RN/22
11.15
Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Danke, Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Ja, ich gebe zu, beim Lesen des Titels der Aktuellen Europastunde der FPÖ war auch mein erster Gedanke: Das muss ja jetzt irgendwie Satire sein! – Normalerweise sollte Satire gekennzeichnet sein; war es aber nicht, also muss man ja irgendwie davon ausgehen, dass die das irgendwie ernst meinen.
Dann habe ich mir gedacht: Gut, wie könnte solch ein Titel entstanden sein? Auch Kollege Leichtfried hat sich offensichtlich darüber Gedanken gemacht, und auch ich habe mir Gedanken zu dem Prozess gemacht und bin zu dem Schluss gekommen: Das kann ja eigentlich nur so entstehen, dass ich einfach auf Chat-GPT gehe und sage: Wirf mir einmal alles hinein, was irgendwie an Polemik – ja, Polemik, Herr Kollege Vilimsky – gegen die EU vorhanden ist, würfel das einmal zusammen und mach mir irgendeinen Titel daraus! So ist offensichtlich der Titel der heutigen Aktuellen Europastunde entstanden.
Ich finde es sehr bezeichnend, dass ausgerechnet die FPÖ hier beweint, dass es Polemik gegen die FPÖ gäbe – wobei ich von dieser Seite wirklich nichts anderes gesehen habe als wirklich unglaubliche Polemik.
Man könnte lachen, wenn es nicht so ernst wäre. Man könnte darüber lachen, dass Sie sich hierherstellen und davon reden, dass Sie die Zukunftskraft sind – und vom Schilling und von der EWG reden! Man könnte lachen darüber.
Ich bin vor Kurzem bei meiner 15-jährigen Tochter gesessen, sie hat in Geografie über die Entwicklung, die Geschichte der Europäischen Union, den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union gelernt. Da kamen wir auch zur EWG, da kamen wir zum Europäischen Wirtschaftsraum. Das, wonach Sie sich offensichtlich wieder sehnen, was Sie zurückhaben wollen, ist Vergangenheit. Und wissen Sie, das ist gut so, denn das, was in den Unterrichtsmaterialien auch gestanden ist, und das wissen Sie ganz genau, ist, dass die Länder, die Teil des EWR sind, in Wirklichkeit nicht am Verhandlungstisch mitentscheiden können, was eigentlich die Regeln der Europäischen Union sind. Das können nur wir als Mitglied der Europäischen Union. Die Schweiz kann das nicht (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Denen geht es so schlecht, ja!), die ist ein Stück weit ausgeliefert.
Und das ist Ihre Zukunft? Das ist die Souveränität, von der Sie sprechen (Beifall bei den NEOS): dem ausgeliefert zu sein, was andere Länder in Europa vereinbaren, und als kleines Österreich mitmachen zu müssen, ohne eine Stimme zu haben? Meine Vorstellung ist das nicht.
Sie reden davon, dass Sie die Reformkraft innerhalb der Europäischen Union sind – und Sie wollen Schilling und EWG zurück! In Wirklichkeit, das ist schon angesprochen worden, wollen Sie den Öxit. Sie sagen es nicht so laut, weil Sie wissen, dabei haben Sie das Volk definitiv nicht auf Ihrer Seite. Die Menschen haben nämlich ganz genau verstanden, welche Vorteile aus der Mitgliedschaft in der Europäischen Union bestehen – wirtschaftlich, in Bezug auf Frieden, in Bezug auf Freiheit, ja und vor allem auch in Bezug auf Wohlstand. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Kommen wir gleich einmal zum Thema Wohlstand – es ist angesprochen worden –: Die Vorteile des Binnenmarkts: dass unsere Betriebe in Österreich, die hervorragende Produkte herstellen, in ganz Europa die Waren frei verkaufen können; dass sich die Menschen, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, aber auch Studierende, in Europa frei bewegen können; dass wir enorme wirtschaftliche Vorteile haben, dass wir gerade als kleine Volkswirtschaft, die so vernetzt ist in Europa, auch und gerade durch die Osterweiterung enorm profitiert haben.
Was sagen Sie diesen Betrieben? Sagen Sie: Wir wollen wieder Handelshemmnisse, wir wollen wieder den Schilling und Wechselkursrisiken, wir wollen eure wirtschaftlichen Chancen einengen!? Was sagen Sie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, zum Beispiel auch in der Region Mattighofen, wenn Sie wissen, dass ungefähr 700 000 Arbeitsplätze – 700 000 Arbeitsplätze! – in Österreich direkt mit der Mitgliedschaft Österreichs in der Europäischen Union zusammenhängen? Was sagen da eigentlich Ihre Landesräte in Oberösterreich, wenn dort knapp 200 000 Arbeitsplätze direkt von der Europäischen Union abhängen, in Niederösterreich über 100 000 Arbeitsplätze, in der Steiermark, wo Sie sich ja aufschwingen, bald Verantwortung – ich weiß gar nicht, ob Sie Verantwortung buchstabieren können – zu übernehmen, über 100 000 Arbeitsplätze direkt mit der Mitgliedschaft in der Europäischen Union zusammenhängen? (Abg. Kickl [FPÖ]: Das wird eine Bruchlandung für Sie!)
Die Wettbewerbsfähigkeit ist ein wesentlicher Punkt; sie muss gestärkt werden, ja, aber nicht, indem wir mit Ihrem Retrokurs zurück in die Vergangenheit fahren.
Sie haben von China gesprochen. Gestern war zu lesen, dass China mittlerweile die Hälfte der Welt mit Elektroautos beliefern kann, die Hälfte des gesamten Bedarfs, der an Elektroautos global besteht, decken kann. Das ist also Ihr Kurs, der Retrokurs, mit dem wir den nächsten Innovationsschub verschlafen, weil Sie irgendwie einen verstaubten Retrokurs fahren wollen. (Beifall bei den NEOS sowie des MEP Brandstätter [NEOS].)
Noch ein letztes Wort zu Frieden, denn das wird immer so nebenbei gebracht: Es tobt ein Krieg in Europa. Nein, das ist nicht unser Krieg, aber ein Krieg, den Russland mit seinen Verbündeten, der FPÖ und Nordkorea und dem Iran, gegen die Freiheit, den Wohlstand und den Frieden in Europa führt. (Präsident Haubner gibt das Glockenzeichen.) Die Wehrhaftigkeit Europas ist zentral und damit auch die Handlungsfähigkeit. (Zwischenruf des Abg. Schnedlitz [FPÖ].) Handlungsfähig zu sein, das ist wahre Souveränität, meine Damen und Herren. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Grünen.)
11.20
Präsident Peter Haubner: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Meri Disoski. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Abg. Kickl [FPÖ]: Die Gouvernante der Nation!)