RN/73
13.35
Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Danke für das Wort, Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wir sprechen seit circa einer halben Stunde über Pensionen, und wenn wir über Pensionen sprechen, dann müssen wir natürlich – und ich stehe hier als Frauensprecherin – auch über jenen Preis sprechen, den Frauen jeden Tag für unbezahlte Arbeit, die sie verrichten, für Teilzeitarbeit, für die Kinderbetreuung, die sie übernehmen, für die Pflege, die sie übernehmen, und auch für die Lücken, die ihnen ein System seit Jahrzehnten vorsetzt, bezahlen.
Die Zahlen haben wir heute noch nicht genannt, ich rufe sie uns in Erinnerung, ich muss das leider tun: Frauen haben um 40 Prozent weniger Pension als Männer; gesamt ergibt das über ein gesamtes Pensionsleben gerechnet einen Verlust von circa 204 000 Euro. Eine aktuelle Studie der Caritas zeigt: Jede dritte Frau in Österreich ist armutsgefährdet. Jede dritte Frau in Österreich. Das sind nicht irgendwelche abstrakten Zahlen auf Papier, das sind unsere Mütter, unsere Tanten, unsere Großmütter; das sind Frauen, die vielleicht heute hier auf der Galerie sitzen und diese Debatte verfolgen, oder die uns gerade vor dem Fernseher bei dieser Debatte zuschauen; das sind Frauen, die Großartiges und viel geleistet haben und viel zu oft in der Altersarmut landen, weil das System sie kleinrechnet.
Die Armut von Frauen ist kein Zufall, sie ist das Ergebnis politischer Entscheidungen, und ja, dahinter liegt ein Muster. Erinnern wir uns beispielsweise an einen ehemaligen ÖVP-Minister und späteren Bundeskanzler, der ein Bundesland aufhetzen wollte, um den Ausbau von Kinderbetreuung aufzuhalten; erinnern wir uns an eine Debatte in diesem Sommer, als ein ÖVP-Minister Frauen Lifestyleteilzeit vorgeworfen hat und versucht hat, Frauen zu beschämen. Da frage ich mich: Wie ignorant und wie respektlos kann Mann Frauen gegenüber sein? (Beifall bei den Grünen.)
Schauen wir ganz aktuell in das Bundesland Salzburg, wo die dortige Landesregierung jetzt die Kinderbetreuung kürzt, gleichzeitig aber in den vergangenen zwei Jahren 6,6 Millionen Euro aus Bundesmitteln zum Ausbau der Kinderbetreuung nicht abgeholt hat. (Abg. Bogner-Strauß [ÖVP]: Die können aber auch in den nächsten Jahren noch abgeholt werden! Wie kann man eine Geschichte so verbiegen?) Das heißt, sie haben Geld liegengelassen, gleichzeitig kürzen Sie beim Ausbau der Kinderbetreuung, statt Frauen echte Wahlfreiheit zu geben. Das ist alles kein Zufall, das ist politisch gewollt, das ist auch ideologisch gewollt, Frauen sollen offenbar abhängig bleiben.
Wir Grüne wollen das ganz anders, deswegen haben wir als Teil der letzten Bundesregierung eine Vielzahl an Maßnahmen im Kampf gegen die geschlechtsspezifische Pensionslücke gesetzt, beispielsweise haben wir mehrere Milliarden Euro in den österreichweiten Ausbau der Kinderbetreuung investiert, wir haben – Sie erinnern sich – aus der Hacklerregelung, die ein Männerbevorzugungsprogramm war, den sogenannten Frühstarter:innenbonus gemacht, von dem vor allem Frauen profitieren. (Beifall bei den Grünen.)
Wir haben eine große Pflegereform umgesetzt, die bessere Gehälter für jene, die in der Pflege arbeiten – 80 Prozent davon sind Frauen –, mit sich gebracht hat, und wir haben – darauf sind wir sehr stolz – die Mindestpensionen über die Inflation hinaus erhöht, um ein Abrutschen in Armut zu verhindern. (Beifall bei den Grünen.)
Ja, wir stimmen heute der Pensionsanpassung zu, vor allem, weil niedrige und mittlere Pensionen und damit vor allem Frauenpensionen die volle Inflationsabgeltung bekommen. (Zwischenruf der Abg. Schartel [FPÖ].) Wir sagen aber auch ganz klar – und Kollege Koza hat das auch schon gemacht –: Das reicht uns nicht. Wir brauchen einen gerechten Beitrag bei den Luxuspensionen (Abg. Kogler [Grüne]: Jawohl!), einen Beitrag der oberen Zehntausend, einen Beitrag der viel beschworenen starken Schultern. Der fehlt uns. (Beifall bei den Grünen.)
Wir brauchen außerdem endlich gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit von Frauen und einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung, denn dieser Pensionsgap, von dem ich hier spreche, die geschlechtsspezifische Pensionslücke entsteht nicht erst im Alter, nicht erst in der Pension, sondern ab dem ersten Arbeitstag, bei der ersten Gehaltsverhandlung und in der ersten Schwangerschaft. Der Befund liegt am Tisch, die Ungleichheit ist messbar, die Ursachen sind bekannt, aber die Bundesregierung tut nichts dagegen. Wo bleibt denn die so dringende Umsetzung der EU-Lohntransparenzrichtlinie? (Zwischenruf des Abg. Gasser [NEOS].) Wo bleibt denn der Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ab dem 1. Lebensjahr? Das waren beides Gassenhauer im SPÖ-Wahlkampf. – Nichts, man sieht nichts davon. (Zwischenruf der Abg. Erasim [SPÖ].)
Sehr geschätzte Vertreterinnen und Vertreter der Regierungsparteien und geschätzte Frau Ministerin, auch in Zeiten der Budgetkonsolidierung gilt: Wofür eine Regierung Geld ausgibt oder auch nicht, ist immer eine Frage der politischen Prioritätensetzung. (Beifall bei den Grünen.) Das ist immer eine Frage der politischen Prioritätensetzung, und da komme ich nicht umhin, festzuhalten: Frauen haben einfach für diese Bundesregierung keine Priorität. Diese Regierung spart dort, wo es Frauen besonders hart trifft, und das wohlgemerkt mit der SPÖ in der Bundesregierung: automatische Inflationsanpassung von Familien- und Sozialleistungen gestrichen, Klimabonus gestrichen. Das trifft vor allem Alleinerzieherinnen besonders hart. Gibt es aber wenigstens mit sozialdemokratischer Regierungsbeteiligung mehr Geld für Frauenpolitik, wenigstens das? – Nein, leider Fehlanzeige.
Milliarden Euro fließen aber in Beton, in Asphalt, in Autobahnen. Es werden mehrspurige Straßen aus Asphalt gebaut, und riesengroße Schlaglöcher in der Gerechtigkeit und Gleichstellung bleiben über. Das ist die Politik dieser Bundesregierung. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ und Grünen.) – Unser Weg als Grüne ist ein anderer: Wir setzen auf gleiche Chancen, auf gleiche Löhne. Ja, ich verstehe die Aufregung im SPÖ-Sektor. Mir wäre es auch peinlich, wenn ich das jetzt hier wie einen Spiegel vorgehalten bekommen würde. Unser Weg als Grüne ist aber ein anderer. Wir setzen auf faire Chancen, gleiche Löhne, faire Pensionen, auf eine Gesellschaft die Frauen nicht kleinrechnet, sondern ihre Leistungen anerkennt, auch finanziell.
Kollege Shetty ist jetzt leider nicht mehr da, aber vielleicht können das die Kolleg:innen von den NEOS ihm noch mitgeben: Ich will ihm sehr, sehr entschieden widersprechen. Er hat davon gesprochen, dass das Geld, mit dem Pensionen finanziert werden, verpuffe und plötzlich futsch sei. Dieses Geld ist aber nicht futsch, sondern es ermöglicht Menschen, Frauen, die ihr Leben lang gearbeitet, gepflegt und erzogen haben, das, was sie verdienen, nämlich ein Leben in Würde. (Beifall bei den Grünen.)
13.41
Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Frau Abgeordnete Verena Nussbaum zu Wort. – Bitte.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.