RN/22

11.00

Mitglied des Europäischen Parlaments Anna Stürgkh (NEOS): Vielen Dank, Herr Präsident! Sehr geehrtes Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseher:innen! Sehr geehrte Frau Ministerin! Die Europäische Union ist ein Erfolgsprojekt, aber die Bauherren unseres gemeinsamen Europas haben einen Fehler gemacht: Sie haben die Schlüssel zu unserem europäischen Haus an Washington, Moskau und Peking verschenkt. Wir haben unsere Verteidigung an die USA, unsere Energieversorgung an Russland und unseren digitalen Raum an Konzerne aus den USA und China ausgelagert. Wenn wir unsere Sicherheit bewahren wollen, dann müssen wir diese Schlüssel zurückholen, und zwar jetzt. (Beifall bei den NEOS.)

Seit über drei Jahren führt Russland Krieg gegen Europa. – Frau Kollegin Fürst, der einzige Grund, warum ukrainische Soldaten zum vierten Mal einen Winter im Schützengraben verbringen müssen, ist Ihr Freund Putin und niemand anderes. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ. – Abg. Schnedlitz [FPÖ]: Deshalb immer weiter Krieg führen, das löst das Problem! Immer weiter Krieg führen!)

Es ist die Ukraine, die jeden Tag für unser gesamtes Europa und für uns kämpft. (Abg. Schnedlitz [FPÖ]: Die Kriegstreiberin sitzt neben dir!) Es ist also nicht nur eine Frage der Moral, die Ukraine zu unterstützen, sondern vor allem auch eine banale Selbstverteidigung.

Wir müssen aber auch in unserer eigenen Verteidigung besser werden. Es ist doch absurd, dass wir in Europa 150 verschiedene militärische Systeme nutzen und einander nicht einmal helfen können, weil wir nicht verstehen, wie die Geräte unserer Partner funktionieren. (Abg. Petschnig [FPÖ]: Sie wissen aber schon, was ...?) Die EU ist unser Schutzschild, und sobald dann die Bedrohung vor der eigenen Tür steht, spüren das sogar Leute in Ihrer eigenen Fraktion. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Ist das die Nato?) Sie schreien Kriegstreiberei, aber ich kann Ihnen empfehlen, einmal mit Ihren eigenen Parteikolleg:innen zu reden (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Meinen Sie die Nato?): Reden Sie einmal mit Ihrem lettischen Kollegen, der für die Unterstützung der Ukraine stimmt! Warum? – Weil er weiß: Wenn die Ukraine fällt, dann ist sein Land, dann ist Lettland gleich das nächste auf der Speisekarte. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenruf des MEP Steger [FPÖ]. – Abg. Kickl [FPÖ]: ... die rosarote ...!)

Ihr Kollege weiß, dass die EU unser Schutzschild ist. Ich frage Sie: Wie verantwortungslos kann man in Zeiten wie diesen, in denen wir diesen Schutzschild so dringend brauchen wie nie zuvor, eigentlich sein, um diesen abschaffen zu wollen? Erst wenn wir als Europa zu einer echten Verteidigungsunion werden – gemeinsam finanzieren, gemeinsam trainieren und gemeinsam agieren –, können wir sicherstellen, dass es unseren Frieden und unsere Unabhängigkeit auch in Zukunft gibt. (Präsident Haubner übernimmt den Vorsitz.)

Wirklich unabhängig sind wir aber erst, wenn auch unsere Heizkessel nicht in der Hand von Diktatoren liegen. Vergangene Woche hat die Europäische Union einen großen Schritt gemacht, Europa endlich raus aus russischem Öl und Gas zu führen. Es ist ja für mich immer faszinierend, dass die selbst ernannten Patrioten jene sind, die sich immer für russisches Gas aussprechen und für dieses in die Bresche springen. (Zwischenruf des MEP Steger [FPÖ].) Sie erzählen bis heute – heute in diesem Saal schon wieder – das Märchen vom billigen russischen Gas.

Ich weiß, mir glauben Sie nicht, wenn ich das sage, aber lassen Sie mich jemanden zitieren, der das noch viel besser weiß als ich: OMV-Chef Alfred Stern, der selber sagt (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Ach so, der! – Abg. Kickl [FPÖ]: Na der sagt das, was man ihm vorsagt!): „Das russische Gas war das teuerste, das wir je gekauft haben.“ – Sie wollen lieber jedes Jahr über 350 Milliarden Euro (Abg. Kickl [FPÖ]: Die müssen wir alle anzeigen! Die ganze OMV muss man anzeigen für das, was sie in der Vergangenheit da gekauft haben!) direkt nach außerhalb von Europa schicken, anstatt in saubere, europäische, erneuerbare Energie zu investieren. (Abg. Kickl [FPÖ]: Ist ja unglaublich!) Sie wollen anscheinend lieber russische Jobs sichern, als europäische, österreichische Jobs zu schaffen. – Nicht mit uns! (Beifall bei den NEOS, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Lindner [SPÖ]. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch [FPÖ].)

Wir schaffen lieber österreichische Jobs. Wir stellen sicher, dass die Sonne Spaniens die Lichter in Polen andreht (Abg. Kassegger [FPÖ]: Nein, das sind die polnischen Kohlekraftwerke, nicht die spanische Sonne! Wie man so viel Blödsinn reden kann!) und der Wind über der Nordsee die österreichischen Fabriken andreht. (Abg. Kassegger [FPÖ]: Das sind die Kohlekraftwerke, Frau Kollegin!)

Auch im digitalen Raum stehen Europas Haustüren sperrangelweit offen. Toxische Algorithmen erziehen unsere Kinder, und Plattformen wie Shein fluten unseren Markt mit gefährlichen Billigprodukten. (Abg. Kickl [FPÖ]: Ah, die Chinesen! Jetzt nehmen S’ die Chinesen auch noch ins Visier!) Datendespoten, Digitalautokraten – die machen Profit, und wir zahlen den Preis: mit unseren Daten, unseren Arbeitsplätzen und auch mit der Sicherheit unserer Kinder. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch [FPÖ].)

Stellen Sie sich einmal vor, Sie gehen auf die Mariahilfer Straße, und da eröffnet ein Geschäft: Da können Jugendliche Waffen kaufen, werden Gewaltfantasien ausgesetzt, und schon in der Auslage stehen kindliche Sexpuppen. Dieses Geschäft wäre zum Glück innerhalb kürzester Zeit geschlossen, da könnten wir gar nicht so schnell hinschauen. Wie kann es sein, dass diese strengen Regeln, die wir im physischen Raum zum Glück anwenden, im digitalen anscheinend nicht gelten? Es muss klar sein: Wer an uns verdienen will, der muss sich auch an unsere Regeln halten. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Schnedlitz [FPÖ]: ... noch mehr Bürokratisieren, noch mehr ...? ... noch weiter, noch schneller!)

Klar ist aber auch: Diesen Kampf schaffen wir als kleines Land Österreich nicht, wir müssen das gemeinsam angehen. Ich finde es aber sehr spannend, dass Sie, die Kollegen von der FPÖ, es gerne haben, dass kindliche Sexpuppen an Menschen in Europa verkauft werden können – ein interessantes Moralverständnis, ein interessantes Verständnis vom Schutz unserer Kinder. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Schnedlitz [FPÖ]: Was hast denn du für einen Klopfer?! Dieser Vorwurf ist doch nicht normal, Herr Präsident! – Abg. Greiner [SPÖ]: He! – Rufe bei der ÖVP: He, he, he! – Präsident Haubner gibt das Glockenzeichen.) – Sie können sich sehr gerne selber zu Wort melden, Herr Kollege. (Abg. Schnedlitz [FPÖ]: Das ist ja unvorstellbar! Lassen Sie sich das Protokoll geben! Sagen, dass wir wollen, dass Kindersexpuppen verkauft werden! – Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wir können uns weiter einreden, dass sich ein Land mit circa neun Millionen Einwohner:innen in dieser immer verrückteren Welt alleine verteidigen kann, oder wir akzeptieren endlich (Abg. Schnedlitz [FPÖ]: Das ist ja unglaublich! Das ist ja unglaublich!), dass wir einen größeren Schutzschild brauchen, damit kein Autokrat uns überfallen kann. (Abg. Shetty [NEOS]: Jetzt reißts euch einmal ein bissl zusammen! – Zwischenruf des Abg. Stefan [FPÖ]. – Abg. Schnedlitz [FPÖ]: Das ist ja unglaublich! Lass dir das Protokoll bringen! – Abg. Kassegger [FPÖ]: Das ist eine Frechheit, so etwas! – Abg. Schnedlitz [FPÖ]: Das ist eine Frechheit, was gerade gesagt worden ist!)

Herr Präsident, ich würde gerne meine Rede zu Ende führen. (Abg. Kassegger [FPÖ]: Schweinerei!)

Präsident Peter Haubner: Ihre Redezeit ist leider zu Ende, Frau Kollegin, Ihre Redezeit ist vorbei.

Mitglied des Europäischen Parlaments Anna Stürgkh (fortsetzend): Die Redezeit wurde von den Kollegen und Kolleginnen massiv gestört. (Abg. Hörl [ÖVP]: Ein bissl mehr Höflichkeit ...! – Abg. Michael Hammer [ÖVP]: Wir sind per Sie mit dem Präsidenten, Schnedlitz!)

Präsident Peter Haubner: Den Schlusssatz, bitte.

Mitglied des Europäischen Parlaments Anna Stürgkh (fortsetzend): Vielen herzlichen Dank. – Wir gewinnen nur, wenn wir Europa wagen, mehr Europa wagen, und jetzt ist genau die Zeit für europäische Unabhängigkeit. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Feichtinger [SPÖ].)

11.05

Präsident Peter Haubner: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Meri Disoski. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Abg. Lukas Hammer [Grüne]: Kriegt man dafür keinen Zwischenruf, wenn man rausschreit, dass jemand einen Klopfer hat? – Abg. Schnedlitz [FPÖ]: Hat sie ja auch! Weißt du, was sie gesagt hat bei ihrer Rede? Ist ja unfassbar! – Abg. Kassegger [FPÖ]: ... Beschimpfung und es ist gar nichts, oder was?)

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.