RN/23

11.06

Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Danke für das Wort, Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Kollegin Fürst, ich habe Ihnen zugehört, und wenn man Ihnen zuhört, könnte man den Eindruck erlangen, da spricht die Mandatarin einer Partei, die einen aufrechten Freundschaftsvertrag mit der Partei von Wladimir Putin hat. (Abg. Kassegger [FPÖ]: Diese Schallplatte!) – Das ist keine Schallplatte, das ist ein Faktum. (Abg. Shetty [NEOS]: Manche Schallplatten sind zehn Jahre aktuell!)

Wir haben das im letztjährigen Untersuchungsausschuss gesehen: Ihr habt keinen Beleg dafür vorgelegt, dass dieser Freundschaftsvertrag nicht mehr aufrecht ist. In jeder Rede, die ihr hier haltet, jedes Mal, wenn ihr eure russische Propaganda hier in dieses Hohe Haus hineintragt (Abg. Michael Hammer [ÖVP]: Gibt’s ein Leckerli aus Russland, ja!), sieht man das: Ihr hängt am Gängelband von Putin. Es ist wirklich beschämend, dass ihr diese Propaganda jedes Mal aufs Neue hier in unser Hohes Haus tragt; das ist wirklich beschämend. (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Shetty [NEOS]. – Abg. Kassegger [FPÖ]: Nur weil man’s hundertmal ..., wird’s nicht wahrer!) – Kollege, weil Sie reinschreien, wenn man es hundertmal sagt, wird es nicht stimmen: Wenn man es hundertmal leugnet, wird es nicht wahrer. (Abg. Kassegger [FPÖ]: Das ist Ihre Wahrnehmung!) – Zeigt halt einfach her, dass es nicht mehr stimmt! Das ist keine Wahrnehmung (Abg. Kassegger [FPÖ]: Oh ja, Sie haben offensichtlich ganz eigenartige Wahrnehmungen!), wir haben das gesehen: Im Untersuchungsausschuss haben wir gesehen, dass ihr diesen Vertrag habt. Wenn er nicht mehr gültig ist, legt das bitte vor! Das habt ihr nicht gemacht. (Abg. Kassegger [FPÖ]: Der ist seit vier Jahren nicht mehr gültig!)

Kollegin Fürst, Sie haben gefragt, was der Grund dafür ist, dass jeden Tag in den ukrainischen Schützengräben Soldaten sterben. Sie haben es wieder nicht geschafft, zu benennen, was der Grund dafür ist. Der Grund ist ganz eindeutig: Seit fast vier Jahren wütet ein Krieg, den Wladimir Putin gegen die Ukraine führt. Seit vier Jahren zerstört er Städte; er zerstört Leben, Familien und Zukunft. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Ja!) Dieser Krieg erinnert uns jeden Tag daran, wie dünn diese Linie zwischen Frieden und Finsternis ist (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Ja!), und ihr schafft es nicht, das klar zu benennen. Ich bin wirklich fassungslos, dass euch das nach vier Jahren noch immer nicht gelingt. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kassegger [FPÖ]: Was ist euer Vorschlag? Weiter Krieg führen?)

Putin – Sie sehen das auch, sehr geehrte Damen und Herren – lässt bombardieren, foltern, vergewaltigen, morden. Er will nationale Grenzen gewaltvoll – mit Gewalt, wie wir das von früher kennen – verschieben. Er testet die europäische Solidarität. Dass wir Drohnen über europäischen Städten, in europäischen Ländern gesehen haben, waren keine Zufälle – das waren klare Provokationen, klare Warnsignale. (Abg. Kickl [FPÖ]: Würde gerne wissen, wie Sie das belegen können!) Er macht das alles nicht aus Stärke; Putin macht das nicht, weil er stark ist. Er macht das aus Angst – aus Angst vor einem Europa, das frei ist, denn Freiheit ist das, was Autokraten am meisten fürchten. (Beifall bei den Grünen.)

Diese Autokraten stehen heute nicht nur in Moskau. In Ungarn hat Viktor Orbán – euer Vorbild, euer Freund – eine Wahlautokratie gebaut, in der Medien zum Schweigen gebracht werden und Minderheiten wieder Angst haben müssen. Genau dieses Politikverständnis – gegen den Rechtsstaat, gegen Medienfreiheit, gegen Vielfalt – gefällt auch FPÖ-Chef Herbert Machen-wir-es-dem-Orbán-nach Kickl.

Genau dieses Politikverständnis, dieses Medienverständnis haben wir auch letztes Jahr im Untersuchungsausschuss gesehen. Ich erinnere mich da an die Chats, die wir bekommen haben, in denen wir gesehen haben: Herbert Kickl und seine FPÖ fürchten freie Medien wie der Teufel das Weihwasser. Sie haben versucht, kritische Berichterstattung über die FPÖ runterzudrücken. Sie haben auch alles getan, was sie tun konnten, um sich mit FPÖ-TV ein Paralleluniversum zu bauen. Das ist das, was sie gemacht haben. (Abg. Kickl [FPÖ]: Sagen Sie das außerhalb dieses Gebäudes auch noch einmal? Sagen Sie das außerhalb auch noch einmal, wo Sie nicht durch die Immunität geschützt sind? Probieren S' das einmal!)  Herr Kickl, ich verstehe, dass es Sie aufregt. Es ist peinlich, sich vor freien Medien zu fürchten. Zu Recht brüllen Sie hier hinein – ich würde mich an Ihrer Stelle auch genieren.

Was wir aber in anderen Teilen Europas noch sehen – abseits von diesen Bedrohungen durch Putin und auch von innen: von der FPÖ und ihresgleichen in anderen europäischen Parlamenten –, ist etwas, das stark ist, etwas, das Mut macht. Schauen wir nach Belgrad, schauen wir nach Bratislava oder schauen wir nach Tiflis: Dort gehen Hunderttausende Menschen seit über einem Jahr trotz Drohungen auf die Straße mit einem klaren Statement. Sie sagen: Wir lassen uns unsere Freiheit nicht wegnehmen! – Die gehen dort auf die Straße und demonstrieren für etwas, das für uns hier in Österreich selbstverständlich zu sein scheint: das Recht zu sprechen; das Recht, die eigene Zukunft zu bestimmen; das Recht zu lieben, wen ich will.

Aber nicht nur innerhalb Europas, auch von außerhalb stehen wir unter Druck. Die neue US-Sicherheitstrategie, über die hier schon gesprochen worden ist, die Putin ausdrücklich begrüßt, zeigt eine sehr gefährliche sicherheitspolitische Entwicklung. Ausgerechnet Donald Trump beschuldigt Europa der Zensur – das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen –, während er Journalist:innen einschüchtert und ganze Institutionen zerschlägt, und er wünscht sich ein Europa der Nationalisten. Und auch dieses erratische, unvorhersehbare Verhalten von Trump zeigt uns, dass die USA unter Trump einfach kein verlässlicher Partner für Europa mehr sind. Deshalb muss sich Europa selbst auf die Beine stellen, in der Sicherheit, in der Wirtschaft und auch in der digitalen Welt. 

Das ist ein besonders wichtiger Punkt, denn heute greifen nicht nur Panzer unsere Demokratien an, sondern auch die großen Plattformen, die Desinformation, Lügen, Frauenhass, Fake News sehr gezielt streuen (Abg. Michael Hammer [ÖVP]: FPÖ-TV, oder?), um unsere Demokratien zu destabilisieren. Das, wie die FPÖ Ihnen weismachen will, ist kein Krieg gegen Meinungsfreiheit, keine Zensur, das ist ein Schutz gegen jene, die unsere Gesellschaft vergiften, wenn sich die Europäische Union und die Kommission dagegen wehren und da auch Strafen verhängen. (Beifall bei den Grünen.)

Präsident Peter Haubner: Redezeit.

Abgeordnete Mag. Meri Disoski (fortsetzend): Ja, ich komme zum Schluss, Herr Präsident, und nehme mir genauso wie die vorherigen Rednerinnen das Recht, etwas länger zu sprechen. (Unruhe im Saal.)

Europa ist unsere Antwort auf Putins Krieg, auf Orbáns Demokratieabbau, auf Ficos Verrohung, auf den Populismus von Babiš, auf die Spaltung von Kickl, auf die Unberechenbarkeit von Trump und auch auf die Tech-Bros (Der Präsident gibt das Glockenzeichen), die glauben, unser Gemeinwesen sei ein Spielplatz für ihre Algorithmen.

Präsident Peter Haubner: Schlusssatz.

Abgeordnete Mag. Meri Disoski (fortsetzend): Ja, Herr Präsident. 

Mein Schlusssatz ist: Europa ist mehr als eine Reaktion auf diese Bedrohungen. Es ist unsere gemeinsame Entscheidung für Freiheit, für Rechtsstaat, für Sicherheit, für eine lebenswerte Zukunft, die wir selbst gestalten und nicht andere für uns. (Beifall bei den Grünen.)

11.12

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.