, nicht lange herumzufackeln, sondern die Dinge auch beim Namen zu nennen: Der Fall Benko wird in die Geschichte als Beispiel eingehen, wie sich reiche und einflussreiche Menschen durch Connections in die Politik Vorteile verschafft und sich auf Kosten der Allgemeinheit bereichert haben. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.) So etwas darf es – und ich hoffe, da sind sich alle Fraktionen hier einig – auch nie wieder geben. (Zwischenruf der Abg. Giuliani-Sterrer [FPÖ].)
Jetzt zur eigentlichen Frage: Wären alle diese Immobilientricks, durch die Benko reich geworden ist – teils legal, teils illegal –, heute wieder so möglich oder werden die Lehren gezogen und gibt es Maßnahmen gegen Steuerbetrug? – Die gibt es. Die ersten Riegel sind bereits vorgeschoben (Abg. Maurer [Grüne]: Nein, ein „Kronen Zeitung“-Artikel ...!), vor Immobiliendeals, wie sie Benko getätigt hat. Bisher war es so: Ein normaler Mensch, der sich eine Immobilie kauft, weil er beispielsweise ein Haus bauen will, zahlt dafür Grunderwerbssteuer – 3,5 Prozent. (Zwischenruf des Abg. Hörl [ÖVP].) Immobilienhaie wie René Benko konnten diese Grunderwerbssteuer mit ihren Immobilienunternehmen durch sogenannte Share-Deals umgehen. Wie viel Grunderwerbssteuer haben die dann gezahlt? – 0 Prozent.
Diese Bundesregierung hat jetzt in einer ihrer ersten Handlungen diesbezüglich bereits gehandelt. Diese Steuerlücke ist bereits geschlossen und auch die Share-Deals à la René Benko werden endlich gerecht besteuert. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)
Es kann ja nicht sein, dass jeder Häuselbauer mehr Steuern zahlt als beispielsweise die René Benkos dieser Welt. Da will ich auch in Richtung Grüne ganz klar sagen: Wir haben in sieben Monaten Regierungstätigkeit jetzt schon mehr Steuerlücken geschlossen als Sie in fünf Jahren. Das muss man auch ganz klar sagen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Oberhofer [NEOS].)
Die Bundesregierung hat da bereits gehandelt. Es gibt aber natürlich noch viele weitere Ungerechtigkeiten bei Luxusimmobiliendeals – das stimmt, da haben Sie in der Sache recht. Weiter geht es mit der Mehrwertsteuer; denn wenn ich eine Immobilie kaufe, wird unterschieden, ob ich das privat tue, um dann später darin zu wohnen, oder ob ich das als Unternehmen tue, um sie dann später weiterzuvermieten. Wenn ich die Wohnung nur kaufe, um sie später zu vermieten, dann kann ich mir etwas von der Steuer zurückholen, und da geht es um sehr viel Geld.
Was hat René Benko gemacht? – Er hat genau diese Rechtslage ausgenutzt, und zwar zum Schaden der Republik, zum Schaden von uns allen. Er hat sich in Tirol eine protzige Villa gekauft – mehrstöckig, Tausende Quadratmeter, schaut aus wie ein kleines Schloss –, aber nicht er als Privatperson, weil er dann ja die Steuer hätte zahlen müssen, nein, er hat geschickt eine Privatstiftung dazwischengeschoben – ich glaube eine Privatstiftung von ihm und seiner Mutter –, und dann hat diese Privatstiftung – quasi seine – an ihn selbst vermietet. Steuern hat er dahin gehend nicht gezahlt. Auch da muss man natürlich sagen: Das wäre Steuergeld, das eigentlich der Republik zustehen würde, das wäre Steuergeld, das eigentlich der Allgemeinheit zustehen würde – gerade in einer Zeit, in der das Budgetloch so groß ist.
Auch diese Steuerlücken müssen wir schließen. Für Superreiche, die solche Umgehungskonstruktionen bauen, gibt es eigene Steuerberatungsfirmen, die helfen, dass Superreiche nur ja keine Steuern zahlen müssen. Auch da muss klar sein: Diese Lücken müssen wir schließen. (Beifall bei der SPÖ.)
Genau das hat Finanzminister Markus Marterbauer bereits angekündigt.
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Ich bitte um den Schlusssatz.
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (fortsetzend): 1,4 Milliarden Euro – mein Schlusssatz – wollen wir noch in dieser Legislaturperiode dadurch einnehmen, dass wir dem Steuerbetrug, vor allem durch die reichsten Menschen in diesem Land, einen Riegel vorschieben. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Bogner-Strauß [ÖVP].)
9.42
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Wotschke. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.
RN/11
9.43
Abgeordnete Mag. Sophie Marie Wotschke (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Der Fall Signa zeigt klar – Kollegin Herr hat es skizziert –, dass Handlungsbedarf besteht, und daran arbeiten wir auch bereits in dieser Bundesregierung, beispielsweise wenn es eben um eine Erhöhung des Strafrahmens bei Bilanzverschleierungsdelikten geht – da sind wir ganz klar. (Abg. Maurer [Grüne]: ... Strafrahmen! – Abg. Tomaselli [Grüne]: Nein!)
Ein Punkt, bei dem wir bereits Maßnahmen gesetzt haben, nachdem es die letzte Bundesregierung nicht getan hat, ist die Grunderwerbssteuer. René Benko war dafür bekannt, dass er es durch verschiedene Deals, Konstrukte, wie er seine Gesellschaften gegliedert hat, geschafft hat, die Steuer, die jeder normale Bürger zahlen muss, diese 3,5 Prozent Grunderwerbssteuer, nicht zu zahlen, diese Steuer zu umgehen. Diese Lücke hat die Bundesregierung bereits geschlossen. (Abg. Wurm [FPÖ]: Haselsteiner!) Wir arbeiten bereits daran, dass solche Umgehungskonstrukte nicht mehr möglich sind, und das ist gut.
Wir müssen da aber sehr aufpassen, dass wir nicht alle Unternehmer:innen über einen Kamm scheren. Nicht alle Unternehmer:innen sind ein René Benko mit krimineller Energie, nein, die meisten wollen einfach ehrlich arbeiten. Wir sind für unseren Standort auf diese Leute angewiesen. Das ist das Rückgrat unseres Wohlstandes, unserer Gesellschaft. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Frau Kollegin Tomaselli, Sie monieren, dass die Prüfungsdichte in Österreich nicht hoch genug sei. Das stimmt nicht: Die Prüfungsdichte in Österreich liegt bei 10 bis 20 Prozent; das ist international ein Topschnitt. (Abg. Tomaselli [Grüne]: Nein, das sind ...! – Abg. Kogler [Grüne]: Nicht beim Benko ...!) – Das ist international ein Topschnitt. (Abg. Gewessler [Grüne]: Wo?) Das Problem ist nicht, dass wir zu wenig prüfen, das Problem ist, dass wir zu ineffizient prüfen, dass Prüfungen zu lange dauern (Abg. Kogler [Grüne]: Die Großbetriebsprüfungen ...!), dass wir da mehr auf Digitalisierung setzen müssen, dass wir da in der Verwaltung ansetzen müssen und besser werden müssen. (Beifall bei den NEOS.)
Was wir nicht tun dürfen, ist, unter Pauschalverdacht stellen, unld das tun Sie leider. (Abg. Gewessler [Grüne]: Geh bitte! Wo?) – Das tun Sie leider. Mit Ihren Regelungen würden wir es allen Unternehmern schwerer machen. Mit Ihren Regelungen würden wir dafür sogen, dass ausländische Investoren nicht mehr nach Österreich kommen, und das können wir uns schlicht nicht leisten. (Beifall bei den NEOS.)
Es wäre auch völlig unsachlich, denn bei René Benko – es gab bereits einen Untersuchungsausschuss, Frau Tomaselli; Sie sollten das wissen, Sie saßen drinnen – gab es einfach gewissermaßen andere Regeln. Da gab es Verdachtslagen, die sich erhärtet haben. Da gibt es – ich zitiere den Bericht des letzten Untersuchungsausschusses, Kollegen Yannick Shetty – das Resümee, dass für René Benko wohl ein anderes Steuerrecht galt, sodass er sich durch das Verlegen seines Sitzes beim Tuchlaubenkomplex Steuern sparen konnte.
Das geht nicht. Was wir aber auf der anderen Seite sehen, ist, dass die ehrlichen Unternehmer in Österreich viel Steuern zahlen, viel zu viel Steuern zahlen, dass Österreich als Standort nicht mehr attraktiv ist. Genau diese ehrlichen Unternehmer müssen wir unterstützen, da müssen wir Steuern senken, da müssen wir jetzt wieder Investitionen attraktiv machen. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Kogler [Grüne]: Ha!)
Wir müssen dafür sorgen, dass alle Unternehmerinnen und Unternehmer in Österreich eine Verwaltung erleben, die sie unterstützt und nicht blockiert; dass das für Einzelne nicht geht, denn, wie gesagt, alles andere können wir uns nicht mehr leisten. Wir stehen da am Scheideweg: Wollen wir unseren Wohlstand halten oder nicht? Wollen wir den Standort stärken oder nicht? Entweder wir schaffen es jetzt, Unternehmertum attraktiv zu machen, mit deutlich weniger bürokratischen Hürden, mit Behörden, die um Service bemüht sind, in denen die Besten drinnensitzen, unseren Standort attraktiv zu machen, dass es sich mehr lohnt, in Österreich als in anderen Ländern zu investieren, oder wir werden uns damit abfinden müssen, dass wir unseren Wohlstand langsam verlieren – und damit findet sich diese Bundesregierung nicht ab. (Beifall bei den NEOS.)
Da ist es absolut zentral, dass der Herr Wirtschaftsminister jetzt ein Paket vorgelegt hat, mit dem wir Investitionen begünstigen. Wir erhöhen die Investitionsfreibeträge, insbesondere auch für ökologische Maßnahmen – das sollte Sie bei den Grünen sehr freuen, und es ist auch sehr sinnvoll.
Was tun wir konkret? – Wir verdoppeln den Investitionsfreibetrag von 10 Prozent auf 20 Prozent, wir erhöhen ihn bei Umweltinvestitionen von 20 Prozent auf 22 Prozent. So können Unternehmer bis zu 1 Million Euro Investitionen steuerlich geltend machen.
Das ist genau die Entlastung, die ehrliche Unternehmer in Österreich brauchen. Was sie nicht brauchen, sind mehr Bürokratie und mehr Hürden. Das gibt es mit dieser Bundesregierung nicht. Wir entlasten Unternehmer. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Strasser [ÖVP].)
9.47
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Als Nächste zu Wort gemeldet: Frau Abgeordnete Zadić . – Bitte schön, Frau Abgeordnete.
RN/12
9.47
Abgeordnete Dr. Alma Zadić, LL.M. (Grüne): Vielen Dank, Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Vor gut zwei Jahren wurde klar, die Causa Signa ist die größte Milliardenpleite der Zweiten Republik. Ebenfalls sehr schnell wurde klar, wie es dazu kommen konnte: Natürlich braucht es jemanden, der wahnsinnig geschickt sein Gegenüber manipuliert, es braucht vor allem aber auch ein System, das das erlaubt. Denn viele dieser Tricks, mit denen René Benko die wirtschaftliche Lage seines Unternehmens verschleiert hat, waren legal. Jetzt möchte man meinen, wenn es zu Hause regnet, sucht man die Löcher im Dach und dichtet diese ab. Genau das müsste man eigentlich tun, wenn wir Schlupflöcher im Gesetz entdecken: Man müsste sie abdichten. (Beifall bei den Grünen.)
Herr Minister, Sie haben mich als Justizministerin damals angesprochen. Ja, damals, vor zwei Jahren, nachdem die Sache aufgetaucht ist, habe ich einige Vorschläge unterbreitet. Wir haben sogar ein Gesetz ausgearbeitet und dieses Gesetz begutachten lassen. Das Gesetz liegt begutachtet im Justizministerium. Seit zwei Jahren hat die ÖVP die Möglichkeit, diesem Gesetz zuzustimmen. (Abg. Tomaselli [Grüne]: Aha!) Sie hat es nicht getan, sie tut es bis heute nicht. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kogler [Grüne]: So schaut’s aus! – Zwischenrufe der Abgeordneten Ofenauer [ÖVP] und Wöginger [ÖVP].)
Herr Wirtschaftsminister, der Grund, warum Sie da sind, ist – davon bin ich überzeugt –, weil Ihnen der Standort Österreich wichtig ist. Sie sind der Wirtschaftsminister, und ich weiß, der Standort Österreich ist Ihnen wichtig. (Abg. Wöginger [ÖVP]: Hoffentlich Ihnen auch!) Also: Schützen Sie unsere Klein- und Mittelbetriebe! Davon haben wir sehr viele in Österreich, und die halten sich an das Gesetz. Man kann sie schützen, indem man die großen Unternehmen und die René Benkos dieser Welt dazu verpflichtet, sich an das Gesetz zu halten. Denn diese haben es nicht getan, und sie werden es in Zukunft auch nicht tun. (Beifall bei den Grünen.)
Abgeordnete Wotschke hat gesagt, Sie arbeiten gerade an einem Gesetz, um die Bilanzverschleierungen zu verunmöglichen. Sie brauchen an dem Gesetz nicht zu arbeiten. Das Gesetz ist fertig, es liegt im Justizministerium, Sie brauchen nur zuzustimmen, Sie brauchen nur hier darüber abzustimmen. Es ist fertig. Tun Sie bitte etwas – nicht nur ankündigen, sondern wirklich handeln! (Beifall bei den Grünen.)
Das Schlimme an der ganzen Sache ist ja, dass den Schaden, den die Benkos dieser Welt anrichten, nicht die Benkos dieser Welt zahlen, sondern diesen Schaden zahlen wir alle: Den zahlen die Angestellten, die ihre Jobs verlieren – Stichwort Leiner –, den zahlen die Baufirmen, die auf ihren offenen Rechnungen sitzen bleiben – man braucht nur auf die Mariahilfer Straße zu schauen –, den zahlen wir alle, weil uns Milliarden Euro an Steuergeld entgehen, Milliarden Euro an Steuergeld, das wir dringend bräuchten: für Kindergärten, für Schulen und im Gesundheitssystem.
Ja, jeder muss seinen Beitrag leisten, heißt es, und die Bundesregierung sagt, jeder von uns muss sparen. – Ja, und – wir sind eine solidarische Gesellschaft – jeder spart, aber die, die sich nicht am Sparen beteiligen, sind die Benkos dieser Welt. (Beifall bei den Grünen.)
Auch die müssen zur Kasse gebeten werden, denn Vizekanzler Babler sagt ja: Die breiten Schultern müssen es tragen. – Ich sehe von diesen breiten Schultern aber leider nichts. Die Öffis werden teurer, die Preise steigen überall; bei den Familien, bei den Kindern wird gekürzt – weil es kein Geld gibt. (Abg. Shetty [NEOS]: Warum gibt es eigentlich kein Geld mehr?) Doch, es gibt Geld: Man kann es von jenen holen, die Steuern hinterziehen, die Bilanzen verschleiern – und da liegen Milliarden von Euro am Tisch.
Nur leere Ankündigungen! Was ist zu tun? – Wir wissen es, es ist relativ straightforward. Benko und sein Firmenkonstrukt haben es uns vorgeführt. Die Vorschläge, habe ich schon gesagt, liegen am Tisch, Sie müssen es nur wollen. Wir starten deswegen jetzt einen weiteren Versuch, um die Regierung an ihre Verantwortung zu erinnern. Was braucht es aus unserer Sicht? – Es braucht wesentlich höhere Strafen, wenn man Bilanzen verschleiert. (Beifall bei den Grünen.)
Denn: Reiche Unternehmen wie die Benkos dieser Welt nehmen es in Kauf, die Bilanzen nicht vorzulegen und lieber die Strafe zu zahlen, anstatt die Bilanzen vorzulegen und die Steuern zu zahlen, und genau das muss man verbieten. Daher schlagen wir vor, dass für das Nichteinreichen von Bilanzen 5 Prozent des weltweiten Umsatzes am Tisch gelegt und an den Steuerzahler, an den Staat gezahlt werden müssen. Das wäre doch einmal ein Beginn! (Beifall bei den Grünen.)
Sehr geehrter Herr Wirtschaftsminister, bitte kommen Sie vom Ankündigen endlich ins Handeln! Ich glaube, die Klein- und Mittelbetriebe Österreichs würden es Ihnen danken, denn all jene, die brav Steuern zahlen, sollten nicht unfair behandelt werden. Schließen Sie die Gesetzeslücken, damit wir Verluste nicht schon wieder solidarisieren, sondern eben die Gewinne solidarisieren! – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)
9.52
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Wurm. – Bitte, Herr Abgeordneter.
RN/13
9.52
Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Danke, Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Werte Zuseher! Der Fall René Benko und das große Staunen: Ganz Österreich hat über diese Milliardenpleite gestaunt. 500 000 Unternehmer in diesem Land haben gestaunt, wie so etwas geht. Und ich staune heute, wenn ich mir die SPÖ, die ÖVP, die Grünen und die NEOS anhöre – das große Staunen bei diesen vier Parteien über den Fall René Benko. Ich glaube, wir brauchen nicht zu staunen. Ihr seid das System, ihr habt einen Benko möglich gemacht! Das ist ja vollkommen klar und offensichtlich. Es gibt in Österreich ein Zweiparteiensystem: euch vier und uns. (Beifall bei der FPÖ.)
Deshalb sind wir in diesem Fall relativ entspannt, und natürlich gibt es einen Hauptschuldigen (Abg. Silvan [SPÖ]: Ihr wart nirgends dabei!) – ich schaue da gerade in Gust Wögingers Gesicht. (Abg. Kogler [Grüne]: Auf jedem zweiten Benko-Foto ist ein Blauer oben! – Abg. Silvan [SPÖ]: Ihr wart nirgends dabei!) – Kollege Kogler, bitte bei den Grünen heute einfach sagen: Mea culpa!, und ruhig sein! Das wäre besser für dich, Kollege Kogler. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Gewessler [Grüne]: Wir reden über den Benko ...!)
Wenn ich mir das jetzt in Tirol anschaue – René Benko ist ja ein Tiroler –: Früher hatten wir in Tirol Unternehmerpersönlichkeiten wie einen Swarovski, einen Thöni, einen Schwarzkopf. Das waren Tiroler Unternehmerpersönlichkeiten. (Ruf bei der SPÖ: Der Benko auch!) Nach 70 Jahren schwarzer Allmacht in Tirol haben wir halt jetzt einen Benko als Unternehmer. Deutlicher kann man den Sumpf, den ihr als ÖVP hinterlassen habt, ja gar nicht mehr machen. (Beifall bei der FPÖ.)
Das ist natürlich die ÖVP, nur – ich darf das schon erwähnen – bei den berühmten Törggelenfeiern in Wien, bitte schön, war die halbe SPÖ am Foto drauf, der Haselsteiner und die NEOS sowieso. Ihr wart ja alle immer dabei! (Abg. Shetty [NEOS]: Nur die FPÖ nicht, gell? Nur die FPÖ war nie dabei!) Ihr tut alle so, wie wenn ihr den Benko nie gesehen hättet und nicht kennen würdet. So stellt ihr euch heute her. Das ist ja ein Witz. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Shetty [NEOS]: Nur die FPÖ war nie dabei!)
Es hat einmal einen berühmten Bundespräsidenten gegeben – einige werden sich erinnern –, der von den sauren Wiesen gesprochen hat. Wir haben nicht nur saure Wiesen, wir haben in Österreich einen Sumpf, den ihr vier zu verantworten habt. (Heiterkeit der Abgeordneten Gewessler [Grüne] und Shetty [NEOS].) Ihr vier habt die Verantwortung! Und, Frau Kollegin Zadić, wenn man sich als Grüne, die fünf Jahre Justizministerin war, heute hierherstellt - - (Abg. Gewessler [Grüne]: Und sagt, man hat eine Begutachtung gemacht und einen Gesetzesvorschlag?) – Sie tun so, als ob Sie überhaupt nichts mitbekommen hätten. Das hat sich ja schon lange angekündigt. Die Justiz war unter Ihrer Führung blind. Blind war die Justiz! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Zadić [Grüne]: Geh!) – Ja, natürlich!
Es ist ein Multiorganversagen. Die Justiz, die grüne Justizministerin: völliges Versagen – völliges Versagen! Das kann man der Bevölkerung nicht erklären. (Abg. Gewessler [Grüne]: Es wird gerade verhandelt!) Das Finanzministerium – Brunner ist ja geflüchtet, es gibt einen Milliardenschaden im Budget – hat nie etwas mitbekommen. Fragen Sie heute einmal einen Unternehmer, einen Tischlerbetrieb mit drei Leuten, was passiert, wenn er an das Finanzamt oder an die Gebietskrankenkasse oder alles andere neun Monate lang nicht zahlt!
Bitte schön, das muss man einem Unternehmer erklären, wie Benko das geschafft hat, dass alle zugeschaut haben. Alle vier habt ihr jahrelang zugeschaut (Abg. Gewessler [Grüne]: Ihr habt ihm applaudiert!) – und heute gibt es das große Staunen! (Abg. Gewessler [Grüne]: Ihr habt ihm applaudiert!) Das kann man ja der Bevölkerung gar nicht mehr erklären, es ist ja eigentlich eine peinliche Vorstellung, so etwas überhaupt noch zu thematisieren. Normalerweise solltet ihr alle vier einfach sagen: Wir waren schuld daran! – Das wäre die Antwort gewesen. (Beifall bei der FPÖ.)
Es ist halt dieser tiefe Staat, von dem wir schon sehr lange und deutlich sprechen. Man kann ja ruhig zu Herbert Kickl hinüberschauen: War er irgendwo dabei? (Abg. Ofenauer [ÖVP]: Nein, weil er nie da ist!) Gibt es ein Foto von Herbert Kickl und Benko? (Abg. Ofenauer [ÖVP]: Er ist ja nie da!) Gibt es das? – Nein, gibt es nicht. (Abg. Shetty [NEOS]: Aha! Und vom Strache? ... FPÖ?) Na klar, weil wir da sauber sind. Wir sind da sauber! (Abg. Shetty [NEOS]: Da muss er selber lachen!) Ja, Gott sei Dank (Heiterkeit des Redners), wir sind da sauber (Abg. Shetty [NEOS]: Da muss er selber lachen!) – bitte, das kann man sich anschauen. (Beifall bei der FPÖ. – Heiterkeit bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ. – Ruf bei der SPÖ: Peter, ein guter Joke! – Abg. Gewessler [Grüne]: Liebe Grüße aus Graz! Liebe Grüße von den Sporttaschen!)
Es ist schon - - (Abg. Shetty [NEOS]: Das Gleiche noch einmal, ohne zu lachen!) – Herr Präsident, darf ich? – Also, liebe Kollegen, die Lösung ist ganz klar: Die Lösung kann nur durch uns Freiheitliche passieren. Ihr vier seid das System, ihr habt einen Benko möglich gemacht (Abg. Schwarz [Grüne]: Das muss echt hart sein, so eine Rede zu halten! – Ruf bei der SPÖ: Das war der Kickl!), und wenn es uns nicht gibt, wird es einen neuen Benko geben. (Ruf: Habt ihr die erste Rede von euch auch gehört?) Ihr habt überhaupt nichts geregelt, nichts verhindert, gar nichts. (Ruf: Die Sporttaschen ...!)
Abschließend darf ich sagen: Es gibt da ganz viel aufzuklären. Ich muss sagen, das größte Problem wird Benko nicht mit euch vieren haben. (Abg. Shetty [NEOS]: Was kriegst denn du für die Rede?) Benko hat einige große Investoren im arabischen Bereich reingelegt, und ich glaube, das ist der Grund, warum er nicht sehr ruhig schlafen kann. Ich glaube, nicht die Justiz wird ihn richten, sondern einige Großinvestoren werden ihn richten. Das ist ein trauriger Fall für ihn persönlich, das wünsche ich ihm auch nicht, aber noch einmal – mein Schlusssatz ist ganz klar –: Ihr vier habt Benko möglich gemacht, und die Einzigen, die das verhindern können, sind wir Freiheitlichen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Gewessler [Grüne]: Geh bitte! Das glaubt ihr euch ja selber nicht! – Abg. Kogler [Grüne]: Vor lauter Putin-Schmuserei keine Zeit mehr für den Benko! – Abg. Shetty [NEOS]: Was kriegst du für so eine Rede eigentlich?)
9.58
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Ofenauer. – Bitte schön.
RN/14
9.58
Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Vielen Dank, Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Sehr verehrte Zuseherinnen und Zuseher! Also wenn sich Kollege Wurm hierherstellt und sagt, die FPÖ wäre nicht Teil des Systems, dann möchte ich doch daran erinnern, dass die FPÖ mittlerweile einige Male in der Regierung war und seit Jahrzehnten auch Teil dieses Hohen Hauses ist. Also zu behaupten, nicht Teil eines sogenannten Systems zu sein (Abg. Wurm [FPÖ]: Aber nicht vom System Benko!), entbehrt wirklich jeglicher Grundlage, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Herr [SPÖ]. – Abg. Kickl [FPÖ]: Der Luther war auch Mönch!)
Vielleicht aber ganz allgemein zu dieser Aktuellen Stunde (Abg. Kickl [FPÖ]: Der Luther war auch ein Mönch!): Meine Zuseherinnen und Zuseher, der erste Sitzungstag an einem Mittwoch beginnt um 9 Uhr mit einer sogenannten Aktuellen Stunde, und in der Regel ist das Thema auch tatsächlich aktuell. (Abg. Gewessler [Grüne]: Ja, ist es! Habt ihr die Zeitungen aufgeschlagen?) Heute ist es, wie Sie sehen, nichts anderes als eine Inszenierung der Grünen, vor allem der Kollegin Tomaselli, der Ausdruck einer Oppositionsarbeit einer Partei, die händeringend nach jedem Strohhalm sucht, um politisch zu überleben. Das ist das, was hier geboten wird. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)
Es soll damit der Eindruck erweckt werden, dass der Rechtsstaat nicht funktionieren würde. (Abg. Schwarz [Grüne]: Wenn ihr unserem Antrag zugestimmt hättet, dann wäre es nicht ...!) Und es ist tatsächlich ein Problem, wenn Strafverfahren herangezogen werden, um politisches Kleingeld zu wechseln, damit der Eindruck erweckt wird, dass die Justiz nicht funktionieren würde (Abg. Gewessler [Grüne]: Überhaupt nicht! Um die Politik geht es! Ihr habt den Antrag nicht gelesen!) und dass Sie noch mehr Gesetze brauchen würden.
Das Gegenteil ist der Fall, denn die Justiz funktioniert – deswegen gibt es dieses Verfahren. (Abg. Gewessler [Grüne]: Um die Politik geht es! Genau das Gegenteil!) Weil die Ermittlungsbehörden unabhängig arbeiten, wurde Anklage erhoben, und weil unsere Justiz unabhängig ist (Abg. Gewessler [Grüne]: Es geht um die Schlupflöcher!), wird es auch ein entsprechendes Urteil geben, ja!
Und zu den Schlupflöchern (Abg. Gewessler [Grüne]: Danke!): Ich habe gesagt, es handelt sich um eine Inszenierung und es wird künstliche Aufregung erzeugt.
Warum? – Das beste Beispiel: Schlupflöcher zu schließen, ist ein laufender Prozess, Gesetze zu machen, ist ein laufender Prozess, aber zuerst müssen Sie prüfen, wer zuständig ist. Zuständig dafür ist entweder der oder die Justizminister:in, der oder die Finanzminister:in, aber jedenfalls nicht der Wirtschaftsminister (Zwischenruf der Abg. Gewessler [Grüne]) – der Wirtschaftsminister, dem es darum geht, die Wirtschaft in Österreich wieder in die Höhe zu bringen und die Stocker-Formel mit dem Ziel sinkender Inflation und steigender Wirtschaftsleistung umzusetzen. (Heiterkeit bei der FPÖ. – Abg. Darmann [FPÖ]: Ein Kabarett ist das jetzt! Unfassbar!)
Darum geht es, meine Damen und Herren. Und Sie fordern tatsächlich den Wirtschaftsminister auf, tätig zu werden, was inhaltlich vollkommen falsch ist.
Noch dazu Betrugsbekämpfung – da schwingt irgendwie so mit: Wir brauchen Gesetze, damit sich die Menschen an die Gesetze halten. Das ist alles ein Blödsinn, meine Damen und Herren. Was die Grünen wollen, ist, die gesetzlichen Maschen so eng zu knüpfen, wie das eigentlich nur in einem autoritären Staat möglich wäre, aber jedenfalls nicht in einer liberalen Demokratie mit einem entsprechend ausgebauten Rechtsstaat, in dem wir leben.
Meine Damen und Herren, was tatsächlich notwendig ist – das passiert aber auch –, ist, dass solche Menschen, die Blender sind, Hütchenspieler sind, frühzeitig enttarnt werden. Es gibt mittlerweile massenhaft Compliance-Regelungen. Fragen Sie nach, reden Sie mit den Menschen in den Banken, in der Wirtschaft! Auch Sie selbst werden jährlich die Know-your-Customer-Erklärung bei Ihrer Bank ausfüllen müssen. Es gibt also solche Compliance-Regelungen, die in allen Bereichen massiv ausgebaut wurden. Darauf gilt es auch in Zukunft zu setzen.
Meine Damen und Herren, kurz gesagt: Der Rechtsstaat funktioniert. Die Justiz funktioniert. Lassen wir sie arbeiten, dann werden auch solche rechtswidrigen Machenschaften entsprechend bestraft werden! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Steiner [FPÖ]: Aber wegen der Stocker-Formel hättest du nicht extra ans Rednerpult treten müssen! Die Blamage hättest du dir ersparen können!)
10.01
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Binder. – Bitte schön.
RN/15
10.01
Abgeordneter Reinhold Binder (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! 156 insolvente Gesellschaften bei Signa und Co, über 1 000 betroffene Tochterfirmen, 650 Millionen Euro operative Verluste, 27,6 Milliarden Euro an angemeldeten Gläubigerforderungen – das ist das Werk von René Benko und Signa.
Ja, ehrliche Betriebe müssen geschützt werden, aber noch wichtiger sind natürlich die Beschäftigten und die Menschen in unserem Land, die tagtäglich die Betriebe am Laufen halten. Genau sie sind es, die am Ende zahlen, wenn andere tricksen, täuschen oder spekulieren. Es geht um Fairness und jene, die wirklich arbeiten, nicht ums Wegschauen bei jenen, die sich durchmogeln.
Beispiele zum System der Verantwortungslosen gibt es viele: nicht nur Signa, wo Spekulation, Größenwahn, Pleite auf Kosten anderer wesentlich Fuß gefasst haben, sondern ebenso Kika und Leiner: Versprechen gebrochen, Tausende Jobs sind verloren gegangen; ebenso bei ATB Spielberg: aus Profitgier eine Verlagerung, jetzt ein neuer Produzent am gleichen Standort ein paar Hundert Meter weg, aber die Menschen haben das nicht vergessen, dass dort wieder dasselbe produziert wird; ebenso bei MAN Steyr: Wir vergessen nicht die Verantwortungslosigkeit gegenüber diesem Standort und den Beschäftigten; wir wissen auch, dass Sigi Wolf bereits in einem Untersuchungsausschuss in diesem Haus vorgeladen worden ist. Hygiene Austria darf man da auch noch mit erwähnen: Förderungen missbraucht, Beschäftigte getäuscht, Konsumenten hinters Licht geführt. Abschließend darf ich vielleicht auch noch Pierer und KTM erwähnen: sagenhaftes Missmanagement von vermeintlichen Topmanagern.
Stellen Sie sich vor, wenn wenige Wochen vor Weihnachten auf einmal die großartige Nachricht kommt, das Unternehmen ist zahlungsunfähig. Schauen Sie dann in die Gesichter der Kinder und der Menschen, und Sie wissen, was los ist. Immer das Gleiche: Gesetze ausgenutzt, Gewinne privatisiert und Verluste der Allgemeinheit umgehängt.
Was sind die Folgen? – Vertrauen natürlich insgesamt zerstört, Beschäftigte verlieren den Glauben an die Gerechtigkeit, ehrliche Unternehmen fühlen sich zu Recht benachteiligt und betrogen. Am Ende bleiben Steuerzahlerinnen und Steuerzahler auf den gesamten Kosten sitzen. Es manifestiert sich immer mehr der Unterschied zwischen den reinen Gewinnentnehmern, die nur auf die Profitgier schauen, und jenen Unternehmern, die tatsächlich die Unternehmen in die Zukunft führen wollen.
Was jetzt passieren muss, ist eigentlich völlig klar: Schlupflöcher schließen, und das überall, und zwar – wir haben es uns auch gemeinsam vorgenommen – im Insolvenzrecht: Verantwortung der Eigentümer erhöhen; im Wettbewerbsrecht: harte Strafen für Kartelle; bei Förderungen: keinen Cent für Firmen, die Jobs vernichten; und nicht zuletzt: Kontrollen verstärken. Das heißt aber auch ganz klar: mehr Personal, mehr Konsequenzen. Das heißt schlussendlich natürlich auch höhere Strafen.
Wer sich an die Regeln hält, darf nicht der Dumme sein, geschätzte Damen und Herren! Diese Sümpfe werden mit unserem Finanzminister Markus Marterbauer und natürlich mit dem Herrn Wirtschaftsminister trockengelegt werden. Da werden wir gemeinsam tätig sein und aktiv Handlungen setzen müssen. Nicht die Spekulanten machen Österreich stark, sondern die Beschäftigten in den Betrieben und die redlichen Unternehmer. Ehrliche Arbeit braucht faire Regeln. Die Gier darf sich einfach nicht lohnen, Ausbeutung darf kein Geschäftsmodell sein. (Beifall bei der SPÖ.)
Wir stehen auf der Seite der Arbeiter, auf der Seite der Fleißigen und auf der Seite der Leistungsträger. Darum ist es so wichtig, nicht auf der Seite der Abkassierer zu stehen:weil diese Machenschaften den österreichischen Staat viel Geld kosten. Hinter jeder einzelnen Bilanz stehen Menschen: Beschäftigte, die früh aufstehen, die tagtäglich ihre Arbeit machen, die ihre Rechnungen bezahlen und die natürlich darauf vertrauen, dass am Monatsende der Lohn kommt; Menschen, die nicht über Stiftungen und Briefkästen abgesichert sind, sondern mit Einsatz und Ehrlichkeit ihre Familien durchbringen.
Wenn dann ein paar wenige glauben, sie können sich mit Konstruktionen, Stiftungen und Tricks aus der Verantwortung stehlen, dann trifft das nicht sie selbst, sondern die Ehrlichen, geschätzte Damen und Herren (Abg. Darmann [FPÖ]: Stichwort Gusenbauer!): die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die auf ihren Job angewiesen sind, die kleinen Zulieferbetriebe, die Zulieferinnen und Zulieferer von jenen Betrieben, die direkt betroffen sind – das schädigt das Wirtschaftssystem –, die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, die am Ende die Rechnung tragen.
Es geht hier nicht nur um Zahlen, es geht auch nicht nur um Paragrafen – es geht um Anstand, Verantwortung und Gerechtigkeit. Deshalb müssen wir alles daransetzen, dass Bilanztricks, Stiftungsverschleierung und Insolvenzverschleppung in Österreich keinen Platz mehr haben. Der Kampf gegen Steuerbetrug und unerwünschte Steuerkonstruktionen ist eine Frage der Gerechtigkeit. (Beifall bei der SPÖ.)
10.07
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Pramhofer. – Bitte schön.
RN/16
10.07
Abgeordneter Mag. Christoph Pramhofer (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Wirtschaftsminister! Hohes Haus! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseher hier im Saal auf der Galerie und zu Hause vor den Bildschirmen! Wenn ein Kartenhaus wie die Signa Holding zusammenbricht, dann schwächt das immer das Vertrauen – in die Märkte, in die Aufsicht und auch in alle Verantwortlichen.
Und ja, der Fall Signa zeigt eines ganz klar: Es gibt hier offenbar Lücken im System, und da werden wir ganz genau hinschauen müssen. Bei der Transparenz, bei Verschachtelungen, bei Bilanzpflichten, da braucht es Nachschärfungen. Das ist überhaupt keine Frage.
Ich sage aber auch eines: Benko und die Signa – das ist nicht die österreichische Wirtschaft. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Unsere Wirtschaft besteht nicht aus windigen Konstruktionen und Bilanzjongleuren. Sie besteht aus Tausenden ehrlichen Unternehmerinnen und Unternehmern (Beifall bei Abgeordneten von NEOS und ÖVP), die Tag für Tag Verantwortung übernehmen, Lehrlinge ausbilden, investieren – und dabei mit immer mehr Berichten, mit immer mehr Bürokratie, mit immer mehr Steuern und Vorschriften zu kämpfen haben. Diese Unternehmer sind das Rückgrat der Wirtschaft und unseres Wohlstands und sie verdienen auch unser Vertrauen und brauchen nicht unser Misstrauen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Darmann [FPÖ]: Sie erwähnen nicht diese windige Regierung!)
Das, was jetzt hier von den Grünen gefordert wird, geht aber genau in die andere Richtung, denn es geht nicht um gezielte Reformen, es geht um diesen klassischen Reflex, den wir wieder sehen: mehr Kontrolle, mehr Strafen, mehr Bürokratie, mehr Staat. (Abg. Gewessler [Grüne]: Und die Lücken willst du wegstreicheln, oder wie?) Die Rede ist von Prüfpflichten für kleine GmbHs, von Förderverboten, von Konzernpflichten.
Besonders delikat ist nämlich eines: das europäische Vermögensregister, das Sie fordern. Ich verstehe schon, dass Sie das fordern. Das ist ja natürlich ganz klar, denn wenn man eine Vermögensteuer will, muss man vorher einmal schauen: Wer hat denn welches Vermögen und wo? Und da sage ich schon ganz klar: Das ist kein Transparenzregister, das ist ein Überwachungs- und Besteuerungsregister. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von FPÖ und ÖVP.)
Das ist aber auch ganz klar, bitte! (Zwischenruf des Abg. Koza [Grüne]. – Zwischenrufe bei der FPÖ.) Damit schafft man kein Vertrauen, damit vertreibt man Kapital und Investitionen. Wir NEOS stehen immer ganz klar auf der Seite von Transparenz. Dafür sind wir unter anderem gegründet worden. Aber was mit uns definitiv nicht geht, ist ein Überwachungsstaat. (Zwischenrufe bei den Grünen. – Abg. Gewessler [Grüne]: Liebe Grüße vom Bundestrojaner!)
Ja, wer Bilanzen verschleiert, der muss mit Konsequenzen rechnen. – Überhaupt keine Frage, da sind wir absolut bei Ihnen. Bitte, da sind wir dabei und da gehen wir mit. Und wer Verpflichtungen ignoriert – auch da sind wir dabei, das muss sanktioniert werden. Aber die große Mehrheit der Betriebe in diesem Land braucht keine zusätzlichen Auflagen oder keine neuen Steuern, die braucht endlich wieder Luft zum Atmen. (Beifall bei NEOS und ÖVP. –Zwischenruf des Abg. Steiner [FPÖ].)
Jetzt stecken wir das dritte Jahr in einer Rezession. Die Wirtschaft stagniert, die Investitionen brechen ein und Österreich, der Standort, verliert jedes Jahr an Wettbewerbsfähigkeit. Wir haben das hier in den letzten Sitzungen schon diskutiert, als die neuen Wettbewerbsindexe herausgekommen sind. Und dieses Land braucht eben keine Misstrauenspolitik, wir brauchen eine Wachstumspolitik. Wir müssen alles tun, damit wir wieder attraktiv für Investitionen von Gründer:innen, von Familienbetrieben und von internationalen Unternehmen werden. (Zwischenrufe bei der FPÖ. – Abg. Gewessler [Grüne]: Eh!) Dafür brauchen wir ein positives Investitionsklima. Das heißt weniger Bürokratie, geringere Steuern und Abgaben, und vor allem – und das ist mir besonders wichtig – brauchen wir endlich wieder eine Haltung, die das Unternehmertun wertschätzt und nicht mit pauschalen Vorverurteilungen agiert. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Kickl [FPÖ]: ... seid’s in der falschen Koalition!)
Und als Bundesregierung erlassen wir hier auch ganz konkrete Maßnahmen. Der Herr Wirtschaftsminister hat es vorhin angesprochen: Wir diskutieren heute die Verdoppelung des Investitionsfreibetrags von 10 auf 20 Prozent, für nachhaltige Investitionen sogar auf 22 Prozent, für Investitionen im Zeitraum von November 2025 bis Ende 2026. (Abg. Gewessler [Grüne]: Schützen Sie die ehrlichen Betriebe, ist die Überschrift! Schützen Sie die ehrlichen Betriebe!) Das ist das Signal in die richtige Richtung. Wer investiert, wer Arbeitsplätze schafft, wer Verantwortung übernimmt, dem sollte der Staat nicht im Wege stehen, sondern den Weg freimachen. (Abg. Gewessler [Grüne]: Was hat das mit dem Thema zu tun?!)
Meine Damen und Herren! Wir brauchen jetzt keine Misstrauenskultur und auf keinen Fall brauchen wir ein Unternehmerbashing. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Wir brauchen neuen wirtschaftlichen Optimismus, eine Politik, die endlich wieder das Vertrauen stärkt und den Wohlstand in diesem Land fördert. – Vielen Dank. (Beifall bei NEOS und ÖVP. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)
10.12
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Schwarz. – Bitte sehr. (Abg. Shetty [NEOS]: Das wäre so ein gutes Schlusswort gewesen!)
RN/17
10.12
Abgeordneter Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA (Grüne): Danke, Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Die größte Pleite der österreichischen Wirtschaftsgeschichte kann nicht ohne gesetzliche Konsequenzen bleiben. Ich glaube, das ist klar. (Beifall bei den Grünen.)
René Benko hat sich jedes legalen Schlupflochs bedient, das es gegeben hat, und die müssen jetzt gestopft werden – und zwar genau wegen dieser redlichen Unternehmerinnen und Unternehmer, weil: Diese Schlupflöcher sind ja Teil eines umfassenden gesetzlichen Regelwerks, an das sich alle halten müssen. Und wenn es dann Schlupflöcher gibt, die manche ausnutzen, dann hilft das auch dem Standort nicht, und deshalb kann man da nicht zuschauen, sondern muss Konsequenzen ziehen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kogler [Grüne]: Bravo!)
Und dazu haben wir Grüne einen Antrag – der ist schon mehrfach erwähnt worden – mit acht Forderungen eingebracht. Der hat es noch nie in die Plenarsitzung geschafft, weil man ihn schon im Ausschuss abgewürgt hat. Von den gesamten Maßnahmen ist bis jetzt nur eine, und die nur so halb, umgesetzt worden – und das auch nur, weil man ein Sparpaket beschlossen hat, und nicht etwa, weil man etwas gegen diese Machenschaften tun wollte.
Damit jetzt niemand denkt, dass wir da lauter unrealistische Forderungen drinnen hätten, die unternehmerisches Tun in Österreich total untergraben würden und so weiter – wie das insbesondere von den NEOS in den Raum gestellt wird (Abg. Shetty [NEOS]: Unrealistisch nicht, ideologisch halt!) –, ein Beispiel, nämlich das der Jahresabschlüsse: Jahresabschlüsse müssen unter anderem deshalb vorgelegt werden, damit man eine gewisse Transparenz auch den Gläubigern gegenüber schafft. Jetzt ist es so, dass die Strafen für die Verschleppung von Jahresabschlüssen so gering sind, dass die wenigen – die meisten machen ja die Jahresabschlüsse, das ist ja genau der Punkt, die müssen das ja auch machen, da gibt es ja keine zusätzlichen Regelungen, die sind schon da, und die ganz, ganz große Masse der Unternehmer:innen hält sich daran und muss sich daran halten; die Frage ist: Was ist mit den Schlupflöchern? –, die keine Freude mit der Transparenz haben, einfach die Strafe zahlen, das Verschleppen und ihre wahre Situation im Unternehmen über Jahre verschleiern können. Und wenn es dann endlich irgendwann einmal an die Öffentlichkeit kommt, dann ist der Schaden, der bei den Gläubigern und bei allen anderen entsteht, schon riesig groß. Und das ist eine Frage des Wirtschaftsstandorts, Herr Minister, wenn ich beispielsweise nur an die vielen Lieferantinnen und Lieferanten denke, die da dann zu Schaden kommen. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf der Abg. Gewessler [Grüne].)
Und noch eine kleine Absurdität bei diesen Strafen ist ja, dass sie betraglich gedeckelt sind. Das heißt, für besonders große Unternehmen sind sie besonders irrelevant. Das kann so nicht bleiben. Deshalb schlagen wir eben vor, das an den Umsätzen zu bemessen. Ich finde das einfach nur logisch. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kogler [Grüne]: Richtig!)
Jetzt braucht es natürlich nicht nur bessere Regeln, sondern man muss dann halt auch kontrollieren, ob diese Regeln eingehalten werden. Frau Abgeordnete Wotschke, ich weiß nicht, wie Sie zu Ihren Zahlen kommen, aber ich glaube, da ist tatsächlich die Größenordnung ein bisschen weitergerutscht. Es sind ungefähr 2 Prozent Prüfdichte und nicht 20 Prozent Prüfdichte, also alle 50 Jahre – wie Nina Tomaselli das gesagt hat – kann man damit rechnen, dass man einmal als Unternehmen geprüft wird. Das ist einfach zu wenig. (Abg. Oberhofer [NEOS]: Völliger Blödsinn! Völliger Blödsinn! Das kann ich Ihnen sagen! – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von Grünen und NEOS.)
So, und jetzt kündigt die Regierung etwas an – weil sie es im Sparpaket trotz gegenteiliger Ankündigungen nicht geschafft hat, die breiten Schultern zu einem Beitrag zu bringen. Digitalkonzerne tragen gar nichts bei zum Sparpaket, die Stiftungen tragen fast nichts bei zum Sparpaket, sondern stattdessen zahlen es die Pensionist:innen und die Familien. Jetzt gibt es eine neue Ankündigung. Herr Vizekanzler Babler sagt: Jetzt gibt es ein Betrugsbekämpfungspaket und von den richtig Reichen kommen da viele Hunderte Millionen an Beitrag zur Budgetsanierung dazu! – Diese Ankündigung ist, finde ich, insbesondere deshalb ärgerlich, weil ja die prüfungsrelevanten Fälle steigen, die Anzahl der Prüfer:innen aber konstant bleibt. Das heißt, eigentlich wäre das mehr Arbeit, es gibt aber nicht mehr Personal dafür und die Regierung plant auch nicht, mehr Personal anzustellen. Das hört sich für mich nicht nach einer Betrugsbekämpfungsoffensive an, sondern eher nach einer Defensive. (Beifall bei den Grünen.)
Das ist insbesondere bitter, wenn es um Privatstiftungen geht, denn dort ist die Prüfungsdichte besonders gering, und da wären wir dann schon wieder zurück bei den breiten Schultern und der Frage, was deren Beitrag wäre. Da würde man die richtig breiten Schultern erwischen und man wäre auch wieder zurück bei René Benko und der Frage, welche Rolle seine Privatstiftungen im Signa-Skandal gespielt haben. Deshalb sind verstärkte Prüfungen bei Privatstiftungen auch einer der Punkte in unserem Antrag. (Beifall bei den Grünen.)
Ich stelle abschließend fest: Dieses zusätzliche Geld, das man für diese zusätzlichen Prüfer bräuchte, wollen manche – und ich schaue da Sie an, Herr Minister, ich habe da Sie im Verdacht – nicht ausgeben, obwohl es fürs Budget netto Hunderte Millionen bringen würde; und umgekehrt hat man die Milliarden, die man buchstäblich versenkt, noch dazu unter einem Naturschutzgebiet, wie das bei der Lobauautobahn der Fall ist – unverständlich. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf bei der ÖVP. – Zwischenbemerkung von Bundesminister Hattmannsdorfer. – Abg. Wöginger [ÖVP]: Der wird eh vergraben, der Tunnel!)
10.17
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.