RN/178

20.20

Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Danke, Frau Präsidentin, für das Wort! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher, die Sie diese Debatte noch verfolgen! Kollegin Belakowitsch, bitte erklären Sie mir die Stringenz Ihrer Argumentation! Sie bemühen einerseits Biologie, also Naturwissenschaften, wenn auch faktenwidrig – aber okay, ich schiebe das einmal großzügig beiseite (Ruf bei der FPÖ: Wenn die Grünen von Fakten ...!) –, berufen sich aber gleichzeitig auf die Bibel, wonach die Frau aus der Rippe des Mannes entstanden ist. Fällt Ihnen da etwas auf? (Heiterkeit und Beifall bei Grünen und SPÖ.) Fällt Ihnen da etwas auf, Kollegin Belakowitsch? 

Und überhaupt: Während uns die Klimakrise um die Ohren fliegt, während in den Supermärkten die Preise explodieren, die Energiepreise durch die Decke schießen, Familien nicht mehr wissen, wie sie ihren Alltag bewältigen sollen, fällt der FPÖ genau eine Geschichte ein, nämlich litaneiartig einen ideologischen Feldzug gegen Menschen, die nicht in Ihr enges Weltbild passen, zu führen. (Rufe bei der FPÖ: Geh!) Eines ist wirklich auffällig – das ist wirklich auffällig! –: Keine Partei in diesem Hohen Haus redet so viel über Geschlechter, über Gender, über Identität wie die FPÖ. (Zwischenrufe bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Koza [Grüne].) Keine andere Partei macht das. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sie sind besessen davon. Wenn es irgendwo einen Genderwahn gibt, dann sitzt er in der blauen Parteizentrale und hier in den Reihen der FPÖ. Das ist wirklich unpackbar. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Besessen sind wir nicht, das ist der Vorwurf einer Krankheit, Frau Kollegin!) 

Zu den beiden Anträgen – worum geht es? (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Besessenheit ist eine psychische Erkrankung!) –: Im Vorjahr haben wir das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz sprachlich – sprachlich! – an die seit über 25 Jahre gültige Gesetzeslage angepasst. Wir haben die seit über 25 Jahren gültige Gesetzeslage sprachlich angepasst, das heißt, wir machen intergeschlechtliche Menschen sprachlich sichtbar. Das ist das, was wir gemacht haben. Jetzt geht die FPÖ her und will das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz zurückdrehen und die Existenz intergeschlechtlicher Menschen einfach wegstreichen, ausradieren, sie unsichtbar machen. Sie wollen Menschen per Gesetz ausradieren. Das wollen Sie machen! (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Hanger [ÖVP]. – Ruf bei der FPÖ: Bitte einen Ordnungsruf, das ist ja ungeheurlich! – Ruf bei den Grünen: Ja, das ist ungeheuerlich!

Der Verfassungsgerichtshof hat sehr klar gesagt: Es gibt ein verfassungsmäßiges Recht darauf, alternative Geschlechtsanträge zu wählen! (Abg. Darmann [FPÖ]: Ungeheuerlich!) Das ist geltendes Recht. In einem Rechtsstaat folgt die Politik dem Recht (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Deswegen haben wir ja einen Antrag, weil wir das ändern wollen!) und nicht dem ideologischen Bauchgefühl von Herbert Kickl oder seiner FPÖ (Abg. Koza [Grüne]: Oder Putins!) – oder Putins. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Genau das wollen wir ja nicht!) Das Thema ist aber eigentlich viel zu ernst, um es polemisch zu behandeln. (Abg. Darmann [FPÖ]: Da kriegst aber keinen Applaus, nicht einmal von den eigenen Leuten!)

Ihre Anträge folgen einem altbekannten Muster, das wir hier in jeder Plenarsitzung beobachten können. Sie bringen Gesetzentwürfe, Sie bringen Formulierungen mit gezielten Angriffen auf Minderheiten ein. Das kennen wir – danke für den Hinweis, Kollege Koza! – aus den russischen Propagandahandbüchern und aus jenen Ländern, die sich bereitwilligst an Moskau anlehnen. Zuletzt konnten wir genau das in der Slowakei unter Putin-Freund Fico beobachten. Da schaut die FPÖ hin und denkt sich: Pah, das gefällt uns (die Handflächen ineinander schlagend), das übernehmen wir! Das übernehmen wir jetzt, da sind wir nicht nur mittendrin, da machen wir ganz fest mit! 

Wissen Sie, was mich an dieser Debatte heute wirklich an jedem einzelnen Redebeitrag, den hier die FPÖ-Rednerinnen – es waren, glaube ich, bislang nur Frauen – vorgebracht haben, erschüttert? – Sie stellen hier Menschen an den Pranger. Sie reden über sie, aber nicht mit ihnen. Sie machen sie ganz gezielt zur Zielscheibe Ihrer Ideologie. Das machen Sie! (Beifall bei den Grünen.)

Wie, glauben Sie, geht es einem 14-jährigen intergeschlechtlichen Jugendlichen, der gerade diese Debatte mitverfolgt? Der hört, wie Abgeordnete dieses Parlaments – seines Parlaments! – erklären: Dich gibt es ja gar nicht, für dich hat es in unserer Verfassung keinen Platz! – Wie, glauben Sie, geht es diesem Kind? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wie, glauben Sie, geht es diesem Kind, wenn es hört, wie erwachsene Politikerinnen und Politiker seine Existenz infrage stellen? Können Sie sich das vorstellen, wie es diesem Kind geht? Ich sehe Kopfschütteln – offenbar können Sie es nicht. (Zwischenruf der Abg. Ecker [FPÖ].) Ich sage Ihnen das ganz klar, deutlich, ohne jede Umschweife: Das ist unmenschlich, verantwortungslos, es ist beschämend! Sie sprechen Menschen ihre Existenz ab, und dafür sollten Sie sich wirklich schämen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir alle, auch Sie von der FPÖ, sind auf die Verfassung angelobt worden. Wir sind die Volksvertretung aller Menschen in diesem Land, auch jener, die nicht in Ihr starres, enges, eindimensionales Weltbild passen. 

Und es gäbe noch viel zu tun. Intergeschlechtliche Kinder werden in Österreich noch immer medizinischen Eingriffen ausgesetzt, die nicht notwendig wären. Sogar der Europarat fordert dazu auf, dass wir das endlich ändern. Aber statt sich um diese Kinder zu kümmern, statt hinzuschauen, ob Kinderrechte verletzt werden, diskutiert die FPÖ ernsthaft darüber, ob diese Kinder überhaupt existieren. 

Das ist keine Politik, das ist Menschenverachtung, die Sie in Gesetzesform zu gießen versuchen. Ich sage Ihnen, Ihre Anträge spalten, statt zu lösen, sie grenzen aus, statt zu schützen und sie widersprechen allem, was eine demokratische, menschenwürdige Gesellschaft ausmacht. (Beifall bei Grünen und SPÖ sowie des Abg. Hofer [NEOS].)

20.25

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Markus Leinfellner

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.